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Projekt gegen Einbruch und Diebstahl in Bremen Bilanz: Drei Jahre künstliche DNA

Bremen. Künstliche DNA zur Vorbeugung gegen Einbruch und Diebstahl: Knapp drei Jahre nach Beginn des Projekts will die Polizei in der kommenden Woche erstmals eine umfängliche Bilanz ziehen.
06.09.2012, 05:00 Uhr
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Bilanz: Drei Jahre künstliche DNA
Von Jürgen Hinrichs

Bremen. Künstliche DNA zur Vorbeugung gegen Einbruch und Diebstahl: Knapp drei Jahre nach Beginn des Projekts will die Polizei in der kommenden Woche erstmals eine umfängliche Bilanz ziehen. Sie wird trotz einiger Kritikpunkte positiv ausfallen, so viel steht schon fest. Das Projekt soll weiter forciert und möglichst auf das gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden.

Bremen. In Bremen-Nord gibt es mittlerweile ganze Straßenzüge, in denen die Bewohner bei der Aktion mitmachen und dies mit Aufklebern an Fenster und Türen auch deutlich zeigen: Einbruch lohnt nicht! Alle Wertgegenstände sind mit künstlicher DNA versehen! 5000 Haushalte, schätzt die Polizei, sind es stadtweit, die in dieser Form geschützt sind. Dazukommen Schulen, Firmen und Tankstellen. Eine Resonanz, die sich die Polizei noch größer wünscht, am besten, sagt sie, sollte das Projekt auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden.

Knapp drei Jahre nach Beginn der Aktion, die in Deutschland einmalig ist, will die Behörde in der kommenden Woche einen 160 Seiten starken Bericht vorlegen. Er wird das Für und Wider enthalten, unterm Strich aber eine klare Position beziehen: Weitermachen, es lohnt sich.

Doch lohnt es sich wirklich? In Bremen ist die Zahl von Einbrüchen geradezu explosionsartig angestiegen, und das zu einer Zeit, als das Projekt mit der künstlichen DNA längst lief. Im vergangenen Jahr gab es mit knapp 2800 Fällen fast ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. Allein im Dezember waren bei der Polizei rund 500 Anzeigen wegen Wohnungsaufbrüchen eingegangen. "Einbruch und Raub sind die großen Probleme der Stadt", hatte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bei der Präsentation der Zahlen eingeräumt.

Prävention und Aufklärung

Als Konsequenz wurde bei der Polizei eine spezielle Ermittlungsgruppe reaktiviert, die aus Spargründen abgeschafft worden war. Ansonsten setzt man verstärkt auf Prävention und Aufklärung – ein Ansatz dafür, einer unter vielen, betonen die Behörden, sei die künstliche DNA. Kommen die Einbrecher oder Räuber damit in Berührung oder werden besprüht, haftet ihnen ihre Tat förmlich an, und zwar wochenlang, sodass die Polizei Zeit und im besten Fall auch Gelegenheit hat, der Täter habhaft zu werden. Entscheidend ist, dass jede Charge der Markierung einem bestimmten Ort oder Gegenstand zuzuordnen ist. Erst das macht die künstliche DNA zu einem Beweismittel.

"Es ist ein Projekt", sagt Polizeisprecher Henning Zanetti, "und kein Allheilmittel." Kosten seien bisher so gut wie keine entstanden, zu Buche schlage allein der Personalaufwand. Es gibt eine Projektgruppe, die regelmäßig tagt und neuerdings auch einen Koordinator, der auf einem eigens dafür geschaffenen Posten in der Kooperationsstelle Kriminalprävention sitzt.

Prävention – in Bremen-Nord hat das DNA-Projekt nach Darstellung von Zanetti in einzelnen Straßen zu einem Schulterschluss unter den Bewohnern gesorgt: "Sie reden miteinander und sind jetzt wachsamer als früher." Das Warnschild an Haus oder Wohnung gleichsam als Ausweis, dabei zu sein, sich selbst zu schützen und die anderen auch. Diesen Schub wünscht sich die Polizei, und vor allem dafür soll die Aktion gut sein.

Höchst selten bisher allerdings, dass ein Täter mit der künstlichen DNA überführt werden konnte. "Und wenn, hätten wir ihn sicher auch anders bekommen", räumt Zanetti ein. Zur Aufklärung von Straftaten trägt das Projekt also nicht unbedingt bei. Zur Abschreckung bei einer bestimmten Tätergruppe wohl auch nicht, wie eine Befragung im Gefängnis ergab, die für den Zwischenbericht in Auftrag gegeben wurde.

Die Profis unter den Einbrechern sind demnach mit solchen Schutzmaßnahmen kaum zu beeindrucken, im Gegenteil: Von der Polizei kommt die Information, wonach der Warnhinweis an Fenster und Türen die Täter geradezu animiert, in die Wohnungen einzusteigen, weil sie wegen der Vorkehrungen reiche Beute vermuten. "Ich habe davon gehört, kann das aber nicht bestätigen", sagt Zanetti. Sobald das Diebesgut von den Tätern woanders als in Bremen verkauft wird, ist das Risiko, als Hehler aufzufliegen nur noch gering, weil dort in der Regel nicht nach Spuren von künstlicher DNA gesucht wird.

Zanetti weiß von Fällen, in denen in Wohnungen eingebrochen wurde, obwohl sie als DNA-gesichert gekennzeichnet waren. Andersherum gebe es auch Verdrängungseffekte, erklärt der Polizeisprecher. Dann schreckten die Warnhinweise eben doch ab, mit dem Ergebnis allerdings, dass die Einbrecher ein paar Straßen weiter zuschlagen.

Licht und Schatten bei einem Projekt, das nun aber auf jeden Fall fortgesetzt werden soll. Mit Veränderungen, das hat der Polizeipräsident am vergangenen Dienstag in der Innendeputation angedeutet: "Wir halten an dem Konzept fest, werden aber eine andere Strategie fahren", erklärte Lutz Müller.

Nachahmer findet Bremen bislang vor allem bei der Deutschen Bahn AG, die seit November 2011 künstliche DNA als Schutz vor Kabeldiebstahl einsetzt. Andere Bundesländer sind dagegen mäßig bis gar nicht interessiert. Eine von der Bremer Polizei geplante Fachtagung zu dem Thema, die in diesem Monat stattfinden sollte und sich an alle Polizeipräsidien und Innenbehörden in Deutschland gerichtet hat, ist mangels Teilnehmern abgesagt worden.

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