Die Bremische Verfassung soll eine zusätzliche Staatszielbestimmung erhalten, die gegen ein Wiedererstarken nationalsozialistischen Gedankenguts gerichtet ist. Sowohl Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) als auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion wollen in diesem Sinne aktiv werden. Vorbild ist Sachsen-Anhalt, wo der Landtag vor kurzem einen entsprechenden Passus in die Verfassung eingefügt hat. Er lautet: „Die Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, die Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems sowie rassistische und antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jedes Einzelnen.“
„Ich schlage vor, dass wir in Bremen diesem guten Beispiel folgen“, sagt der Bürgermeister. Zwar enthalte die Bremische Verfassung in ihrer Präambel von Anfang an ein gegen die NS-Ideologie gerichtetes Bekenntnis zu Freiheit, Menschenwürde und Gerechtigkeit. Eine konkrete Staatszielbestimmung, die dem Gemeinwesen und dem einzelnen Bürger eine Pflicht auferlegt, sei qualitativ aber etwas anderes. Die Initiative aus Sachsen-Anhalt sei zur rechten Zeit gekommen. „Sie ist die richtige Antwort auf die Ereignisse von Hanau, wo sich die Herausforderung für unsere Demokratie wie in einem Brennglas gezeigt hat“, so Bovenschulte. Der Bürgermeister hofft, dass sein Vorschlag in der Bürgerschaft aufgegriffen wird. Gemeint ist eine gesetzgeberische Initiative für eine Verfassungsänderung, für die eine Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre.
Linke und Grüne wollen sich noch beraten
Bei den Koalitionsfraktionen wurde die Anregung am Montag grundsätzlich positiv aufgenommen, wobei Linke und Grüne noch Beratungsbedarf geltend machten. SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör kündigte im Gespräch mit dem WESER-KURIER an, einen Entwurf für die Verfassungsergänzung koalitionsintern abstimmen zu wollen. Die CDU ist da schon einen Schritt weiter. Sie brachte in ihrer Fraktionssitzung einen Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung auf den Weg. Der Textentwurf übernimmt die Formulierung aus Sachsen-Anhalt, nur die Begründung haben die Bremer Christdemokraten in eigene Worte gefasst: „Das Selbstverständnis des Landes Bremen als weltoffenes und multikulturell geprägtes Bundesland sowie der im demokratischen Konsens bestehende Wille, nationalsozialistischem Gedankengut und seinen menschenverachtenden Irrlehren entgegenzutreten zu wollen, sollten wegen seiner fundamentalen Bedeutung Verfassungsrang erhalten.“ Mit der Verfassungsänderung solle „auf Tendenzen in der Gesellschaft reagiert werden, die darauf gerichtet sind, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen und zu negieren“. Auch die FDP unterstützt die Bekämpfung von NS-Gedankengut als Staatszielbestimmung. Es sei „völlig richtig, sich ganz klar gegen nationalsozialistische und antisemitische Tendenzen zu stellen“, sagte Fraktionschefin Lencke Wischhusen.
Keine Zustimmung wird die Verfassungsänderung in der Bürgerschaft von der AfD-Gruppe Frank Magnitz, Uwe Felgenträger und Mark Runge erhalten. Der Vorstoß sei „völlig überflüssig“ und schränke die Meinungsfreiheit ein, urteilte Magnitz.