Am Vormittag zu Hause, das gibt Nicole Meyer zu, habe sie noch ein flaues Gefühl in der Magengegend gehabt. Dabei hatte sie sich für den Tag etwas eigentlich sehr Schönes vorgenommen, nämlich ein Motorboot auszuleihen und dann zusammen mit Mann und Tochter auf die Weser rauszufahren. Zum ersten Mal in ihrem Leben als Skipperin. Den Sportbootführerschein für Binnen- und Seeschifffahrtsstraßen hat Nicole Meyer vor Kurzem gemacht. Jetzt kommt sie von ihrer Premierenfahrt in die Marina zurück. Sie sei stolz und glücklich, sagt sie. „Es war aufregend, hat aber auch Mega-Spaß gemacht.“
Auf der Weser ist es an diesem Tag mitten in der Woche vergleichsweise ruhig. An Wochenenden sieht das ganz anders aus. Führerschein-Neuling Nicole Meyer ist froh, dass diesmal keine Wasserski- und Wakeboardfahrer an der Hafenausfahrt unterwegs waren, dass ihr nicht so viele Binnenschiffe und Motorjachten begegnet sind. Sie muss erst noch Erfahrungen sammeln. Der Außenborder ihres Leihbootes hat immerhin 60 PS. Routine im Umgang damit holt man sich nur draußen auf dem Wasser. Zwar gehört zur Führerscheinprüfung neben der Theorie auch ein Praxisteil, aber der fällt überschaubar aus. Zwei Stunden seien es bei ihr in der Bootsfahrschule gewesen, sagt sie, den theoretischen Teil habe sie online gemacht. Wegen Corona hatte sie länger auf den Abschluss warten müssen, monatelang waren die Prüfungen ausgesetzt.
Der Bootsführerschein war ein Geburtstagsgeschenk der Familie. Der Sohn hatte im ersten Corona-Jahr die Prüfung abgelegt und sei total begeistert. Nun also auch die Mama. Bootsführerscheine liegen im Trend. Zwar gibt es noch keine aktuellen Zahlen aus den Landesverbänden, aber der Deutsche Seglerverband bestätigt, dass ein „Aufwärtstrend bei der Nachfrage“ spürbar sei.
Das bestätigt Klaus Schlösser. Ihm gehört eine der größten Sportboot- und Segelschulen in Bremen. Ab September habe er wieder Termine frei, sagt er, das aber auch nur, weil er und sein Team erstmals im Juli und August durcharbeiteten, sonst ist um diese Zeit Pause beziehungsweise nur ein sehr eingeschränkter Betrieb. „Aber auch, wer etwas langfristiger plant, sollte sich jetzt schon um Termine kümmern“, sagt Schlösser. Die ersten Kunden haben für Oktober und November schon gebucht.“
Mehr Führerscheininhaber und mehr Boote bedeuten mehr Verkehr auf den Gewässern. Für die 50 Beamten der Bremer Wasserschutzpolizei heißt das mehr Arbeit. Gerade an den Wochenenden in den Sommermonaten seien verstärkte Kontrollen notwendig, teilt die Polizei mit. „Wir beobachten, dass es die Menschen seit der Pandemie vermehrt auf und ans Wasser zieht.“
Für diese Saison stellt die Polizei den Kapitänen bislang ein gutes Zeugnis aus. 88 Sportboote wurden kontrolliert, in keinem einzigen Fall sei eine Fahrt unter Alkohol oder Drogeneinfluss festgestellt worden. Wenn sich alle an die Regeln halten, macht es das Miteinander auf dem Wasser leichter, gerade für Anfänger.
Für Familie Meyer steht fest, dass der ersten Fahrt mit dem Motorboot weitere folgen werden. „Im Urlaub groß wegfahren, ist nicht“, sagt Nicole Meyer, „deshalb fahren wir jetzt Boot.“