Für die Wartung von 34 neuen Doppelstockzügen favorisiert der französische Bahntechnik-Hersteller Alstom das Areal an der Reitbrake in Oslebshausen. Der Konzern hatte am Donnerstag den Auftrag für den Zugbau erhalten, in diesem Zusammenhang wurde auch die Standortwahl für die Bahnwerkstatt bekannt gemacht. Rechtskräftig wird der Zuschlag an Alstom allerdings erst, wenn bis zum 8. März kein unterlegener Bieter gegen die Entscheidung vorgeht. Verstreicht die Frist ohne Einspruch, sind die Bremer Behörden am Zug. Sie müssen dann die Pläne für die Bahnwerkstatt in Oslebshausen prüfen.
„Das wird ein ganz normaler Prozess“, sagt Sebastian Rösener, Sprecher der Senatorin für Wissenschaft und Häfen. Sobald der Bieter auf die Behörde zukomme, könnten die Vertragsverhandlungen beginnen. Das Grundstück ist Eigentum der Hafengesellschaft Bremenports. Bereits geplant ist laut Rösener für Mitte April eine große Informationsveranstaltung mit der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), die die Ausschreibung vorgenommen hat. „Dabei wird vielleicht auch Näheres über die zeitlichen Abläufe zu hören sein.“
Noch lange nicht aufgeben will indessen die Bürgerinitiative Oslebshausen und umzu, die seit Monaten gegen die Standortwahl ankämpft. „Wir erwarten, dass nun zügig Verhandlungen mit der Deutschen Bahn über alternative Standorte geführt werden“, sagt BI-Sprecher Dieter Winge. Seine Hoffnungen setzt er auf Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD): Wenn sie die Fläche nicht verkaufe, könne an dieser Stelle auch nicht gebaut werden. Nach Auskunft des Ressorts habe es bisher keine rechtsverbindlichen Zusagen an Zughersteller gegeben.
Schützenhilfe erhält die BI von den Linken. „Eine Auswahl des Werkstatt-Standorts durch die Bieter ist inakzeptabel“, sagt Landessprecher Christoph Spehr. Die Linken wollen politisch geklärt wissen, welcher Standort für die Stadtentwicklung am besten ist. Als Alternative schwebt ihnen unter anderem das Areal westlich der Oldenburger Kurve vor. Auch eine Kombination kleinerer Flächen mit der bestehenden Werkstattfläche der Deutschen Bahn in Schwachhausen sei denkbar.

Forscher kritisiert Opferzahl
Für Aufregung sorgt unterdessen die Vermutung, auf dem in Aussicht genommenen Gelände in Oslebshausen könnten sich noch sterbliche Überreste von russischen Kriegsgefangenen aus dem Zweiten Weltkrieg befinden. In einer gemeinsamen Stellungnahme hatten das Bremer Friedensforum und die BI mindestens 116 ungeklärte Fälle angeführt.
Dieser Angabe widerspricht der Geschichtsforscher Harry Winkel, der zusammen mit dem Historiker Peter-Michael Meiners grundlegende Forschungsarbeit zu dem Thema geleistet hat. Für die genannte Zahl gebe es keine stichhaltigen Belege, so Winkel, sie sei an „den Haaren herbeigezogen“. Aus Sicht des 72-Jährigen wird das historische Geschehen zu politischen Zwecken instrumentalisiert, das sei „unglaubwürdig und beschämend“.
Dessen ungeachtet hält Ekkehard Lentz vom Friedensforum an seiner Einschätzung fest. Sogar bis zu 300 NS-Opfer könnten auf dem „Russen-Friedhof“ ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, meint er. Allerdings sei nicht auszuschließen, dass keine Überreste mehr aufzufinden seien und sie deshalb auch nicht exhumiert und umgebettet werden könnten. „Also bleiben sie dort, die NS-Opfer und der Boden sind nun eins und die Fläche ist eine Kriegsgräberstätte.“ Lentz beruft sich dabei auf das Abkommen mit der Russischen Föderation von 1992. In diesem Falle verbiete sich jede weitere Diskussion 0über den Bau einer Bahnwerkstatt.