Das Geld steht bereit – mindestens 15 Millionen Euro allein für den Umbau, ohne die Erwerbskosten für Grundstück und Gebäude. Und der Wille ist auch da, dieses Mal bei allen Beteiligten. 40 Jahre nach Ende des Betriebs als Wasserturm wird die „Umgedrehte Kommode“ aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Wenn alles nach Plan läuft, können die Arbeiten in der imposanten Immobilie im Laufe des Jahres 2025 beginnen. So kündigen es die Investoren gegenüber dem WESER-KURIER an. Das backsteinbewehrte Bremer Wahrzeichen auf dem Stadtwerder soll einen Mix aus Wohnen und Gewerbe beherbergen.
Als im September beim „Tag des offenen Denkmals“ zu Besichtigungen eingeladen wurde, war die „Umgedrehte Kommode“ der absolute Renner. „Ein ungeheures Interesse, Tausende, die hineinwollten“, erzählt Wolfgang Weber. Der ehemalige Inhaber eines großen Bremer Logistikunternehmens gehört zu der Gruppe von fünf Anteilseignern einer Projektgesellschaft, die eigens für die Entwicklung des 47 Meter hohen Turms am Rande der Neubauten auf dem Stadtwerder gegründet worden ist. Mit von der Partie, allerdings nur noch im Hintergrund, ist weiterhin auch Sven-Erik Gless. Er hatte das Areal mit dem alten Baumbestand und verschiedenen Gebäuden 2005 von den Stadtwerken erworben, war danach mit seinen Ideen zur Umwandlung aber ein ums andere Mal an Einsprüchen der Denkmalpflege gescheitert.
Kein Problem hat die Behörde mit den Veranstaltungen, die ab und an im Erdgeschoss stattfinden. Joke Events hat auf rund 250 Quadratmetern eine Mischung aus Bar, Bistro und Lounge eingerichtet – eine klassische Zwischennutzung.
Für Weber ist sein Engagement kein Geschäft wie jedes andere, auch wenn er klarmacht, dass dabei etwas übrig bleiben muss: „Wir machen das nicht nur aus Idealismus.“ Er betont die Bedeutung der „Umgedrehten Kommode“ für Bremen: „Das ist eine Marke, ein Wahrzeichen wie Roland und Dom.“ Der Name stammt aus dem Volksmund: Ein Möbelstück reckt die Beine nach oben – so sah das aus, als die vier Ecktürmchen auf dem Dach des Gebäudes in früheren Zeiten viel höher waren.
Das zweite Gesicht der Projektgesellschaft ist Amer Sandawi. Der Bremer Projektentwickler hatte sich nach seiner Darstellung bereits vor sieben Jahren für den früheren Wasserturm interessiert, er sei damals aber nicht zum Zuge gekommen. „Für mich ist die ,Umgedrehte Kommode‘ das interessanteste Bauwerk in Bremen“, sagt der Unternehmer, „da steckt viel Emotion drin“. Gut sei, dass die Investoren, das Landesamt für Denkmalpflege und die Baubehörde endlich an einem Strang zögen: „Wir haben alles gemeinsam entwickelt und das Spielfeld von außen nach innen immer kleiner gemacht.“ Auf dieser Basis werde jetzt ein Qualifizierungsverfahren beginnen, an dem sich sechs oder sieben Architekturbüros beteiligten.
Ins Erdgeschoss der "Umgedrehten Kommode" könnte Gastronomie einziehen
Das 150 Jahre alte Baudenkmal, zu dem die benachbarte Kesselhalle gehört, darf in seinem äußeren Erscheinungsbild mit der Ziegelfassade und den Werksteinelementen aus Obernkirchener Sandstein nicht verändert werden. So viel steht fest. Auch die riesigen Fenster sollen ihre besondere Charakteristik behalten. Im Erdgeschoss könnte Gastronomie einziehen, um die „Umgedrehte Kommode“ für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Es handelt sich auch um ein Technikdenkmal, viele dieser Elemente sollen sichtbar bleiben“, erklärt Sandawi.
Da ist zum Beispiel der Maschinenraum mit den Pumpen, Rohren und einem gewaltigen Motor. Da sind die beiden Tanks mit einem Fassungsvermögen von 800.000 Litern, zusammengehalten von 80.000 Nieten, jede einzelne von Hand festgeklopft. Oder die gebogenen Stahlträger an der Decke einer der oberen Etagen. Da ist die „Kathedrale“ im Erdgeschoss: 30 Meter tief, 15 Meter breit, zwölf Meter hoch. Oder der „Rittersaal“ ein Stockwerk höher.
Die Architekten werden sich einiges einfallen lassen müssen, um solche Raumvolumen mit neuer Nutzung zu füllen. Zusätzlich herausgefordert sind sie an noch anderer Stelle. „Im Qualifizierungsverfahren ist auch zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen eine Anpassung des Dachgeschosses erfolgen kann“, heißt es in einer Mitteilung des Bauressorts. In der Vergangenheit gab es die Idee, der „Umgedrehten Kommode“ eine Kappe aus Glas aufzusetzen, um ein Café oder Restaurant mit fantastischer Aussicht auf die Innenstadt unterzubringen.
Die Projektgesellschaft verfolgt das Ziel, möglichst früh mit den Umbauten zu beginnen. Die Planer sollen in diesen Wochen ans Werk gehen. Mit den Ergebnissen des Wettbewerbs wird für Mitte kommenden Jahres gerechnet. Steht fest, welche Gestalt das Innere der beiden Gebäude und das Dach der „Umgedrehten Kommode“ bekommen, soll der Bauantrag sofort auf den Weg gebracht werden. Die Unterlagen würden bereits vorbereitet, damit keine Zeit verloren gehe, sagt Sandawi. „Wir haben eine bauhistorische Dokumentation erstellen lassen, mithilfe von Drohnen innen und außen alles fotografiert, einen Statiker die Gründung prüfen lassen, und es gibt erste Untersuchungen zum Brandschutz.“ Nach der Baugenehmigung dürften zwei Jahre vergehen, schätzt der Unternehmer, bis die „Umgedrehte Kommode“ neu eingeräumt ist.