Hemelingen/Osterholz/Vahr. Es ist ein vorsichtiger Beginn der demokratischen Basisarbeit: Die wochenlang brachliegende Stadtteilpolitik ist seit vergangenem Montag per Senatsbeschluss wieder möglich. Für die Beiratsarbeit gilt das Versammlungsverbot zum Schutz vor Neuansteckungen nicht mehr. Die Umsetzung gestaltet sich in einigen Stadtteilen allerdings nicht so einfach, denn die Einhaltung von Mindestabstand und Hygienevorschriften gelten auch für die Beiräte und die Ortsämter. Und: Die Bürger bleiben vorerst außen vor.
Wie die Beiratsarbeit in den kommenden Wochen praktisch aussehen soll, erklärt Werner Wick aus der Senatskanzlei, der für die Beiräte und Ortsämter zuständig ist: „Es ist zwischen den Ortsamtsleitungen und der Senatskanzlei verabredet worden, dass zunächst bis zum 3. Mai ausschließlich nicht-öffentliche Sitzungen stattfinden werden.“ Das bedeutet, für die Beiratsmitglieder ist das bestehende Versammlungsverbot aufgehoben worden. Aber nicht für Menschen aus dem Stadtteil, die die Beratungen in den normalerweise öffentlichen Fachausschuss- und Beiratssitzungen mitverfolgen wollen. Die Presse ist – unter Einhaltung der allgemeinen Sicherheitsvorschriften – allerdings zugelassen.
Hemelingen tagt virtuell
Allerdings machen nicht alle Beiräte tatsächlich Gebrauch von der Möglichkeit der physischen Treffen. Der Beirat Hemelingen hat sich entschieden seine für den 7. Mai anberaumte Sitzung nicht als Präsenssitzung durchzuführen, sondern virtuell zu tagen. Damit soll die Verbreitung des Virus so weit wie möglich verlangsamt werden, so die Begründung. Ohnehin sei auch bei einer Sitzung im Bürgerhaus Hemelingen die Anwesenheit von Bürgern noch nicht erlaubt, sagt Ortsamtsleiter Jörn Hermening.
Dabei gibt es durchaus wichtige Themen, die bei den Bewohnern Hemelingens vermutlich auf großes Interesse stoßen würden. Zum einen sollen im Frühjahr die Pläne für den Bau des Bahnhofs Föhrenstraße vorgestellt werden, zum anderen stehen mit dem Cola-Könecke-Geläde, dem Neubau des Zeppelintunnels und der Kita-Versorgung im Stadtteil drängende infrastrukturelle und soziale Themen auf dem Tableau der Stadtteilpolitik.
Der Hemelinger Beirat bereitet sich deswegen auf seine übernächste Sitzung vor. „Wenn es geht, wollen wir am 11. Juni im großen Sitzungssaal im Bürgerhaus Mahndorf tagen.“ Auf dieser Sitzung sollen voraussichtlich die Pläne für den Bahnhof vorgestellt werden. In Mahndorf sei genügend Platz, um die Abstandsregeln einzuhalten, sagt Hermening. Da der zur Verfügung stehende Raum dennoch begrenzt sei, plane der Jugendbeirat Hemelingen außerdem eine Liveübertragung der Sitzung über das Internet. Weitere nicht-öffentliche Sitzungen, wie die des Bauausschusses, würden ebenfalls virtuell abgehalten. Echte Probleme sieht Jörn Hermening bei Themen, bei denen laut Verfahren die Bevölkerung einbezogen werden muss. „Zum Beispiel, wenn eine Einwohnerversammlung zwingend notwendig ist.“ Dies sei aber aktuell in Hemelingen nicht der Fall.
