Der Uringestank in vielen Ecken Bremens erhitzt die Gemüter: Immer wieder wird über öffentliche Toiletten diskutiert und nach Lösungen gesucht. Wir wollen Ihre Meinung wissen: Wo wünschen Sie sich öffentliche Toiletten?
Wenn Fußballfans vor oder nach Bundesliga-Spielen durch das Bremer Viertel gehen, hinterlassen sie eine übel riechende Spur. Der gleiche Gestank entsteht häufig, wenn feierndes Partyvolk an der Diskomeile, im Viertel oder bei besserem Wetter am Osterdeich um die Häuser zieht. Es gibt zahlreiche dunkle Ecken, Vorgärten oder öffentliche Plätze in der Stadt, an denen Menschen einfache Anstandsregeln missachten und Blumentöpfe oder Hausfassaden als öffentliche Toiletten missbrauchen. Zwischen dem Bremer Hauptbahnhof und dem Cinemaxx steht nun seit einigen Tagen ein Freiluft-Pissoir. Eine grüne Metallkonstruktion ohne Dach, damit Mann ein Platz zum Pinkeln hat (wir berichteten).
Das Thema erhitzt die Gemüter. Immer wieder wird über öffentliche Toiletten diskutiert und nach Lösungen gesucht. In den sozialen Netzwerken gab es auf die Berichterstattung des WESER-KURIER zahlreiche Kommentare, Äußerungen auf der Homepage und Leserbriefe kommen hinzu. Zahlreiche Leser bemängeln, dass es keine ausreichenden Kontrollen gibt, um die Wildpinkler zu bestrafen. Andere verweisen auf Angebote wie die „Nette Toilette“, ein Modell, um sich teure öffentliche WCs zu sparen und Menschen mit einem dringenden Bedürfnis mehrere Orte der Erleichterung zu bieten. Dabei stellen Einzelhandel und Gastronomen ihre sanitären Anlagen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Zweimal die Woche wird geleert
Es stellt sich die Frage: Gibt es zu wenige öffentliche Toiletten? Die Leiterin des Ortsamts Mitte/Östliche Vorstadt, Hellena Harttung, weiß um die Problematik. Sie setzt sich dafür ein, dass es vor der Helenenstraße wieder eine fest installierte, öffentliche Toilette gibt. Dort steht derzeit ein mobiles, sternförmiges Urinal hinter der ersten Mauer. Aus gutem Grund, denn es gibt starken Bedarf. Das Urinal müsse zweimal die Woche geleert werden, was wöchentlich rund 300 Liter Urin ausmache. Hinzu kommen laut Jens Tittmann, Sprecher der Bau- und Umweltbehörde, rund 500 Euro an monatlicher Miete für das Pissoir.
Doch was ist mit Orten wie dem Ulrichs- oder Brommyplatz im Viertel, den Plätzen rund ums Weserstadion und dem Osterdeich? „Es ist immer wieder ein Problem, den richtigen Ort für die Anlagen zu finden“, sagt Harttung. Denn, so gibt sie zu bedenken, nicht nur die Nutzer müssen die öffentliche Toilette akzeptieren, sondern vor allem die Anwohner. In diversen Runden sei bereits über mögliche Orte diskutiert worden. Nur: Wer wolle schon ein Urinal vor der Haustüre haben? Der Besitzer des Restaurants „Bellini“ an der Straße Vor dem Steintor hat an seinen Außenwänden in der Schmidtstraße mit Schildern eine klare Ansage gemacht: „No Pissing Please!“.

Der Besitzer des Restaurants „Bellini" an der Straße Vor dem Steintor hat an seinen Außenwänden eine klare klare Ansage gemacht: „No Pissing Please!".
Schmuddelecken sind in ganz Bremen zu finden
Auch an der Diskomeile gibt es die Schmuddelecken. Beispielsweise der Innenhof im Bereich Auf der Brake, an dem der Tower Musikclub liegt, der nicht nur von Drogenabhängigen als Rückzugsraum genutzt wird, sondern eben auch als Ort zur Erleichterung. Gemeinsam mit den Verantwortlichen des „Café Papagei“ und des Towers werde aber an einer Lösung gearbeitet, so Harttung.
Überlegt wird unter anderem, den Platz an den drei Zugängen abzuschließen und mit kleineren Veranstaltungen zu bespielen. Weitere Beispiele? In Gröpelingen steht an einem Unterstand für Menschen mit Alkohol- und Drogenproblemen an der Ecke Debstedter Straße/Stapelfeldtstraße bislang nur eine mobile Dixi-Toilette. Auch am Werdersee wurde lange nach einer Lösung gesucht. Mittlerweile kann eine Toilette an der DRLG-Station öffentlich genutzt werden.
Warum werden Wildpinkler nicht bestraft?
Warum werden Wildpinkler nicht bestraft? Urinieren in der Öffentlichkeit kostet 50 Euro. Obendrauf komme jeweils eine Verwaltungsgebühr von 25 Euro, teilt die Innenbehörde mit. In Bremen fehlt aber ein Ordnungsdienst, der laut Koalitionsvertrag noch in dieser Legislaturperiode aufgebaut werden soll. Das bestätigt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Innenbehörde: „Wir haben das auf der Agenda.“ Wie genau der Ordnungsdienst dann aussehen wird und wie viele Mitarbeiter in der Stadt kontrollieren werden, stelle sich bei der Neustrukturierung des Stadtamtes heraus. Bis dahin sei die Polizei zuständig, die Bußgelder zu verhängen.
Vor gut 15 Jahren gab es noch 21 öffentliche Toiletten in Bremen. Nach und nach wurden sie abgebaut und ab 2006 durch die „Nette Toilette“ ersetzt. Das Modell kostet die Stadt nach Angaben von Behördensprecher Jens Tittmann rund 125.000 Euro im Jahr. Eine öffentliche Toilette, beispielsweise die in der Domshofpassage, kostet die Stadt 50.000 bis 100.000 Euro im Jahr.
Es gibt aber auch die positiven Beispiele. In Bremen-Vegesack sind stinkende Unterführungen oder Ecken selten. „Wir haben hier offenbar ein gutes Angebot“, freut sich Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt. Der Bedarf sei definitiv da, aber die „Nette Toilette“ funktioniere offenbar gut. Früher habe es zahlreiche öffentliche Toiletten in Vegesack gegeben, die dann aber immer mehr abgebaut wurden.
Öffentliche Toiletten
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