Ende Februar ist das Coronavirus in Bremen angekommen: Am 29. Februar meldete die Gesundheitsbehörde die erste Infektion mit dem neuartigen Erreger. Die Frau war aus dem Iran zurückgekommen, mit dem Flugzeug in Frankfurt am Main gelandet und per Auto nach Bremen weiter gereist. Die Hoffnung, dass es bei einzelnen Fällen bleibt, zerschlug sich schnell. Genauer: am 10. März. „Wir hatten schon vorab die Information, dass an diesem Tag ein Reisebus mit Urlaubern aus einem Skigebiet in Italien nach Bremen zurückkommt. Dort war das Virus schon nicht mehr unter Kontrolle, und wir ahnten, was das bedeuten könnte“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitsbehörde, rückblickend. Die Befürchtungen bestätigten sich: 15 Bremer Skiurlauber aus dem Reisebus wurden positiv auf das Coronavirus getestet. Fuhrmann: „Von da an ging es im Grunde Schlag auf Schlag, das Virus ist vor allem über Reiserückkehrer bei uns angekommen.“
Das zeigen auch die Zahlen der ersten großen Corona-Statistik, die nun von der Gesundheitsbehörde veröffentlicht wurde. 171 sogenannte reiseassoziierte Corona-Infektionen registrierte das Gesundheitsamt allein im März. Die Reisebeschränkungen im Zuge des Lockdowns zeigten zwar ihre Wirkung – im April, Mai und Juni wurden jeweils nur noch zwei Infektionen auf Reiserückkehrer zurückgeführt. Aber das Virus war da, und es breitete sich aus. Den Höchststand zeigt die Statistik im Mai mit 163 Neuinfektionen in der zweiten Kalenderwoche. „Enge Kontakte, etwa in Familien oder im näheren persönlichen Umfeld, spielten ab April eine wesentliche Rolle bei der Ausbreitung“, sagt der Behördensprecher. Dies sind auch heute noch die hauptsächlichen Infektionswege, über die sich das Virus verbreitet, wie die Statistik zeigt.
55 Corona-Tote in Bremen
Mehr als 1700 Infektionen wurden seit dem 29. Februar im Land Bremen registriert. Mehr als 1600 Genesene zeigen die Zahlen. 55 an Covid-19 erkrankte Menschen starben, die meisten von ihnen (45) waren über 70 Jahre alt.
Der überwiegende Anteil der Gestorbenen hatte eine oder mehrere Vorerkrankungen, Herz-Kreislauf-Leiden oder Bluthochdruck. Aber auch: 13 der gestorbenen Corona-Patienten hatten keine Vorerkrankung.
Die Gesundheitsbehörde zieht Lehren aus dem bisherigen Corona-Verlauf. „Die Kontaktnachverfolgung jeder einzelnen Infektion ist wesentliches Instrument, um Ausbrüche schnell einzudämmen und eine unkontrollierte Ausbreitung in der Bevölkerung zu verhindern“, sagt Fuhrmann. Einzelne Ausbrüche habe es gegeben, etwa in Pflegeeinrichtungen. „Das ist brandgefährlich, denn dort trifft es die besonders vulnerable Gruppe, ältere und sehr oft mehrfach erkrankte Menschen.“ Der Schutz dieser Risikogruppen, Kontaktnachverfolgung, Corona-Tests und Quarantänemaßnahmen gehören nach Angaben des Behördensprechers auch künftig zu den wichtigsten Instrumenten, mit denen ein erneuter Anstieg der Infektionszahlen verhindert werden soll.
Mit den Lockerungen und dem Beginn der Sommerferien sind es erneut die Reiserückkehrer, die ins Zentrum des Corona-Geschehens rücken. Fuhrmann: „Die Befürchtungen, dass es zu einer zweiten Welle kommen könnte, sind da. Deshalb unternehmen wir gerade alles Mögliche, um das Risiko durch Reiserückkehrer so gering wie möglich zu halten.“ Urlauber, die aus Risikogebieten oder -ländern nach Bremen zurückkommen, müssen sich beim Ordnungsamt melden, eine 14-tägige Quarantäne antreten, die sie mit einem negativen Corona-Test abkürzen können. Seit Anfang Juli fragt die Behörde laut Fuhrmann außerdem Fluggastdaten bei Airlines ab, deren Maschinen aus Risikogebieten kommen und in Bremen landen. „Uns interessiert die Größenordnung der Passagiere, die in Bremen leben und sich nach ihrer Rückkehr beim Ordnungsamt melden müssten . Ein zahlenmäßiger Abgleich zeigt, ob es große Lücken gibt. Wäre das der Fall, könnte es sein, dass das Gesundheitsamt am Flughafen präsent sein wird.“ Rückkehrer aus Risikogebieten, die sich nicht beim Ordnungsamt melden, müssen mit einem Bußgeld rechnen. Nicht nur das: „Meldet man sich nicht und später stellt sich bei einer Kontaktnachverfolgung heraus, dass man jemanden infiziert hat – dann geht es auch um Körperverletzung. Die ersten Infektionen bei Reiserückkehrern gibt es bereits.“