Nach dem geplatzten Plan, am Tabakquartier in Woltmershausen ein Wohnhochhaus zu bauen, gibt es Streit über die Folgen. Der Investor war wenige Tage vor Ablauf der Frist vom Kaufvertrag für das Grundstück zurückgetreten. Er sieht sich im Recht dazu, trifft aber auf den Widerstand des Verkäufers. "Wir können bestätigen, dass seitens des Erwerbers eine Rücktrittserklärung zum Kaufvertrag vorliegt", antwortet der Bremer Projektentwickler Tektum Holding auf Anfrage des WESER-KURIER. Und weiter: "Die Rücktrittserklärung erachten wir indes als unwirksam."
Völlig offen, was diese Entwicklung für die Fläche auf der Ecke Hermann-Ritter-Straße und Am Gaswerkgraben bedeutet. Den größten Platz nimmt dort die "Sportwelt" ein, sie sollte nach der Schließung vor gut anderthalb Jahren abgerissen werden. Auf dem Gelände stehen außerdem ein Rewe-Markt und das Lokal "Zum Pusdorper Leuchtturm". Auch diese Gebäude sollten weichen. Der Rewe wäre dem Vernehmen nach in eines der neuen Häuser gezogen.
Das Hamburger Unternehmen Evoreal, in Bremen auch bekannt als Investor im Ostertor, wo in der Kohlhökerstraße das sogenannte "Hochhaus im Viertel" entstehen soll, hatte die Grundstücke in Woltmershausen vor drei Jahren gekauft und seitdem einiges Geld in die Planung gesteckt. Wenige Wochen vor der Entscheidung, das Projekt aufzugeben, beteiligte sich Evoreal noch an der Jury eines von ihr finanzierten Architekturwettbewerbs.

So sollte das Hochhaus am Bremer Tabakquartier in Woltmershausen aussehen.
Der preisgekrönte Entwurf sah ein Gebäude mit zwölf Geschossen und 81 Wohnungen vor. „Das Haus hat das Potenzial, bereits aus der Ferne als Botschafter des Tabakquartiers und dessen besonderer Atmosphäre zu wirken“, hieß es in der Begründung des Urteils. Doch dann urplötzlich die Absage des Investors. "Wir haben die aktuelle Situation bewertet und sind zu dem Schluss gekommen, von dem Vorhaben abzurücken", erklärte Evoreal.
Doch so einfach wird das nicht gehen, wenn die Tektum Holding mit ihrer Argumentation recht hat. "Wir haben im Kaufvertrag mit dem Erwerber zwar ein vertragliches Rücktrittsrecht für den Fall vorgesehen, dass bis zum 30. Juni 2024 ein definierter Planungsstand nicht erreicht sein sollte", erklärt das Unternehmen. Auch sei der definierte Planungsstand zu dem Zeitpunkt nicht eingetreten. Die Gründe dafür lägen aber allein in der Sphäre des Erwerbers.
"Evoreal war verantwortlich für die Abstimmung des Planungsstands mit dem Bauamt und hat sich gegenüber der Behörde nach unserer Wahrnehmung in entscheidenden Punkten intransparent verhalten und damit die Verzögerungen zu vertreten", nimmt Tektum Stellung. "Nach unserem Kenntnisstand hat der Erwerber das Bauamt nicht darüber informiert, dass es eine zeitliche Befristung zum Erreichen des Planungsstands gegeben hat. Deshalb kann er sich nicht auf das Rücktrittsrecht berufen. Der Kaufvertrag ist wirksam."
"Wir nehmen dazu nur insoweit Stellung, als dass wir die Darstellung von Tektum zurückweisen, bitten aber um Verständnis, dass wir uns zu Vertragsinhalten in der Öffentlichkeit nicht weiter äußern werden", entgegnet Evoreal-Geschäftsführerin Susanne Gräff. Die Baubehörde hält sich komplett bedeckt und verweist darauf, dass es sich um die Belange privater Unternehmen handele. Zuvor hatte das Ressort versichert, trotz des gescheiterten Vorhabens die rechtlichen Grundlagen für eine erfolgreiche Umnutzung des Areals konsequent voranzutreiben, um für eine Revitalisierung des vorderen Woltmershausen zu sorgen.
Marcel Linnemann, Chef des Bremer Immobilienunternehmens Justus Grosse und maßgeblicher Treiber für das Tabakquartier, bedauert die Vorkommnisse: "Schade, dass es mit dem Projekt nicht geklappt hat. Wir haben öfter mit dem Bauressort und Evoreal zusammengesessen, um den Bebauungsplan voranzubringen."
Das Grundstück, auf dem unter anderem das Hochhaus entstehen sollte, habe seine Schwierigkeiten, erläutert Linnemann. Zum einen wegen der Bodenverhältnisse; die SWB habe dort ein Gas-Silo betrieben. Zum anderen wegen der Trasse für Bus und Straßenbahn, die dort möglicherweise eines Tages vorbeiführen könnte: "Das muss heute schon beim Bauen durch stärkeren Schallschutz berücksichtigt werden und betrifft auch unsere geplanten Häuser."
Linnemann will nach eigenen Angaben im Tabakquartier in den kommenden Jahren weitere 400 bis 600 Wohnungen bauen. Es könnten am Ende zusammen mit den bereits fertiggestellten Einheiten rund 1000 sein. "Damit haben wir gut zu tun", sagt der Geschäftsführer. Ein Interesse, das Sportwelt-Areal zu übernehmen, bestehe deshalb nicht.