Meier macht’s – auf diese kurze Formel lässt sich bringen, was am Dienstagabend im Beirat Mitte als Lösung für die viel diskutierte alte Pathologie im Bremer Hulsberg-Viertel vorgestellt wurde. Der Investor Klaus Meier, bekannt unter anderem für sein Engagement auf dem Kellogg-Gelände in der Überseestadt und als neuer Betreiber des Klimahauses in Bremerhaven, will die denkmalgeschützte Immobilie zu einem Quartierszentrum ausbauen. Arbeitstitel: „Villa Kunterbunt“. Er bekommt das Haus für rund eine Million Euro, als Mindestpreis waren zuletzt 950.000 Euro angesetzt. Käuferin ist die Überseeinsel GmbH, eine der Gesellschaften des Unternehmers. Gerechnet wird mit drei Jahren, bis das Projekt fertig ist.
„Wie bei einer Zwiebel wollen wir die alten Qualitäten der Pathologie herausschälen“, sagt Meier. Das Beste aus dem Gebäude stülpen, ohne überbordenden Aufwand zu betreiben, lautet sein Credo. „Wir gehen zurück auf die alten Raumgrößen, es werden viele Wände fallen.“ Als Beispiele denkt er an den Speicher XI in der Überseestadt, der vor mehr als 20 Jahren von Bremens Ehrenbürger Klaus Hübotter entwickelt wurde. Oder an die "Umgedrehte Kommode" auf dem Stadtwerder, die vor einem ähnlichen Wandel steht.
Es gibt für das Hulsberg-Viertel einen Quartiersverein. Meier kann sich vorstellen, die Pathologie gemeinsam mit dem Verein zu gestalten. "Der Verein könnte das Haus später zu einer günstigen Miete auch insgesamt übernehmen." Vor der Nutzung solle es aber erst einmal um die Immobilie selbst gehen: „Wir denken das Projekt wie bei den Kellogg-Silos auf der Überseeinsel aus dem Gebäude heraus, alles Weitere wird sich ergeben.“
Klaus Meier war einer von vier Bietern für die alte Pathologie
Meier war einer von vier Bietern für die alte Pathologie. Der erste Versuch, das Gebäude zu verkaufen, scheiterte am deutlich höheren Kaufpreis (zwei Millionen Euro) und einem Wust von Auflagen für das Nutzungskonzept. Meier kann nun freier agieren. „Ein Interessent lag mit seinem Gebot unter dem Mindestpreis und ist deshalb automatisch rausgefallen,“ erklärt Florian Kommer. Der Geschäftsführer der Grundstücksentwicklungsgesellschaft Klinikum Bremen-Mitte (GEG) ist für die Vermarktung im neuen Hulsberg-Viertel zuständig. Die drei weiteren Bieter hätten preislich nahe beieinander gelegen. „Den Zuschlag hat das höchste Gebot mit dem besten Konzept bekommen“, sagt Kommer.

Johannes Aderholz (links) und Florian Kommer im Hörsaal der alten Pathologie.
Der GEG-Chef hat zu einem Ortstermin eingeladen. Mit dabei: Johannes Aderholz. Er leitet zusammen mit Meier die Überseeinsel GmbH und ist in der Pathologie nun Hausherr, allerdings erst in spe, denn noch gibt es keinen Kaufvertrag. Der Rundgang führt zuerst in einen Raum, der zur früheren Kapelle gehört. Dort konnten sich die Angehörigen von den Verstorbenen verabschieden. Später wurde eine Zwischendecke eingezogen, es gibt seitdem zwei Räume, einen unten, einen oben. Das wird wieder anders. Die Decke kommt raus. Ein Beispiel für die Rückkehr zum Urzustand. „Wir wollen das Denkmal würdigen, mit einfachen und passenden Mitteln“, sagt Aderholz. Die etwa 60 Quadratmeter große Kapelle hat dann wieder eine Höhe von rund acht Metern – ein guter Ort für Veranstaltungen.
Im hinteren Teil des Gebäudes, dort, wo Gastronomie einziehen soll, waren in einem Metallschrank die Leichen untergebracht. Einzelne Türfächer, aus denen die Bahren gezogen wurden. Es gibt sie noch, der ganze Schrank ist da. Soll er bleiben? Aderholz weiß nicht recht: „Das würde an die Pathologie erinnern, aber so etwas in einem Restaurant?“ Grenzwertig.
Weiter ins Treppenhaus, dessen Stufen mit Terrazzo belegt sind. Der Boden, heute mit Kunststoff zugeklebt, soll wieder zum Vorschein kommen. Es gibt einen sonnenbeschienenen Innenhof, völlig verwaist. Eine Idee ist, ihn zu einem Bibliotheksgarten umzuwandeln. Die Bücher würden in einem direkt angrenzenden Raum Platz finden. Der GEG-Geschäftsführer strahlt, er kann sich das vorstellen. Noch besser gefällt ihm der Plan, den Hörsaal zu öffnen. „Ein Coup!“, begeistert sich Kommer. Die kleine Holztribüne hätte einen großen Vorraum und käme ganz anders zur Geltung.
Aderholz spricht von einem mittleren einstelligen Millionenbetrag, der in das Gebäude investiert werden müsse. Im Ergebnis, so das Konzept des beauftragten Berliner Architekturbüros Robertneun, wird die alte Pathologie zu einem Quartierszentrum. Präzise ist noch nicht, was darunter verstanden werden soll. Die Planer nennen Stichworte wie Nachbarschaftsbibliothek, Probenräume, Ateliers, Werkstätten, Theaterkapelle und einiges mehr. Das in Summe, was Klaus Meier mit „kollektiven Nutzungen“ meint.