Wie soll es nach dem jüngsten Verwaltungsgerichtsurteil zum aufgesetzten Parken für viele Tausend Bremer Autobesitzer weitergehen? An diesem Dienstag treffen sich Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), um über Konsequenzen aus dem Richterspruch zu beraten. Wie berichtet, hatte das Verwaltungsgericht vor wenigen Tagen die Verkehrsbehörde im Grundsatz dazu verpflichtet, gegen das aufgesetzte Parken auf Gehwegen einzuschreiten. Bei der Wahl der Mittel gebe es allerdings einen Ermessensspielraum. Die Innenbehörde sieht das Urteil kritisch. Dessen strikte Umsetzung wäre nach Mäurers Einschätzung realitätsfern.
Weshalb spitzt sich der Konflikt zu?
Dass der Umgang mit öffentlichem Parkraum zu einem politischen Großkonflikt werden könnte, zeichnet sich bereits seit einiger Zeit ab. In einem Pilotbezirk im Viertel hatte die Verkehrsbehörde im November 2020 eine Bewohnerparkregelung in Kraft gesetzt. Dort erhalten nur noch Anwohner gegen eine Jahresgebühr eine Parkberechtigung für ihren Wagen. Fremdparker müssen an aufgestellten Automaten ein Ticket ziehen. Im gleichen Zuge reduzierte die Behörde die Zahl der Parkplätze, indem sie die lange tolerierte, aber laut Straßenverkehrsordnung (STVO) rechtswidrige Praxis des aufgesetzten Parkens beendete. Wie viele Stellplätze dadurch im sogenannten Sunrise-Quartier verloren gingen, ist strittig – die Zahlen schwanken zwischen 120 und 200.
Dies war jedoch nur ein Anfang. Denn die Behörde plant, mittelfristig in allen innenstadtnahen Quartieren das "STVO-konforme Parken" durchzusetzen, wie es in einem Papier heißt, über das der WESER-KURIER bereits im Sommer berichtete. Viele Autofahrer, die bisher ihr Fahrzeug halb auf der Straße, halb auf dem Gehweg parken, müssten sich dann etwas anderes einfallen lassen.
Welche Dimension hat das Problem?
Nach überschlägigen Schätzungen der Verkehrsbehörde sind derzeit im Bremer Straßenraum rund 50.000 Fahrzeuge aufgesetzt und damit illegal geparkt. Das ist ungefähr ein Fünftel des Gesamtbestandes. Legale Ausweichparkplätze sind rar. Als ein Instrument zur Beschaffung wohnortnaher Abstellplätze gilt der Bau sogenannter Quartiersgaragen auf geeigneten Grundstücken in den Stadtteilen. Doch bisher existieren erst fünf solcher Einrichtungen in der Regie der Brepark. Und konkret in der Planung sind derzeit keine zusätzlichen. Lediglich eine Erweiterung der Quartiersgarage Lübecker Straße (Viertel) ist in Prüfung.
Investoreninteresse gibt es zudem an einem Findorffer Grundstück im Bereich Admiralstraße. Dass neue Quartiersgaragen kein vollwertiger Ersatz für 50.000 wegfallende Gehweg-Parkplätze sein können, ist jedoch unstrittig. Das wird schon klar, wenn man nur die finanzielle Größenordnung betrachtet. Bei rund 40.000 Euro an Investitionskosten pro Stellplatz ergäbe sich ein Gesamtvolumen von circa zwei Milliarden Euro.
Wie geht die Politik damit um?
Verkehrssenatorin Schaefer und Innensenator Mäurer gehen mit konträren Haltungen in ihr Spitzengespräch. Schaefer sagte dem WESER-KURIER, ihr Haus habe bisher den Kurs verfolgt, "mit Maßnahmen wie Bewohnerparken, Carsharing-Angeboten, Ausbau des ÖPNV, Stärkung des Radverkehrs und weiteren Werkzeugen den Parkdruck in den Quartieren sukzessive abzubauen". Das Urteil des Verwaltungsgerichts verlange nun jedoch eine "sofortige Unterbindung des aufgesetzten Parkens und eine konsequente Ahndung". Man müsse deshalb jetzt "schnell handeln". Wie sie sich dies angesichts der Größenordnung des Problems vorstellt, ließ sie offen.
Aus Sicht der Innenbehörde geht das Urteil des Verwaltungsgerichts "an der Realität vorbei". Würde man es konsequent umsetzen, hätten Zehntausende Autofahrer keinen Parkplatz mehr für ihr Auto, so Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler. Es müsse darum gehen, vorhandene Konzepte für das Parken in Quartieren voranzutreiben. Dazu gehöre, Straßen zu identifizieren, in denen aufgesetztes Parken tatsächlich gefährliche Situationen auslösen kann, und diese Bereiche zu entschärfen. "Sämtliche Autos in Straßen, in denen aufgesetzt geparkt wird, stur abzuzetteln", könne jedoch nicht die Lösung sein.