Es zieht sich, länger als gedacht – und ohne Entscheidung gehen die Affenversuche an der Bremer Universität weiter. „Wir warten noch auf eine Stellungnahme der Gesundheitsbehörde, die bis Freitag vorliegen muss“, erklärt ein Sprecher des Verwaltungsgerichts auf Anfrage. Ein weiteres Mal wird juristisch geklärt, wie die Arbeit des Neurobiologen Andreas Kreiter einzuschätzen ist – als unnütze Tierquälerei oder unabweisbare Grundlagenforschung, um das menschliche Gehirn besser zu verstehen.
Das Gericht geht nach eigenen Angaben davon aus, bis Ende des Monats einen Beschluss fassen zu können. Kreiter solle noch die Gelegenheit erhalten, auf den Schriftsatz der Behörde zu reagieren.
Erneute Demonstration geplant
Unterdessen ist die nächste Demonstration gegen das Projekt geplant. Das Aktionsbündnis gegen Tierversuche ruft für diesen Donnerstag ab 14 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Justizzentrum am Wall auf. Titel der Veranstaltung: „Affenqual in Bremen beenden! Kreiters Eilantrag ablehnen.“
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) hatte den Antrag von Kreiter, seine Arbeit mit den Makaken fortzusetzen, Mitte November abgelehnt. Auf Grundlage verschiedener Gutachten sei die Behörde zu dem Schluss gekommen, „dass die Belastung der Tiere nicht durch den angestrebten Erkenntnisgewinn gerechtfertigt werden kann und das Vorhaben damit ethisch nicht vertretbar ist“, hieß es damals in einer Mitteilung.
Kreiter und die Universität werden von diesem Schritt nicht überrascht gewesen sein. Der Senat versucht seit Jahren, die Affenversuche zu stoppen, war aber jedes Mal gescheitert, weil die Gerichte dem Grundrecht auf Forschungsfreiheit Vorrang gaben. Eine Woche nach dem neuen Anlauf der Regierung, doch noch ein Verbot zu erreichen, bekam das Verwaltungsgericht denn auch Post von Kreiter. Das Ergebnis ist eine sogenannte Zwischenverfügung, die dem Professor erlaubt, bis zum Abschluss des Eilverfahrens weiterzumachen.
In der Zwischenzeit hat sich Kreiter kurz vor Weihnachten in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) mit scharfen Worten Luft gemacht. Bei der Ablehnung seiner Arbeit durch den Senat handele es sich um eine populistisch motivierte Entscheidung, gepaart mit einer erheblichen Wissenschaftsfeindlichkeit, erklärt der Professor. Die Politik wolle den Anschein erwecken, alles gegen die Versuche gemacht zu haben, um das Thema letztlich aber an die Gerichte weiterzureichen.
Kreiter beklagt "Bedingungen politischer Verfolgung"
„Dem Senat macht es offenbar nichts aus, einen Prozess nach dem anderen zu verlieren. Auch wenn es jedes Mal die Bescheinigung ist, ein zentrales Grundrecht missachtet zu haben“, so Kreiter. Und weiter: „Diese Politik als repressiv zu bezeichnen und ihre Wortführer als Gegner zu betrachten, erscheint mir angemessen und notwendig“. Er habe schon als Schüler die Überzeugung entwickelt, dass man jedweden totalitären, verfassungsfeindlichen Tendenzen entgegentreten müsse.
Kreiter beklagt in dem Interview weiter, dass sein Team seit vielen Jahren unter, so wörtlich, „Bedingungen politischer Verfolgung“ arbeiten müsse. Er wirft dem Senat unlauteres Verhalten und Kalkül vor: „Trotz der immer wieder rechtswidrigen Entscheidungen der Behörde waren wir überrascht, dass sie nicht mehr davor zurückschreckt, Details aus einem vertraulichen Verfahren zu veröffentlichen. Damit macht man dem wissenschaftlichen Nachwuchs klar, dass es ihm an den Kragen geht, wenn er politisch unerwünschte Forschung macht.“ Promovierende müssten den Eindruck bekommen, dass Rechtsstaatlichkeit und grundlegende Grundrechte in Bremen kleingeschrieben werden.
Kreiter forscht mit den Makaken seit 25 Jahren. Zuletzt waren es nach Angaben der Universität 19 Tiere. Juristisch stehen die Experimente bisher auf sicherem Terrain: Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Affenversuche im Januar 2014 nach dem Weg durch alle Instanzen für rechtens erklärt. Seitdem galt die weitere Genehmigung als Formsache. Anders geworden ist das erst wieder, als vor knapp drei Jahren die Auflagen für Tierversuche gemäß neuer EU-Richtlinien verschärft wurden. Die Universität sah damals allerdings auch auf dieser Basis keinen Grund, ihre Haltung zu ändern: „Diese Arbeit wird selbstverständlich fortgeführt“, hatte eine Sprecherin betont.
Rückhalt bekommt Kreiter auch von der Initiative „Tierversuche verstehen“, die unter anderem vom Wissenschaftsrat, der Hochschulrektorenkonferenz und der Max-Planck-Gesellschaft getragen wird. Sie hält die Begründung des Senats für kaum haltbar: „Hier wird Grundlagenforschung mit der Forderung nach klinischer Anwendung verbunden. Das ist ein absolutes Novum.“