Das Gesundheitsressort bereitet derzeit einen Krisenstab vor, um für den Coronavirus-Ernstfall gewappnet zu sein. Nach Angaben von Martin Götz, Referatsleiter für den Infektionsschutz bei der Gesundheitssenatorin, haben die sieben Todesfälle und 220 bestätigten Patienten in Italien „neue Dynamik in die Entwicklung gebracht“. Mit dem Krisenstab will sich die Behörde für den Fall rüsten, dass der als Covid-19 bezeichnete Virus auch in der Hansestadt auftritt.
Es herrsche nicht mehr die ruhige Stimmung wie noch vor drei Wochen, berichtet Götz aus einer Expertenkonferenz am Montag. Daran hatten Vertreter aller Bundesländer, des Bundes sowie des Berliner Robert-Koch-Instituts teilgenommen. Dabei stand auch die Frage im Raum, ob die betroffenen italienischen Regionen Lombardei und Venetien künftig als Risikogebiete geführt werden. Eine entsprechende Entscheidung gab es bis zum Abend zwar nicht, wurde von Götz aber als „sehr wahrscheinlich“ für die kommenden Tage eingeschätzt. Das hänge von der weiteren Entwicklung in Italien ab.
Das Robert-Koch-Institut hat seine Empfehlungen zu den Risikogebieten am Montag bereits erweitert, ohne Italien direkt zu benennen. Es gebe Länder und Regionen, in denen einzelne Infektionsfälle mit und ohne Rückverfolgbarkeit der Infektionsketten oder auch Infektions-Cluster aufgetreten sind, heißt es darin. Bei entsprechenden Symptomen und Aufenthalten in solchen Ländern, sei darum an Covid-19 als mögliche Diagnose zu denken.
Auch seine Risikoeinschätzung insgesamt hat das Institut angepasst. Mit einem Import weiterer Fälle nach Deutschland müsse gerechnet werden. Weitere Übertragungen, Infektionsketten und lokale Infektionsgeschehen in Deutschland seien möglich. Es sei davon auszugehen, dass es nicht mehr gelingen werde, die weltweite Ausbreitung des Erregers aufzuhalten, auch wenn die Gesundheitsgefahren in Deutschland aktuell als gering eingeschätzt würden.
Vor diesem Hintergrund betrachtet Götz es als sinnvoll, einen Bremer Krisenstab zumindest vorzubereiten. Das bedeutet, dass die Senatsressorts sowie Feuerwehr und Polizei ihre jeweils Verantwortlichen benennen, „um im Ernstfall sofort den Schalter umlegen zu können“. Aufgabe eines Krisenstabs ist es, die im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Möglichkeiten zu nutzen, um weitere Erkrankungen zu verhindern. Denkbar ist, Einrichtungen wie Schulen oder Kitas zu schließen oder auch wie in Italien ganze Städte abzuriegeln. Was jeweils „angemessen und verhältnismäßig“ sei, müsse man sehen, sagt Götz. Er berichtet, dass die Maßnahmen in Italien von den deutschen Experten mehrheitlich als „übertrieben“ eingeschätzt werden. „Auch die Einweisung von 20 Patienten auf Intensivstationen macht uns eher stutzig.“
Sollte es zu einer Einstufung italienischer Regionen als Risikogebiete kommen, dürfte sich die Zahl der abklärungsbedürftigen Covid-19-Verdachtsfälle auch in Bremen deutlich erhöhen. Denn anders als mit China existieren beispielsweise direkte Flugverbindungen nach Italien. Insgesamt ist der Reiseverkehr zwischen Italien und Deutschland achtmal höher als zwischen Deutschland und China.
Ein konkreter Verdacht auf eine Erkrankung mit dem neuen Virus liegt dann vor, wenn zwei Umstände zusammenkommen: zum einen die klinischen Symptome der Krankheit wie Husten, Fieber und Atemnot, zum anderen muss der Betroffene in den 14 Tagen davor entweder Kontakt zu einem bestätigten Covid-19-Patienten gehabt oder sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben. Das sind nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts bislang Regionen in China, Korea und im Iran.
Die Hausärzte sind nach Angaben von Holger Schelb vom Hausärzteverband Bremen aufgefordert, ausschließlich klinische Symptome und die Vorgeschichte abzuklären, dann aber keine weitere Diagnostik anzustellen. „Sollte ein abklärungsbedürftiger Fall auftreten, würden wir den Patienten je nach Schwere der Symptomatik entweder in ein Krankenhaus überweisen oder aber nach Hause schicken, mit der Aufforderung, dort zu verbleiben“, sagt Schelb. Die weiteren Untersuchungen stelle das Gesundheitsamt an, um unmittelbar alle Informationen zu erhalten. Ein solcher Ablauf ist aber laut Schelb bislang in Bremen nicht vorgekommen.