Eines der wichtigsten Themen in der notorisch klammen Hansestadt haben sich SPD, Grüne und Linke bis zum vergangenen Wochenende aufgehoben: die Finanzen. Doch seit dem 12. Juni zurrten die Verhandlungsführer in mehreren Runden einige Punkte fest, die das Handeln der ersten rot-grün-roten Koalition in einem westdeutschen Bundesland bestimmen werden. So haben sich die Parteien auf einen Ausbau der Kinderbetreuung, eine Steigerung der Versorgungsquote für unter Dreijährige auf 60 Prozent, eine Erhöhung des Rechtsanspruchs in dieser Altersgruppe auf 30 Stunden pro Woche und flexiblere Öffnungszeiten von Kitas verständigt. Außerdem soll es mehr Ganztagesschulen geben.
Im Bereich der Verkehrspolitik stellten die Koalitionäre die Weichen für eine autofreie Innenstadt bis zum Jahr 2030. Das wollen die Unterhändler mit einem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und günstigeren Tickets vor allem für Familien mit Kindern, Sozialleistungsbezieher sowie für Kinder und Jugendliche erreichen. Darüber hinaus plant Rot-Grün-Rot neue Fahrradbrücken und -premiumrouten.
Eng mit den Verkehrsplanungen für die Zukunft hängen auch die Themenfelder Umwelt und Klimaschutz zusammen, die für die Regierung in spe eine große Rolle spielen. Bis zum Jahr 2023 sollen die Kohlekraftwerke im kleinsten Bundesland vom Netz gehen, erneuerbare Energien im Fokus stehen und Solar- sowie Windenergie ausgebaut werden. Aspekte, denen laut SPD, Grünen und Linken künftig beim Bau und bei der Sanierung von Gebäuden große Beachtung geschenkt werde. Und gebaut werden soll in der kommenden Legislaturperiode einiges. Zehntausende neue Wohnungen und mehr bezahlbaren Wohnraum verspricht das Bündnis.
Bei der Inneren Sicherheit sind sich alle einig: Die Polizei soll genügend Personal erhalten. In den Runden wurden 2900 Stellen für Bremen und 520 Stellen für Bremerhaven genannt.
Und welche Partei bekleidet welches Ressort? Welcher Senator steht an der Spitze? Die künftigen Koalitionspartner haben sich nach Informationen des WESER-KURIER am Wochenende verständigt, wer welche Zuständigkeiten erhält. Ganz fest abgestimmt ist die Verteilung zwar noch nicht, aber SPD, Grüne und Linke scheinen sich einig zu sein. Bislang zählt die Bremer Landesregierung acht Senatoren inklusive des Präsidenten und Bürgermeisters.
Das neue Kabinett kommt voraussichtlich auf neun Mitglieder. Dazu muss das Gesetz über die Mitgliederzahl des Senats entsprechend geändert werden. Spätestens an diesem Montagabend nach den Landesvorstandssitzungen der Parteien dürften Namen bekannt werden. Wir haben die Namen zusammengetragen, auf die es mit größter Wahrscheinlichkeit hinauslaufen wird:

Carsten Sieling - Senatspräsident und Bürgermeister
Er war der große Verlierer der Bürgerschaftswahl, doch er bleibt Bremens Bürgermeister: Carsten Sieling. Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete hat zumindest nach der Wahl alles richtig gemacht, auch wenn sein Weg zur Fortsetzung der SPD-Herrschaft in Bremen nicht unumstritten ist: Sieling erteilte eine Woche vor der Wahl einer großen Koalition mit der CDU eine klare Absage. Die SPD begann unmittelbar nach der Wahl am 26. September Sondierungsgespräche mit Grünen und Linken, während die CDU zeitgleich um Grüne und FDP buhlte. Trotz der aufgegangenen Strategie halten sich hartnäckig Gerüchte, dass der Bürgermeister doch noch zurücktreten könnte, sobald die Koalition unter Dach und Fach ist. Sieling gilt als ehrliche Haut und freundlicher Mensch, dessen Bekanntheit und Popularität jedoch nicht einmal annähernd die Werte seiner Vorgänger Jens Böhrnsen und Henning Scherf erreicht.
Der 60-Jährige ist kein typischer Landesvater, sondern eher ein Mann der leisen Töne. Er gilt über die eigene Partei hinaus als versierter Finanzexperte, der dem linken Flügel der SPD zugerechnet wird. Sein Meisterstück in der vergangenen Legislaturperiode gelang Sieling, als er dem Land Bremen die Finanzspritze in Höhe von 487 Millionen Euro jährlich sicherte. Dabei erwies sich Sieling als geschickter Verhandler in den Gesprächen mit dem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und den Ministerpräsidentenkollegen. Dabei arbeitete Sieling eng mit der CDU zusammen. Mit der Finanzspritze hat für Bremen in finanzieller Hinsicht eine neue Ära begonnen. (NH)

