„Hey! Was soll denn das?“, ruft Hauptkommissarin Inga Lürsen erbost, als sie sieht, wie ihr neuer Kollege unsanft sämtliche Gegenstände von ihrem Schreibtisch in einen Karton befördert. Wer „Eine unsichtbare Frau“, den ersten Fall des Ermittler-Duos Lürsen und Stedefreund am 11. November 2001, gesehen hat, hätte vermutlich nicht gedacht, dass es zwischen den Bremer Tatort-Kommissaren irgendwann einmal harmonisch zugehen würde.
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Heute, mehr als 17 Jahre später, sind die beiden sowohl vor als hinter der Kamera ein eingespieltes Team. Doch damit ist nun Schluss. In „Wo ist nur mein Schatz geblieben?“ ermitteln Sabine Postel und Oliver Mommsen als Inga Lürsen und Nils Stedefreund ein letztes Mal im Auftrag von Radio Bremen. Ausgestrahlt wird die Folge am Ostermontag, 22. April. Im Gespräch erinnern sich die Schauspieler an ihre Zeit in der Hansestadt und erklären, was sie nach all den Jahren an Bremen schätzen.
Es ist eine ebenso klare wie melancholische Antwort, die Postel und Mommsen auf die Frage finden, ob sie den Abschied vom Tatort schon bereuen. Sie lautet: „Ja“. Vor allem nach den letzten beiden Filmen sei laut Oliver Mommsen der Schmerz groß gewesen. „Dennoch war dieser Schritt für uns wichtig“, erzählt der 50-Jährige. Dem stimmt auch seine Kollegin Sabine Postel zu und spricht von einer richtigen Entscheidung, die im ebenso richtigen Moment gefallen sei.
„Wir waren beide von der Idee des gemeinsamen Abgangs überzeugt und sind es noch immer", sagt sie. 18 Jahre standen die Schauspieler Seite an Seite in insgesamt 34 Fällen für den Bremer Tatort vor der Kamera und gehören damit zu den TV-Ermittlern mit der längsten Laufzeit. Jahre, in denen sich Postel und Mommsen eine große Beliebtheit beim Bremer Publikum erspielten.
„Uns wurde immer sehr viel Warmherzigkeit entgegengebracht, die wir sehr genossen haben“, erzählt Sabine Postel. „Die Menschen haben sich einfach immer gefreut wenn wir da waren.„ Diese Wahrnehmung teilt auch Oliver Mommsen. „Immer wieder erzählen mir Leute, dass ich mal bei ihnen in der Umgebung gedreht habe“, berichtet er. Ob er sich im Verlauf solcher Erzählungen an jeden Drehort erinnern könne? Er lacht. „Keinesfalls.“
Die Bremer gucken ganz genau auf ihren Tatort, da sind sich beide Schauspieler sicher. So seien Fragen wie „Drehen Sie wieder?“ und „Wann sehen wir Sie?“ stets an der Tagesordnung gewesen, sobald sie mit dem Tatort-Team in Bremen Präsenz zeigten. Frei in der Stadt bewegen konnten sie sich dennoch. Sabine Postel sieht die Freundlichkeit, die ihr entgegengebracht wurde, vor allem in den Menschen selbst begründet. „Es hat natürlich auch etwas mit dem Bremer an sich zu tun. Der ist einfach aufgeschlossen“, macht sie klar.
Ein Eindruck, den die 64-Jährige auch bei den Dreharbeiten hatte. „In vielen Städten sorgen Dreharbeiten für Frust, weil natürlich viel Platz in Anspruch genommen wird“, erklärt Postel. In Bremen, da ist sie sicher, habe sie Ärger über das Filmteam nie wahrgenommen. „Hier wurde von beiden Seiten ein freundlicher Umgang gepflegt“, resümiert Postel und lächelt. „Die Bremer haben uns lieben gelernt."
Doch auch diese Feststellung hält die Schauspieler nicht von ihrem Entschluss ab, dem Tatort „Lebewohl“ zu sagen und sich in Zukunft anderen Projekten zu widmen. Was für die Bremer jedoch ein kleiner Trost sein mag: In ihre Zukunftsplanung binden die scheidenden Fernseh-Kommissare die Hansestadt – wenn auch nur scherzhaft – durchaus ein. So beantwortet Sabine Postel die Frage nach den weiteren Vorhaben der beiden spontan mit „Wir grillen“. „Oh ja!“, stimmt Oliver Mommsen zu. „Am Osterdeich, an der Weser!“
Der Bremer Tatort
Die meisten Bremer Fälle inszenierte Florian Baxmeyer. Er setzte auch den Abschiedsfilm von Lürsen und Stedefreund in Szene. Baxmeyer ist auch verantwortlich für die vielgelobte Folge „Brüder“ über die Machenschaften von Familienclans. Die Nummer eins aus Bremen war die 26. „Tatort“-Folge: In „Ein ganz gewöhnlicher Mord“ war Hans Häckermann im Februar 1973 als Kommissar Böck zu sehen. Gedreht wurde damals auch im Pressehaus. Regie führte Dieter Wedel. Für das Duo Sabine Postel und Oliver Mommsen endet die Zusammenarbeit nach 34 gemeinsamen Episoden. Postel stand in 39 der für Radio Bremen produzierten Filme vor der Kamera, ihre Rolle spielte sie mehr als 20 Jahre.