An diesem Wochenende stecken die Partner in den letzten Zügen der Verhandlungen. Das ist zumindest der Fahrplan. Am Montag soll schließlich der Koalitionsvertrag stehen. Zuvor haben sie SPD, Grüne und Linke die Zuschnitte der Ressorts und die Verteilung der Senatorenposten vorgenommen. Es soll bis dahin noch alles offen gewesen sein. Das erklärten Vertreterinnen von Rot-Grün-Rot wie die Spitzenkandidatin der Linkspartei Kristina Vogt in der vergangenen Woche: „Wir haben noch nicht über Ressorts geredet.“ Der Punkt komme erst zum Schluss der Verhandlungen – wie es üblich sei. „Wir konzentrieren uns auf die politischen Inhalte, die wir gemeinsam für die Menschen in Bremen und Bremerhaven umsetzen wollen“, sagte auch die Landeschefin der SPD Sascha Aulepp Anfang der Woche.
Am Freitag ging es in den Verhandlungen dann um die Ressorts. Derweil gilt schon einen Moment länger als relativ sicher, dass es in Zukunft neun statt acht Senatoren geben soll. Und damit wären je nach Stärke vier Posten für die SPD, drei für die Grünen und zwei für die Linke geschaffen. Wie viele Ressorts mit welchem Zuschnitt Sinn ergeben, darüber müsse es nun Überlegungen geben, sagte Maike Schaefer, Spitzenkandidatin der Grünen zuvor. Ob acht oder neun – noch sei nichts ausgemacht, sagt sie im Vorfeld der Personalverhandlungen.
Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen warnte derweil vor einem möglichen Ausbau und spricht von einer „Aufblähung des Senats“. Vorstand Carl Kau unterstellte den Koalitionären allein Kalkül im eigenen Sinne. Denn nach seiner Ansicht gibt es keinen Grund für die Neueinrichtung einer zusätzlichen senatorischen Behörde. „Den Bremer Senat allein aus parteitaktischen Erwägungen und überkommenem Proporz-Denken künstlich aufzublähen, lehnen wir kategorisch ab“, sagte Kau. Er gehe davon aus, dass ein weiterer Senator oder eine Senatorin den Steuerzahler inklusive Staatsrat, Referenten und Sprecher mindestens eine halbe Million Euro jährlich kostet.
Maike Schaefer rechnet dagegen nicht damit, dass ein neunter Senator unbedingt große Mehrkosten verursacht, weil es „Strukturen“ dafür schon geben könne. Es sei zum Beispiel nicht automatisch ein neuer Staatsrat nötig. Schaefer findet, dass die Koalitionspartner die Gelegenheit nutzten sollten, darüber nachzudenken, welche Aufgabe wo richtig angesiedelt ist.
Doch sollten – abgesehen von den Inhalten – die Mehrheiten der Koalitionspartner bei der Zahl der Senatoren einen Rolle spielen? „Ich finde das schon“, sagte Maike Schaefer. In einem Jamaika-Bündnis wäre es einfacher gewesen, die Senatorenposten einfach nach dem Modell vier-drei-eins an die Parteien zu geben. Die FDP habe deutlich weniger Stimmen als die Linke bekommen, weshalb in dieser Logik zwei Posten für den Partner in spe gerecht wären. Die SPD liege etwa gleichauf mit der CDU, was vier Posten rechtfertige. Das könne für vier-drei-zwei auf Grundlage des Wahlergebnisses sprechen. Denn die Grünen selbst hätten ihr Ergebnis verbessert. Demnach wollen sie nicht unter den Status quo von bisher drei gestellten Senatoren landen. Wichtiger als die Anzahl sei jedoch die Sinnhaftigkeit der Zuschnitte der Ressorts zu hinterfragen. Gehörten etwa Wirtschaft und Justiz zusammen? Oder Gesundheit und Wissenschaft?
