Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Stadtentwicklung Bremer Hochhaus-Plan ist geplatzt

Die Vorbereitungen waren so weit gediehen, dass es bereits einen Entwurf für das Hochhaus gab. Jetzt aber wird es doch nicht gebaut. Das gesamte Großprojekt auf dem Bremer Sportwelt-Areal ist abgeblasen. Warum?
13.07.2024, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bremer Hochhaus-Plan ist geplatzt
Von Jürgen Hinrichs

Drei Jahre Planung, und viel Geld, das dafür geflossen ist. Zuletzt, vor gut einem Monat, noch ein Architekturwettbewerb, bei dem einer der sieben eingereichten Entwürfe einstimmig zum Sieger gekürt wurde. Die Sache schien geritzt zu sein: Bebauung des Sportwelt-Areals in direkter Nachbarschaft zum Bremer Tabakquartier in Woltmershausen. Vorgesehen war unter anderem ein Hochhaus. Doch nun die überraschende Wendung: Der Investor ist abgesprungen.

"Wir haben von unserem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht", erklärt Susanne Gräff, Geschäftsführerin des Hamburger Projektentwicklers Evoreal. Geschehen ist das auf dem letzten Drücker. Zum 30. Juni wären die Grundstücke nach der Verabredung vor drei Jahren endgültig in das Eigentum des Unternehmens übergegangen. "Es war ein komplexer Prozess", begründet Gräff im Gespräch mit dem WESER-KURIER die Entscheidung. Evoreal habe die aktuelle Situation bewertet und sei zu dem Schluss gekommen, trotz der Vorleistungen, die das Unternehmen erbracht habe, von dem Vorhaben abzurücken.

Bei den privaten Grundstücken handelt es sich um eine Fläche auf der Ecke Hermann-Ritter-Straße und Am Gaswerkgraben. Den größten Platz nimmt dort die Sportwelt ein, ein Komplex mit diversen Fitnessangeboten, einer Saunalandschaft und angeschlossener Gastronomie. Seit anderthalb Jahren herrscht dort kein Betrieb mehr, das raumgreifende Gebäude sollte zugunsten der neuen Entwicklung abgerissen werden. Auf dem Gelände stehen außerdem ein Rewe-Markt und das Restaurant "Zum Pusdorper Leuchtturm".

Lesen Sie auch

Der Plan von Evoreal war, an der Stelle ein Hochhaus mit zwölf Geschossen und 81 Wohnungen zu bauen. Hinzukommen sollten weitere Gebäude. Das Hochhaus war Gegenstand eines Architekturwettbewerbs, der im Juni mit der Sitzung des Preisgerichts abgeschlossen wurde.

Die Jury, zu der Senatsbaudirektorin Iris Reuther und Vertreter des Investors gehörten, sprach sich mit Vehemenz für den Entwurf eines Berliner Planerbüros aus und hob die Symbolwirkung hervor: „Das Haus hat das Potenzial, bereits aus der Ferne als Botschafter des Tabakquartiers und dessen besonderer Atmosphäre zu wirken“, hieß es in der Begründung des Urteils. Das Hochhaus hätte an die sogenannte „Grüne Mitte“ gegrenzt – einen Park, der sich komplett durch eine Seite des Tabakquartiers ziehen wird. Auf dem rund 20 Hektar großen Areal der ehemaligen Zigarettenfabrik Martin Brinkmann entstehen bis zu 1000 Wohnungen. Dazu kommen etwa 300 Gewerbebetriebe, einige Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Gastronomie, ein Hotel und Bürogebäude.

Evoreal hatte während der Beratungen noch einige Änderungswünsche formuliert, nahm also konstruktiv an dem Architekturwettbewerb teil. Kurze Zeit später vollzog das Unternehmen einen kompletten Sinneswandel.

Lesen Sie auch

Das Bremer Bauressort nimmt das nach den Worten von Behördensprecher René Möller mit Bedauern zur Kenntnis. "Für die Verwirklichung des Projekts hatte der Investor einen Hochbauwettbewerb ausgelobt und mit dem Sieger-Entwurf des Büros Felgendreher Olfs Köchling einen ideal in die Industriearchitektur des benachbarten Tabakquartiers zu integrierenden baulichen Hochpunkt geplant", so Möller. Die Baubehörde werde trotz des gescheiterten Vorhabens die rechtlichen Grundlagen für eine erfolgreiche Umnutzung des Areals konsequent vorantreiben, um für eine Revitalisierung des vorderen Woltmershausen zu sorgen.

Nicht aufgegeben, aber vorläufig zum Stillstand gebracht hat Evoreal sein zweites Großprojekt in Bremen: das Hochhaus und weitere Wohngebäude auf dem ehemaligen Bundesbankgelände in der Kohlhökerstraße im Ostertor. Nach dem Abriss der Bankzentrale ist dort seit gut einem Jahr nichts mehr passiert. Evoreal hatte das mit "veränderten Faktoren in der Immobilienbranche" begründet. "An dem Projekt halten wir nach wie vor fest", versicherte Unternehmenschefin Gräff in dieser Woche. Das Problem sei zurzeit die mangelnde Nachfrage. Die Wohnungen in der Kohlhökerstraße, einer der besten Lagen in der Stadt, wären bei Kauf oder Miete mutmaßlich sehr teuer.

Lesen Sie auch

In Woltmershausen ist nun wieder offen, wie es auf dem Sportwelt-Areal weitergeht. Der Eigentümer der Fläche, ein Bremer Projektentwickler, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Neuen Optimismus löst die Entwicklung bei der Wirtin des Lokals "Zum Pusdorper Leuchtturm" aus. Ihr Pachtvertrag ist zum Ende des Jahres gekündigt worden. "Aus, Ende, vorbei", sagt Britta Lockhart, bevor sie vom WESER-KURIER erfährt, dass es nun doch anders kommen könnte. "Die meisten bei uns sind Stammgäste, viele aus Woltmershausen, aber auch aus anderen Stadtteilen", sagt Lockhart. Ihre legendäre Roulade oder "Conny Spezial", ein Schnitzel mit Spiegelei drauf – gut möglich, dass die Gäste darauf auch in Zukunft nicht verzichten müssen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)