Die Länder-Innenminister wollen im Kampf gegen die Gewalt im Fußball ein neues Kapitel aufschlagen. Bei der Innenministerkonferenz (IMK) in Mainz wird an diesem Freitag über ein Alkoholverbot im Umfeld von Hochrisikospielen der Bundesliga gesprochen. Sollte der Vorschlag des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) beschlossen werden, dürften in Bremen möglicherweise selbst Kneipen kein Bier mehr ausschenken, wenn sie in der Bannmeile liegen.
Wo die Grenze gezogen werden könnte, ist offen – klar ist aber, dass es über die unmittelbare Stadionzone hinaus gehen soll. Ein paar hundert Meter dürfte das Sperrgebiet schon umfassen. Für Bremen würde das bedeuten: Teile des Viertels wären trockengelegt.
Betroffen wären vermutlich der „Taubenschlag“ und das „Wirtshaus“ am Peterswerder, zwei der beliebtesten Anlaufpunkte für Fußballfans vor ihrer letzten Etappe zum Stadion. Keine 350 Meter sind es von hier zum Mittelkreis im Weserstadion. „Taubenschlag“-Wirt Wolfgang „Wolle“ Döhling, der seine Einnahme pro Spieltag mit rund 5000 Euro beziffert, mag nicht an ein solches Bierverbot glauben: „
In direkter Nähe des Stadions könnte ich mir so etwas schon vorstellen – aber darüber hinaus halte ich das für unrealistisch. So weit kann die Politik nicht gehen.“
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Könnte sie schon – heißt es aus dem Hause von Lewentz, der als IMK-Vorsitzender die Ausweitung des Alkoholverbots und zudem eine Reduzierung der Karten für Gästefans ins Spiel gebracht hat. „Ein umfassendes Alkoholverbot bei Risikospielen auch im Umfeld des Stadions“ hält Lewentz für „ein gutes Mittel gegen Gewalt“. Jenes „Umfeld“ müsste wohl „einige hundert Meter“ umfassen, schätzt der Mainzer Ministeriumssprecher Marco Pecht. Und: Kneipen und Kioske in diesem Bereich sollten von dem Bann ausdrücklich auch betroffen sein. Pecht: „Wir hoffen, die Minister werden dem zustimmen.“
In Bremen weiß man von derart weitgehenden Überlegungen nichts. Beim Innensenator wird die Diskussion laut Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler als „absolutes Randthema“ verortet, das bei der IMK in Arbeitsgruppen verwiesen werde. Dass Kneipen wie der „Taubenschlag“ oder Verkaufsstände wie der Werder-Kiosk an der Sielwallfähre betroffen sein könnten, schließt Gerdts-Schiffler kategorisch aus: „In Bremen wird es das überhaupt nicht geben.“ Sollten aber die Innenminister in Mainz dem Vorschlag zustimmen und eine entsprechende Regelung beschließen, wäre diese bindend – auch für Bremen.
Auf der Fanseite hält sich die Begeisterung für solche Maßnahmen in Grenzen. „Die Praktiker im Feld wissen, dass das nicht effektiv ist, wahrscheinlich sogar kontraproduktiv“, sagt Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte in Frankfurt. „Die, die an Gewalt interessiert sind, trinken in der Regel eh nicht. Die, die trinken wollen, machen das einfach exzessiv vorher. Und die Riesenmehrheit, die einfach nur ein Bierchen beim Fußball trinken will, fühlt sich gegängelt.“
Auch Auswärts-Tickets auf dem Prüfstand
Im Weserstadion gibt es bereits heute die Möglichkeit für die Polizei, den Ausschank von alkoholischen Getränken kurzfristig zu untersagen. Dabei handelt es sich jeweils um eine Fallentscheidung, die während der Sicherheitsbesprechung vor einer Partie getroffen wird – im Falle eines Falles flösse dann alkoholfreies Bier aus den Zapfhähnen. Laut Werder-Sprecher Norman Ibenthal sei diese Maßnahme aber bislang „eher die Ausnahme“ gewesen. Selbst beim Nordderby der vergangenen Saison gab es richtiges Bier.
Äußerst sensibel ist auch der zweite Teil des Maßnahmenpakets, das die Innenminister auf den Weg bringen sollen. Bislang erhalten Gäste-Klubs ein Kontingent von zehn Prozent aller verfügbaren Karten für ein Spiel. Im Bremer Weserstadion sind das gut 4500 Tickets. In Zukunft könnte das Angebot für auswärtige Anhänger deutlich geringer ausfallen: Die Innenministerkonferenz fasst eine Reduzierung auf fünf Prozent der Stadionkapazitat ins Auge – und im Extremfall gar den kompletten Ausschluss von Anhängern des Gästeklubs.
Die Verbände üben dabei mittlerweile sogar den Schulterschluss mit der Politik. So nennt der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes, Hendrik Große Lefert, den Ausschluss von auswärtigen Stadionbesuchern als „ultimative Maßnahme“, auch wenn man im Grundsatz „natürlich nicht weniger Gästefans“ in den Stadien wolle.