Carl Kau plädierte derweil dafür, dass die Überlegungen von Rot-Grün-Rot in Bremen angesichts der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung sogar „zwingend in die entgegengesetzte Richtung gehen“. Die Zahl der Senatoren müsse angesichts der nötigen Sparanstrengungen und Investitionen etwa in Digitales und Bildung eher verringert werden oder die Ausstattung der Ressorts zurückgefahren werden, statt „neue Pöstchen für Parteifunktionäre“ aufzubauen. Die Opposition will zunächst abwarten, was das Ergebnis der Verhandlungen ist. Dennoch herrscht Einigkeit, dass die Stimmenverhältnisse keine Rolle spielen sollten. „Der Senat sollte nicht einfach aufgebläht werden aus parteipolitischen Gründen. Das halten wir für den falschen Weg“, kommentierte Tim Abitzsch, Sprecher der FDP, befand aber einen neunten Senator nicht prinzipiell für verkehrt, wenn er sinnvoll für Bremen sei. Eine Erweiterung oder ein Neuzuschnitt müsse immer inhaltlich begründet sein, sagte auch CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp. Das gelte für die Forderung seiner Partei aus dem 100-Tage-Programm, Gesundheit und Pflege in ein Ressort zusammenzufassen. Für die Bürger müsse es einen echten Mehrwert geben.
Veränderungen der Ressorts gab es in der Vergangenheit immer wieder. Zuletzt wanderte etwa nach der Bürgerschaftswahl 2015 der Sport vom Senator für Inneres zum Sozialressort, das zudem um den Bereich Integration wuchs. Gesundheit und Verbraucherschutz stießen zur Wissenschaft. Von dort abgezogen wurde die Bildung und ging zur damals neuen Senatorin Claudia Bogedan (SPD) zusammen mit dem Feld Kinder. Das verlor Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne). Die Landwirtschaft wiederum gehört seither nicht mehr zum Wirtschaftsressort, sondern ist bei Umwelt, Bau und Verkehr verortet. Nach der Wahl 2011 wechselte der Bereich Arbeit vom Sozial- ins Wirtschaftsressort. Es hält sich im Vergleich der Bundesländer die Waage, ob Arbeit und Wirtschaft oder Arbeit und Soziales in einem Haus gebündelt sind.
Die Zahl der Senatoren variierte ebenfalls immer wieder mal. Sollte es nun wider Erwarten bei acht Senatoren bleiben, spiegelte sich der Vorsprung der SPD gegenüber den Partnern aber auch in der Person von Ulrike Hiller. Die Sozialdemokratin ist die Bevollmächtigte Bremens beim Bund und für Europa und ebenfalls Mitglied des Senats.
Wie der Senat aussehen könnte
An diesem Wochenende will Rot-Grün-Rot über die Zuschnitte und Aufteilung der Ressorts verhandeln. Ein paar Besetzungen gelten als sehr wahrscheinlich: Ulrich Mäurer (SPD) dürfte weiter Innensenator bleiben, Claudia Bogedan (SPD) Bildungssenatorin. Ebenso scheint ausgemacht, dass Maike Schaefer (Grüne) das Umwelt-, Bau- und Verkehrsressort zugesprochen ist. Vorgänger Joachim Lohse verabschiedet sich aus Bremen. Anja Stahmann (Grüne) gilt als Sozialsenatorin als gesetzt.
Offen ist durch den Rückzug Martin Günthners (SPD) aus dem Senat, wer in Zukunft Wirtschaft und Justiz führt. Feststeht, dass die Stadträtin Claudia Schilling für die SPD Bremerhaven als Senatorin gesetzt ist. Traditionell kommt für die SPD ein Mitglied des Senats aus der Seestadt. Kristina Vogt hatte zumindest während des Wahlkampfs deutlich gemacht, als Senatorin gestalten zu wollen – wie etwa im Wirtschaftsressort.
Die bisherige Gesundheits-, Wissenschafts- und Verbraucherschutzsenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) zieht sich dagegen ebenfalls aus dem Senat zurück und wird Abgeordnete. Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) steht, das ist schon länger bekannt, nicht mehr für das Amt zur Verfügung. Damit ist auch der Platz als Bürgermeisterin frei. Ob Carsten Sieling (SPD) Bürgermeister bleibt? Immer wieder gab es Spekulationen, sein Parteifreund Andreas Bovenschulte könne sein Nachfolger werden. Der ist allerdings gerade erst Fraktionsvorsitzender der SPD geworden.