Kristina Vogt - Wirtschaft
Mit Kristina Vogt als Fraktionsvorsitzender der Linkspartei in der Bremischen Bürgerschaft war vor der Wahl jeder vierte Befragte sehr zufrieden oder wenigstens zufrieden. Dass vier von zehn angaben, die Spitzenkandidatin der Linken und siebtbeliebteste Politikerin gar nicht zu kennen, dürfte sich mit dem Wahlergebnis und den Koalitionsverhandlungen überholt haben. 11,78 Prozent schaffte die Partei bei der Bürgerschaftswahl. 44,41 Prozent der Linken-Kandidatenstimmen holte Kristina Vogt.
Die 54-Jährige war seit 2011 Fraktionsvorsitzende und hat sich als Bildungs- und Innenpolitikerin – auch bei der politischen Konkurrenz – den Ruf erarbeitet, stets bestens im Bilde zu sein. Vogt hat sich klar positioniert, immer wieder eingemischt – auch als Kritikerin der Senatsarbeit. Sich mit Zwischenrufen im Parlament bemerkbar zu machen, hat sie als „Teil des Jobs“ bezeichnet. Klartext redet sie auch in den sozialen Netzwerken. Dabei geht es mitnichten nur um – mehr oder weniger – private Leidenschaften wie Fußball, Musik, Fotografie, Fahrradfahren und gutes Essen, die sie auf ihrer Homepage verrät.
Die gelernte Rechtsanwaltsfachgehilfin, die eine Zeit lang Soziologie und Geschichte studiert und früher gemeinsam mit einer Freundin eine Kneipe geführt hat, lebt seit Mitte der 1980er-Jahre im Bremer Westen. Erst in Walle, dann in Gröpelingen, wo sie sich in der Schule ihres Sohnes als Elternsprecherin engagierte. Jüngst hat Kristina Vogt politisch Flagge für die Gleichstellung gezeigt, indem sie für die Linke forderte, den „Schutz vor Gewalt zu verbessern“, die von Eltern ausgehe, aber auch von Menschen, die abweichende sexuelle Orientierungen nicht tolerieren. (JR)

Ulrich Mäurer - Inneres
Ulrich Mäurer steht für klare Kante. Das kommt beim Wähler gut an. Der SPD-Politiker holte bei der Bürgerschaftswahl 16 978 Direktstimmen. In einer Umfrage des WESER-KURIER vom Februar zeigten sich 39 Prozent der Befragten mit seiner Arbeit zufrieden. Damit liegt er um Längen vor fast allen bisherigen Senatskollegen.
Der SPD-Politiker ist einer, der seine Ziele konsequent verfolgt und dafür auch mal ein hohes Risiko eingeht. Das war schon im Kampf gegen Rocker und Salafisten der Fall und nun auch im Streit mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) um die Kosten für Hochrisikospiele. Sein jahrelanger Alleingang gegen die DFL zahlte sich Ende März aus: Das Bundesverwaltungsgericht urteilte, dass Bremen der Liga die Mehrkosten in Rechnung stellen darf. Gegenwärtig wehrt sich Mäurers Innenressort gegen die Pläne von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), selbst Familien und Kinder künftig in normalen Gefängnissen in Abschiebehaft zu nehmen.
Doch der Name Mäurer steht nicht nur für Erfolge. So ist 2018 die Zahl der Bearbeitungsrückstände im Vergleich zum Vorjahr um etwa 4600 Fälle auf mehr als 15 000 gewachsen. Auch sein Polizeigesetz konnte Mäurer nicht durchbringen, der grüne Koalitionspartner ließ ihn auflaufen.
Zu Mäurers Aufgaben im neuen Senat wird die personelle Aufstockung bei der Polizei gehören. Die Zahl der Polizisten in Bremen soll in den kommenden Jahren allmählich von 2500 auf 2900 erhöht werden. Für Ärger im rot-grün-roten Senat könnte das sogenannte Versammlungsfreiheitsgesetz sorgen. Es soll die Befugnisse der Polizei bei Demonstrationen neu regeln. (NH)

