„Ich kenne ihn seit 25 Jahren. Er ist mein bester Freund und er hätte mich nie verletzen wollen.“ Am zweiten Tag im Landgerichtsprozess gegen den 44-Jährigen, der sich wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und diverser Verstöße gegen weitere Gesetze verantworten muss, hat das potenzielle Opfer des Angeklagten als Zeuge ausgesagt. Der Angeklagte hatte Ende August von seinem Balkon im Aalto-Hochhaus in der Vahr mit einer Schleuder Stahlkugeln abgeschossen.
Der Zeuge hätte von den Kugeln getroffen werden können, als er in einem Garagenhof an seinem Auto arbeitete. Eins der Geschosse war im Panoramadach des Autos eingeschlagen, als der Mann darin nach eigener Aussage gerade seine Brille suchte. Er war es auch, der die Polizei angerufen hatte, beklagte im Gericht dann allerdings, dass die Beamten ihn nicht genug und erst sehr spät nach seiner Einschätzung der Lage gefragt hätten.
"Ich hatte das Gefühl, dass ihm alles über den Kopf wächst"
Mehr als zwei Stunden befragte dann die Kammer den 70-Jährigen, der sich bei einigen Angaben selbst widersprach, den Angeklagten aber insgesamt in Schutz nahm. Sie hätten sich angefreundet, weil er selbst Galoppsportfan sei und der Angeklagte früher für ein Bremer Gestüt als Jockey gearbeitet habe, erzählte der Mann, der ebenfalls im Aalto-Hochhaus und auf derselben Etage wie der Angeklagte wohnt. Introvertiert sei dieser stets gewesen, aber im vergangenen Jahr wegen Überlastung in seinem Job als Hufschmied und der Trennung von seiner Freundin immer depressiver geworden, schilderte der Zeuge. „Ich hatte das Gefühl, dass ihm alles über den Kopf wächst“, sagte er.
Im System der Polizei war der Angeklagte, der nach der Tat zunächst in Untersuchungshaft saß und seit Dezember in der Forensik des Klinikums Bremen-Ost untergebracht ist, durch mehrere Vorfälle bereits vor den Schüssen als psychisch auffällig registriert. Deshalb konzentrierte sich der Verdacht der Ermittler schnell auf ihn.
Der Angeklagte habe ihm geschildert, dass er den Einsatz für eine Verschwörung des Staates halte, der ihn wieder in eine psychiatrische Klinik bringen solle, sagte ein Polizist aus, der ebenfalls als Zeuge auftrat. Bei der Ankündigung, dass seine Wohnung durchsucht werde, sei der Angeklagte dann überraschend ruhig gewesen. In der Wohnung fanden die Beamten unter anderem eine Armbrust mit Laserpointer. Der Prozess wird am 18. Februar um 9 Uhr fortgesetzt. Dann sollen weitere Zeugen aussagen.