Aumund. „Die ambulante Pflege fing damals in den 80er-Jahren ganz klein an“, erinnert sich Paula Tönjes. Das war in etwa zu der Zeit, als sie beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Bereich Controlling und Betriebswirtschaft für die soziale Arbeit anfing. Mehr als 30 Jahre ist das her, genauer gesagt am 1. Oktober 1986. Jetzt ist die Geschäftsführerin der DRK Pflege GmbH in den Ruhestand gegangen.
„Die Gesetze haben sich ständig verändert. Zwischen der Politik und den Kostenträgern wurde ein Versorgungsvertrag geschlossen und somit konnten wir richtig starten“, blickt Paula Tönjes zurück. Eine gravierende Veränderung habe die Pflege aber erst mit Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 1990er-Jahre erfahren. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) komme seit Jahren regelmäßig ins Haus, um die ambulanten Pflegedienste zu prüfen und vergebe Noten. Außerdem gibt es inzwischen ein Qualitätsmanagement.
„Pflege hat sich professionalisiert und verstetigt“, betont Paula Tönjes. „Seit Einführung der Pflegeversicherung ist das ein ständiger Prozess. Wir sind jetzt beim Pflegegesetz II angekommen, und III ist in Arbeit. Weite Teile davon sind schon gültig.“ PSG II habe aber schon wirkliche Verbesserungen für den kranken Menschen gebracht, insbesondere auch für an Demenz Erkrankte, es gebe aber noch viel zu tun. Darüber hinaus bedeuteten die Veränderungen auch ständige Schulungen für die Pflegekräfte und das Management. „Ich lege großen Wert auf hohe Qualität in der Pflege. Ohne Weiterbildung, die eigene und die der Mitarbeiter, geht es nicht.“
Paula Tönjes erinnert sich an eine 90-jährige Dame, die – noch vor Einführung der Pflegeversicherung – Betreuung brauchte. „Sie konnte die Treppenstufen zu ihrer Wohnung nicht mehr bewältigen, wollte aber auch nicht ins Heim. Sie bezog nur eine kleine Rente, wollte aber auch nicht von der Fürsorge leben. Wir haben uns aber sehr gut verstanden, und ich durfte dann den Sozialarbeiter informieren. Wir haben ihr gemeinsam mit den Anträgen geholfen, sodass sie letztendlich in der Wohnung bleiben und gut versorgt werden konnte.“
Tönjes: „Ohne Netzwerke läuft nichts“
Die Zivildienstleistenden hätten sie dann und wann die Treppen herunter getragen – und später wieder hinauf –, um sie in die Begegnungsstätte des DRK zu fahren. Letztlich sei alles nur mit der Fürsprache des Sozialarbeiters gegangen. Irgendwann habe die alte Dame den Weg der Unterstützung zugelassen. Es liefe ihr heute noch kalt über den Rücken, wenn sie an die Situation der Seniorin zurückdenke, sagt Paula Tönjes.
„Ohne gute Netzwerke läuft nichts. Man kann nur gute Arbeit machen, wenn man gut vernetzt ist.“ In diesem Sinne wünsche sie sich noch engere Netzwerke in den Stadtteilen wie Arbeitskreise ambulanter Dienste und stationärer Anbieter, alles mit viel Wohnortnähe zu den Menschen. „Tür an Tür, damit man allen Generationen etwas an die Hand geben kann, was der jeweilige Mensch braucht. Vielleicht in allen Stadtteilen auch so etwas wie aufsuchende Altenarbeit“, nennt Paula Tönjes Wünsche. „Manche Menschen muss man eben aus ihrer Isolation heraus holen. Man muss klein anfangen und nicht erst, wenn die Senioren Pflegegrad vier erreicht haben.“
Um eine gute Versorgung der Pflegebedürftigen kümmern sich auch die 46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DRK Pflege GmbH, Pflegefach- und Pflegehilfskräfte, Betreuungskräfte für Menschen mit Demenz sowie Hauswirtschaftskräfte. Ein Nachfolger ist für die 61-jährige Geschäftsführerin mit Peter Zeugträger gefunden, selbst schon 36 Jahre beim DRK. Er startete seine Laufbahn beim Rettungsdienst, arbeitete im Sanitätsdienst und beim Bevölkerungsschutz, wechselte 2015 zur Flüchtlingshilfe und hat jetzt den Chefposten in der Pflege übernommen.
Und wie beurteilt er die bisherige Amtsinhaberin? Durchweg positiv. „Weil sie sehr viel Empathie hat und viel Lebenserfahrung und sich gut in Mitarbeiter hineinversetzen kann. Aber ohne eine gewisse Strenge geht es nicht. Da ist die Balance zwischen Anleitung und Anteilnahme wichtig. Man trägt ja auch viel Verantwortung für die Mitarbeiter“, sagt Zeugträger.
Paula Tönjes geboren in Süd-Oldenburg, wuchs auf einem kleinen Bauernhof in Wildeshausen auf. Sie hat Industriekauffrau gelernt, auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur gemacht und im Anschluss daran in Bremen Betriebswirtschaft und Erwachsenenbildung studiert. Angst vor dem Ruhestand hat sie nicht, wie sie sagt, der – wie bei vielen anderen auch – eher zum Unruhestand werden dürfte. Paula Tönjes ist mehrfach ehrenamtlich im Einsatz, beispielsweise bei der Begleitung von Senioren und außerdem im Tierschutz. Darüber hinaus gehören drei Katzen zu ihrem Haushalt sowie ein großer Garten. „Ich fürchte nicht, dass mir langweilig wird. Und sollte man mich beim DRK noch beratend brauchen, stehe ich gerne zur Verfügung.“