Dietmar Strehl - Finanzen
Dietmar Strehl ist seit 2011 Finanzstaatsrat in Bremen. Ursprünglich stammt der 63-Jährige aus Aachen, in Bonn studierte er Mathematik und Betriebswirtschaft. 1982 trat er in die Grünen-Partei ein und wurde 1984 Fraktionsgeschäftsführer in der Bonner Ratsfraktion. Nach seiner Zeit als Finanzreferent der nordrhein-westfälischen Grünen wurde Strehl zum Bundesfinanzreferent der Bundesgeschäftsstelle der Grünen. Ab 1996 war er hauptamtlicher Bundesschatzmeister der Grünen, auch dem sechsköpfigen Bundesvorstand der Partei gehörte er an.
Diese beiden Positionen gab Strehl 2011 auf, als er nach Bremen kam und als Staatsrat im Finanzressort von Karoline Linnert (Grüne) Dieter Mützelburg beerbte.
Neben seiner politischen Tätigkeit war Strehl in den Aufsichtsräten der Tourismus GmbH in Bonn als auch der Wohnungsbaugesellschaft Gegefa in Falkensee, Brandenburg, vertreten. Auch dem Verwaltungsrat der Sparkasse Bonn gehörte er an. Als Bremer Staatsrat ist er aktuell Mitglied im Aufsichtsrat von Immobilien Bremen, zuvor gehörte anderen Aufsichtsräten an. In der vergangenen Legislaturperiode hatte er in seiner Funktion als Aufsichtsrat vor allem mit dem Sanierungsstau an Schulen und Kitas zu kämpfen. (RÖH)

Ronny Meyer - Finanzen
Ronny Meyer ist seit 2015 Staatsrat beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Zudem ist er Mitglied im Aufsichtsrat der Bremer Energiekonsensgesellschaft, der Hanse Vermögensverwaltung und der Hanseatischen Naturentwicklungsgesellschaft.
1976 in Bremerhaven geboren, studierte Meyer Physik an der Universität Oldenburg, wo er auch im Anschluss als Mitarbeiter tätig war. Ab 2004 war Meyer vier Jahre lang Projektleiter für Forschung und Entwicklung bei dem Wind- und Solardienstleister „Energy & Meteo Systems“ in Oldenburg.
Auch im Anschluss, ab 2008, beschäftigte er sich mit Energiewirtschaft und erneuerbaren Energien bei der internationalen Beratungsfirma Boston Consulting Group. Sein Schwerpunkt war die Integration von Windenergie ins Stromnetz. 2010 bis 2015 war er Geschäftsführer der Windenergie-Agentur Bremen/Bremerhaven (WAB), die als Unternehmensnetzwerk für Windenergie in der Region fungiert.
Im vergangenen Jahr gab es vorübergehend Gerüchte, dass Meyer den zweiten Listenplatz der Grünen für die Bürgerschaftswahl anstrebte. Kurz vor dem entsprechenden Landesparteitag allerdings verzichtete er öffentlich auf die Aufstellung. (RÖH)

Claudia Schilling - Wissenschaft, Häfen und Justiz
Neues Ressort, neue Senatorin: Claudia Schilling (SPD) dürfte im neuen Senat für den Bereich Wissenschaft, Häfen und Justiz zuständig sein. Die Bereiche passen aus Perspektive der SPD exzellent zusammen. Als Juristin ist Schilling, derzeit in Bremerhaven als Stadträtin für Jugend, Familie und Frauen sowie für Arbeit, Soziales, Senior/innen, Migranten/innen zuständig, für die Justiz natürlich prädestiniert. Obendrein sind Häfen und Wissenschaft für die Seestadt ganz entscheidende Felder.
Am Sonnabend ist Schilling von der SPD Bremerhaven für den Senat nominiert worden. Regiert die SPD mit, ist es eine stille Abmachung, dass ein Vertreter aus Bremerhaven im Senat sitzt. Bisher waren die Häfen beim Wirtschaftsressort angedockt, wie die Justiz. Der dafür zuständige Ex-Senator Martin Günthner (SPD) ist Bremerhavener. Schilling erklärte am Sonnabend nach ihrer Nominierung, dass sie relativ offen für ihre neue Aufgabe im Senat sei. Justiz und die Bremerhavener Themen Wissenschaft und die Häfen seien ihr aber besonders wichtig. Die gebürtige Wolfsburgerin studierte in Göttingen und promovierte im Bereich Steuerrecht. Nach ihrer Tätigkeit als Anwältin war sie Richterin am Amtsgericht in Bremerhaven. (LB)

