Die erfolgreichen Gegner einer Bebauung der früheren Galopprennbahn in der Vahr scharren mit den Hufen: Nach den ersten Ideen vonseiten der Bürgerinitiative (wir berichteten) meldet sich jetzt auch eine sechsköpfige Gruppe zu Wort, der neben dem früheren SPD-Landeschef Horst Isola auch die ehemalige SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Karin Kauertz angehört, jetzt Vorstandsmitglied im Ortsverein Neue Vahr. In einer Pressemitteilung fordern die sechs Bebauungsgegner rasche Konsequenzen aus dem Ergebnis des Volksentscheids: Es gehöre zum politischen Fairplay, dass der Senat die Umgestaltung des Rennbahngeländes für Erholung, Freizeit, Sport und Kultur „umgehend in Angriff nimmt“ – und zwar unter breiter Beteiligung von Öffentlichkeit, Beiräten, Sportvereinen und der Bürgerinitiative.
Die Gruppe wertet den BI-Erfolg als Sieg gegen „einen großen Teil des politischen Establishments in Bremen“. Allerdings fürchtet sie, der Senat könnte jede weitere Ideenfindung verschleppen. „Für die politische Kultur wäre es fatal, wenn der Senat beleidigt auf stur schaltet und die Umsetzung des Ortsgesetzes boykottiert“, heißt es in dem Schreiben. Ähnlich äußerte sich auch Andreas Sponbiel, Sprecher der Bürgerinitiative gegen eine Bebauung der Rennbahn. „Wir müssen gucken, ob die neue Regierung sich bockbeinig anstellt und alles einfach erst mal so lässt, wie es ist“, sagte er im Vorfeld eines für Mittwoch angesetzten Treffens der Bürgerinitiative. Die sieht ihre Rolle laut Sponbiel als „so eine Art Makler“ zwischen kritischen Bürgern und gewählter Regierung.
Scharfe Kritik übt die Gruppe um Isola und Kauertz – außerdem gehören ihr der frühere Bürgerschaftsabgeordnete und Ex-Grüne Walter Ruffler, Umweltaktivist Olaf Brandstätter sowie Barbara Heller und Ekkehard Lentz (beide Bremer Friedensforum) an – an der Rennbahnpolitik des bisherigen Senats. Offensichtlich hätten die Menschen mehrheitlich befürchtet, bei einem Votum für die Bebauung wären „profitträchtige, hochpreisige Wohnungen für eine zahlungskräftige Mieter- und Käuferschicht“ errichtet worden. Doch damit würden die Probleme der Bürger mit kleinerem Geldbeutel nicht gelöst. Kommunales Bauland dürfe nicht mehr zu Höchstpreisen an private Bauträger verkauft werden. Ebenso wenig dürfe ein Grüngebiet gegen das andere ausgespielt werden, etwa die Osterholzer Feldmark gegen die Rennbahn.
Bürgerinitiative habe laut Lohse übertrieben
Unterdessen kritisierte Bausenator Joachim Lohse (Grüne), durch „teils krasse Übertreibungen“ der Bürgerinitiative sei ein Bild entstanden, „das eine Zuspitzung war und der Sache nicht gerecht wurde“. Der Landesvorstand der Grünen bedauerte ebenfalls den Ausgang des Volksentscheids. „Denn wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass wir einen sehr guten Vorschlag zur Nutzung des Geländes mit bezahlbarem Wohnraum und vielen Grünflächen gemacht haben“, erklärten die beiden Vorstandssprecher Alexandra Werwath und Hermann Kuhn. Jetzt müsse eine Denkpause eingelegt werden, um dann erneut einen vertieften Bürgerdialog aufzunehmen.
Bedauernde Worte zum Ergebnis des Volksentscheid waren von der politischen Interessenvertretung des Familienunternehmer zu hören. „Eine Bebauung hätte die Chance gehabt, das Versagen des rot-grünen Senats in der Wohnungspolitik zumindest etwas aufzufangen“, sagte Landeschef Peter Bollhagen, der sich damit als FDP-Bürgerschaftskandidat gegen die eigene Parteilinie stellt. Es brauche jetzt erst recht eine Bremer Offensive für mehr Wohnraum. Als „komplettes Versagen der bisherigen Landesregierung“ geißelte der Landesverband des Wirtschaftsrates der CDU das Ergebnis. Nun müssten neue Wohnquartiere „schnellstmöglich realisiert“ werden. Als Beispiele nannte der Wirtschaftsrat das Tabakquartier Woltmershausen, das ehemalige Werksgelände von Könecke und Coca-Cola, das Gebiet an der Plantage und den Rembertikreisel.
In den sozialen Netzwerken häufen sich derweil Hinweise darauf, dass der Abstimmungsmodus beim Volksentscheid einige Verwirrung gestiftet haben könnte. Bei der Abstimmung musste mit „Ja“ stimmen, wer für den Gesetzentwurf der Bürgerinitiative und damit gegen eine Bebauung war. Wer mit „Nein“ stimmte, lehnte den Gesetzentwurf ab und sprach sich für eine Bebauung aus.