Das Ortsamt Hemelingen bittet die Hemelinger Bürger, Fragen, Wünsche und Anregungen – sonst in der Regel unter Tagesordnungspunkt zwei abgehandelt – für die Sitzung am 5. Mai vorab per E-Mail an das Ortsamt zu schicken. Die E-Mail-Adresse lautet: office@hemelingen.ortsamt.bremen.de. Auch telefonisch unter der Rufnummer 3 61 30 00, und per Post an das Ortsamt Hemelingen, Godehardstraße 19, 28309 Bremen, können Anliegen vorgebracht werden. Der Beirat befasse sich auf der kommenden Sitzung mit den Anfragen. Danach wird es nach Aussage von Jörn Hermening eine Rückmeldung geben.
In der Vahr wird sich der Koordinierungsausschuss am 4. Mai mit der Frage befassen, wie die kommenden Sitzungen abgehalten werden. Die nächste Beiratssitzung ist für den 19. Mai geplant. Aus Sicht von Ortsamtsleiterin Karin Mathes gibt es noch viele Fragezeichen. „Die Frage, ob öffentliche Sitzungen möglich sind, ist noch nicht vollständig geklärt.“ In ganz dringenden Fällen sei dies aber mit Sondergenehmigungen möglich. Einen Weg, den Karin Mathes derzeit aber für unnötig hält. „Da bräuchte man sehr große Räume, Masken, Desinfektionsmittel.“ Sie sehe im Moment aber kein Thema, das den Aufwand und das Risiko rechtfertige. „In der nächsten Beiratssitzung geht es beispielsweise um die Win-Fördergebiete.“ Ein Thema, dass eher nicht auf ein so großes Interesse in der Bevölkerung stoße, um eine Sondergenehmigung beim Gesundheitsamt und Ordnungsamt zu beantragen, meint sie. Größeres Interesse hingegen gebe es in der Bevölkerung zum Gebäudeabriss auf der sogenannten Pferdewiese an der Straße In der Vahr. Dort stand bis zuletzt ein alter Hof und eine Scheune. Die Eigentümerin ist vor knapp zwei Jahren verstorben. „Da ist großes Interesse und da wäre eine öffentliche Beteiligung nötig“, sagt Karin Mathes. Noch gebe es aber gar keinen Planaufstellungsbeschluss der zuständigen Baudeputation – ab diesem Zeitpunkt ist die Beteiligung der Öffentlichkeit dann vorgesehen.
Im Plangebiet im Bereich der Ostpreußischen Straße und der Konrad-Adenauer-Allee sieht es anders aus: „Da gibt es schon einen Planaufstellungsbeschluss und derzeit ist ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben“, sagt Mathes. Das bedeutet, dass Architekturbüros aufgerufen sind, ihre Vorstellungen zur Entwicklung des Gebiets in einem Wettbewerb einzureichen. In der Regel stoßen die Ergebnisse auch in der Bevölkerung auf großes Interesse.
Einen Schritt weiter waren schon der Beirat und das Ortsamt Osterholz. Dieser hatte alle Ausnahmegenehmigungen für eine öffentliche Sitzung Ende April in der Gesamtschule Ost eingeholt. Der Grund dafür: der eingereichte Änderungsantrag für das Windrad am Bultensee. „Wir konnten alle Vorgaben wie Mindestabstand, Höchstdauer, Toilettenfragen, Maskenpflicht und Teilnehmerlisten erfüllen“, sagt Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter. Der Rückzieher sei dann allerdings vom Unternehmen Energiekontor gekommen. „Die wollten eine hundertprozentige Sicherheit.“ Aber das könne er eben nicht garantieren. „Ich kann ja nicht bei jedem Besucher die Temperatur messen.“
Zukünftige Beiratssitzungen in Osterholz könnten aber nach ähnlichen Vorbild ablaufen. Als Sitzungsorte sind die Schulaulen vorgesehen. Für den 26. Mai ist beispielsweise eine Planungskonferenz Kita und Schulen in der Albert-Einstein-Schule geplant – mit der Besonderheit, dass sich Gäste vorher anmelden müssen, um teilnehmen zu können. Der Ortsamtsleiter macht auch klar, dass er das Hausrecht durchsetzen werde, falls Besucher die Vorgaben ignorieren sollten. „Wenn sich Leute nicht daran halten, kann und werde ich auch räumen lassen.“