Anja Stahmann - Soziales, Kinder, Jugend
Es ist eine schon eine tolle Leistung: Ausgerechnet im mit großen sozialen Problemen beladenen Bremen ist die Zustimmung zur Flüchtlingspolitik mit 50 Prozent hoch. Das ist auch ein Verdienst von Sozialsenatorin Anja Stahmann. Die Grünen-Politikerin hat seit 2015 unbeirrt einen klar flüchtlingsfreundlichen Kurs gefahren.
Die 52 Jahre alte gebürtige Bremerhavenerin ist Diplom-Sozialwirtin. Sie kam 1999 als Quereinsteigerin zu den Grünen und zog gleich in die Bürgerschaft ein. Stahmann geht auch mal unorthodoxe Wege. So setzte sie als Vorsitzende der Sportminister auch Fragen der sexuellen Identität, Homosexualität sowie Transgender im Sport auf die Tagesordnung. „Diese Fragen werden in vielen gesellschaftlichen Bereichen bereits thematisiert, aber im Sport hört man wenig bis nichts davon“, begründete die Senatorin ihren Vorstoß.
„Senatorin in Erklärungsnot“, so überschrieb der WESER-KURIER im November 2017 einen Artikel über die Kannenberg-Affäre. Der Jugendhilfeträger Akademie Kannenberg hatte in seinen Häusern von 2015 bis zur Insolvenz im Jahr 2017 fast 1000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Bei der Insolvenz gingen Vorauszahlungen aus dem Sozialressort in Höhe von vier Millionen Euro verloren. Anja Stahmann musste sich in der Bürgerschaft harsche Vorwürfe gefallen lassen.
Zur Bürgerschaftswahl wollte Anja Stahmann zusammen mit Maike Schaefer und Karoline Linnert als Spitzentrio der Grünen antreten. Aus der geballten Frauenpower wurde aber nichts. Die Basis kippte das ausgekungelte Dreigestirn, Stahmann machte einen Rückzieher. (NH)

Claudia Bogedan - Bildung
Claudia Bogedan ist seit 2015 Senatorin für Kinder und Bildung. Damit übernahm die SPD-Politikerin als Erste dieses Ressort, mit dem die rot-grüne Landesregierung die Zuständigkeiten für Kitas und Schulen vereinte. Auch wegen dieser umstrittenen Kombination musste sich Bogedan bereits als designierte Senatorin allerlei Fragen und Kritik stellen. Das Themenfeld Kinder hatte vorher zum Sozialressort gehört. Für ihre neue Position wechselte die damals 40-Jährige von Düsseldorf, wo sie seit 2011 Leiterin der Abteilung Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung war, nach Bremen.
Geboren wurde Bogedan 1975 in Limburg an der Lahn, Mitglied der SPD ist sie seit 2002. Die studierte Sozialwissenschaftlerin promovierte 2009 an der Universität Bremen, zuvor war sie unter anderem Geschäftsführerin des Politischen Bildungswerks Verein zur Förderung politischen Handelns in Bonn sowie Referatsleiterin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung gewesen.
Mit dem neuen Ressortzuschnitt in Bremen hatte Bogedan gleich mit zwei Problemfeldern zu kämpfen: Sanierungsstau und Ausbaurückstand beklagten sowohl Schulen als auch Kitas, auch der Fachkräftemangel betraf Lehrer genauso wie Erzieher. In diesen Bereichen konnte die Senatorin zwar Erfolge erzielen, ihr Ressort hat aber Probleme, der steigenden Bevölkerungszahl sowohl beim Ausbau als auch bei der Personalfrage hinterher zu kommen. Auch der Disput über die Umsetzung der Inklusion fiel in ihre Amtszeit. „Es ist unser verdammtes Recht und unsere verdammte Pflicht, diese Chancen zur Verfügung zu stellen“, erklärte Bogedan.
Gleichzeitig konnte ihr Ressort Bundesgelder aus dem Digitalpakt und dem Gute-Kita-Gesetz für Bremen verbuchen. Aber die Senatorin hat mit ihren Beliebtheitswerten zu kämpfen: Laut einer WESER-KURIER-Umfrage aus dem Februar zeigte sich nur ein knappes Viertel der Befragten mit ihrer Arbeit zufrieden, 42 Prozent der Befragten gaben ihre Unzufriedenheit zu Protokoll. (RÖH)

