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Imkern in Bremen "Bienenstiche sind die Ausnahme"

Die Zahl der Imkerinnen und Imker in Bremen hat zugenommen - vor allem auf dem Stadtwerder und in Walle brummt es. Warum die Menschen wenig von ihnen zu befürchten haben.
15.09.2023, 05:00 Uhr
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Von Justus Randt

Zersiedelte Landschaften und agrarische Monokulturen machen Insekten das Überleben schwer. Was die oft als kleinstes Nutztier bezeichnete Honigbiene betrifft, meldet der Deutsche Imkerbund rückläufige Zahlen: Laut August-Wilhelm Schinkel, Vorsitzender des Imkervereins Bremen von 1875, sind 2020 in Deutschland nur noch knapp 136.000 Imker mit etwa 915.500 Völkern gezählt worden. Die Tendenz in Bremen geht allerdings in die andere Richtung. Vor allem auf dem Stadtwerder und in Walle erfreut sich Imkerei zunehmender Beliebtheit.

Während früher jeder Imker durchschnittlich 11,4 Völker gehalten habe, seien es vor drei Jahren noch 6,7 gewesen, sagt Schinkel. Bundesweit nähmen die Zahlen ab, weil „viele Naturschutzimker“ sich nur ein Volk im Garten hielten. „Ich rate davon immer ab, weil man für ein Volk das gleiche umfangreiche Wissen braucht wie für 100.“ Im Mai 2022 gab es laut der Gesundheitsbehörde 550 Imkerinnen und Imker mit circa 2500 Bienenvölkern im Land Bremen – davon 503 Imker mit 2341 Völkern in der Stadt Bremen.

Zwei Jahre zuvor waren es landesweit rund 450 Bienenhalter mit etwa 2300 Völkern. August-Wilhelm Schinkel geht davon aus, dass „rund zehn Prozent“ der Bienen nicht angemeldet seien. Das sei problematisch, weil sie möglicherweise Seuchenherde sein könnten. Zu „mehr als 98 Prozent“ seien es Klein- und Freizeitimker, die sich hierzulande und in Bremen um Bienen kümmerten. Allerdings, stellt die Behörde klar, müssten die Völkerzahlen „außerhalb eines Tierseuchengeschehens“ nicht angemeldet werden. Ganz genaue Zahlen gebe es also nicht. Gemeldet seien aktuell sieben Imker und Imkerinnen mehr als vor drei Jahren.

„Bislang hat nach Paragraf 1 der Bienenseuchen-Verordnung der, der Bienen halten will, dies spätestens bei Beginn der Tätigkeit der zuständigen Behörde unter Angabe der Anzahl der Bienenvölker und ihres Standortes anzuzeigen“, teilt das Gesundheitsressort mit. Dazu müssen sich Imker in Bremen beim Lebensmittelüberwachungs-, Tierschutz- und Veterinärdienst des Landes (LMTVET) melden. Dort wird eine Nummer im Bienenregister erteilt, das der Bekämpfung aktuell anzeigepflichtiger Bienenseuchen dient. Praktisch betrifft dies bisher die Amerikanische Faulbrut. Der ebenfalls anzeigepflichtige Befall mit dem Kleinen Beutekäfer und der Tropilaelaps-Milbe sei in Deutschland bisher nicht vorgekommen. Der Befall mit der Varroa-Milbe ist zwar nicht anzeigepflichtig, aber auch dann kann die Behörde eine entsprechende Behandlung der Bienen anordnen.

Bienen sind keine Klein-, sondern Wildtiere

Das war es dann auch schon im Großen und Ganzen mit den amtlichen Formalitäten: „Weitere rechtliche Vorgaben als aus dem Tiergesundheitsrecht sind nicht gegeben“, teilt die Gesundheitsbehörde mit. Mieterinnen und Mieter sollten allerdings mit Haus- und Grundstückseigentümern über ihre Imkerpläne sprechen – und mit den Nachbarn. Laut einem Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Harburg gelten Bienen nicht als Klein-, sondern als Wildtiere – die nicht unter die Regelung für Haustiere in Mietverträgen fallen.

Imkervereine bieten Schulungen an. „Ein Erwerb der Sachkunde für Hobbyimker- und -imkerinnen“ ist laut Gesundheitsbehörde „nicht vorgeschrieben, aber wünschenswert“. Das kann Imker August-Wilhelm Schinkel nur bekräftigen. Sich  allein auf Quellen im Internet zu verlassen, sei nicht ratsam: „Da wird auch viel Blödsinn verbreitet. Mit Imkern kann man nicht reich werden – an Imkern schon.“

Kleingärten: Bienen ausdrücklich erwünscht

Von Streit mit Nachbarn über Bienen hat der Vorsitzende kaum etwas gehört. „Die Bienen steigern doch auch den Ertrag der Nachbarobstbäume. Kleingärten sind ja Gebiete, wo für Insekten Milch und Honig fließen.“ Der Landesverband der Gartenfreunde, der von 17.000 Parzellen in Bremen ausgeht, fördert die Imkerei in seiner Gartenordnung ausdrücklich: „Bienenhaltung ist im Rahmen nicht gewerblicher Nutzung erwünscht.“ Allerdings können die Vereine die Zahl der Völker begrenzen. Hochgradigen Allergikern wird empfohlen, ihr Notfallset bei sich zu tragen, denn das Risiko, gestochen zu werden, bestehe generell. „Bienenstiche, übrigens auch die von Wespen und Hornissen, sind eher selten. Unsere Honigbienen sind auf Sanftmut gezüchtet, sonst wäre die Stadtimkerei gar nicht möglich.“

Probleme gibt es dennoch: „Wir haben 300 bis 400 Anrufe von Leuten pro Jahr, die unsere Hilfe suchen“, sagt Schinkel. Dabei gehe es zumeist um Wespen oder Hornissen. „Umgesiedelt werden die Tiere dann aber höchstens in 50 oder 60 Fällen – sie zu töten kommt überhaupt nicht infrage.“

August-Wilhelm Schinkel ist Präsidiumsmitglied im Deutschen Imkerbund und mit den Themenschwerpunkten Wildbienen und Bienenweiden befasst. Anders als andere vertritt er die Auffassung, Honigbienen machten mitnichten den hoch spezialisierten Wildbienen Konkurrenz bei der Nahrungssuche. „Das ist ein Nebenkriegsschauplatz. Es geht darum, mehr insektenfreundliche Flächen zu schaffen und gegen Schottergärten vorzugehen.“

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