Maike Schaefer - Umwelt, Bau und Verkehr
Das passt doch: Maike Schaefer erforschte vor Jahren an der Bremer Uni die Umwelteffekte von Schadstoffen in Böden und Gewässern, heute ist sie Hobby-Imkerin und Seglerin mit ausgeprägter Naturverbundenheit. Fachlich kann der neuen Senatorin für Umweltsenatorin so schnell niemand etwas vormachen. Doch vor allem will die Grünen-Politikerin – das hat sie dann und wann mal angedeutet – den politischen Stil verändern. Vorgänger Joachim Lohse, ebenfalls bei den Grünen, eckte vor allem bei Bürgerinitiativen an, wurde für „Hauruck-Stil“ und „intransparente Informationspolitik“ kritisiert. Das größte Kommunikationsdesaster: der Streit um die 136 Platanen am Neustädter Ufer.
Schaefer redet zumeist erfrischend ungefiltert, kann auch zuhören, findet andere Meinungen spannend. So suchen, auch auf Initiative der 48-Jährigen hin, die Bremer Grünen seit Jahren das Gespräch mit den Stahlwerken – immerhin der mit Abstand größte Klimasünder in der Hansestadt.
Dann und wann wird die Frau mit dem Nasen-Piercing auch unterschätzt. Dabei hat sie die ganze Ochsentour gemacht: Grünen-Mitglied seit 2002, ein Jahr später im Beirat, seit 2007 Bürgerschaftsabgeordnete, ab 2015 Fraktionschefin, jetzt Frontfrau. Und sie kann sich durchsetzen: In einer Urwahl bezwang sie überraschend die langjährige Finanzsenatorin Karoline Linnert, statt der Kassenwächterin wurde die Fachfrau für Umwelt und Soziales zur Spitzenkandidatin gekürt. Und sie hat auch ihre Entscheidung durchgehalten, vor der Bürgerschaftswahl keine Koalitionsaussage zu treffen – trotz Gegenwinds in der eigenen Partei. Das brachte die Grünen in die erhoffte Rolle des Königsmachers.
Bewährungsproben im neuen Amt zeichnen sich bereits ab: Der Streit um die Platanen geht weiter, auch um die Folgenutzung der Rennbahn in der Vahr wird es trotz des Volksentscheids Querelen geben, die Bebauung von Grüngebieten wird auch den neuen Senat nicht zur Ruhe kommen lassen. (NH)
Unbekannt - Gesundheit
Das Gesundheitsressort geht mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Linken. Gehandelt wurden die Namen der frauenpolitischen Sprecherin Claudia Bernhard und des früheren Landesvorsitzenden Klaus-Rainer Rupp. Sollte die Wahl auf Bernhard fallen, könnte die Frauenpolitik beim Gesundheitsressort angedockt werden.
Fahrplan für Rot-Grün-Rot in Bremen
Bis die neue Bremer Regierung gewählt ist, dauert es noch. Allein der Koalitionsvertrag, auf den sich aller Voraussicht nach SPD, Grüne und Linke geeinigt haben, muss noch mehrere Hürden nehmen. So sieht der Fahrplan für die kommenden Tage aus:
1. Juli: Die Parteien wollen um 14 Uhr ihren Koalitionsvertrag vorstellen. Am Abend ist eine Landesvorstandssitzung der SPD geplant.
3. Juli: Konstituierende Sitzung der Bremischen Bürgerschaft mit Wahl des Präsidiums. Es ist das letzte Mal in den nächsten 18 Monaten, dass die Abgeordneten im Haus der Bürgerschaft tagen, das danach für eine Sanierung geschlossen wird. Während der Renovierungszeit trifft sich das Parlament im Rathaus.
4. Juli: Ein Parteitag der Linken entscheidet über den Koalitionsvertrag. Die Linken bringen zugleich einen Mitgliederentscheid über den Vertrag auf den Weg. Befragt werden alle rund 620 Mitglieder des Landesverbandes.
6. Juli: SPD und Grüne entscheiden jeweils auf Parteitagen über den Koalitionsvertrag.
22. Juli: Das Ergebnis des Mitgliederentscheids der Linken soll vorliegen.
August: Sollte die Basis aller drei Parteien dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben, wird die neue Regierung gewählt – vermutlich nach den Sommerferien, der 15. August ist im Gespräch.