Erkältungen und Grippe breiten sich jedes Jahr wieder aus, üblicherweise im Winter. Immer dann, wenn viele Menschen in geschlossenen Räumen aufeinandertreffen. Die Symptome einer Erkältung wie auch einer Grippe reichen von Husten über Kopf- und Halsschmerzen bis hin zu Fieber. „Wenn diese Viruserkrankungen ausgebrochen sind, kann man nichts tun, um die Heilung zu beschleunigen“, sagt Sebastian Köhler. Laut dem Inhaber der Horner Apotheke kann man eine Erkältung und eine Grippe allerdings symptomatisch behandeln: unter anderem mit Hausmitteln.
Die Zahl der Menschen, bei denen eine akute Atemwegserkrankung (ARE) mit Fieber, Husten oder Halsschmerzen auftritt, ist zu Beginn des Februars leicht gesunken. Das zeigen aktuelle Ergebnisse einer Befragung des Robert Koch-Instituts (RKI) im Grippeweb. Zu den ARE zählen neben Covid-Erkrankungen auch die Grippe und Erkältungen. „Der aktuelle Wert lag im Wertebereich der vorpandemischen Jahre um diese Zeit“, kommentiert das RKI die Entwicklung in der fünften Kalenderwoche des Jahres 2023. In den beiden vorangegangenen Wochen stieg die Zahl der ARE, die neu aufgetreten sind, noch deutlich an: typisch für den Verlauf der Neuerkrankungen. Erkältungen – auch grippaler Infekt genannt – und die Grippe treten phasenweise auf. Erst Anfang Dezember vergangenen Jahres erreichte die Zahl der neu aufgetretenen ARE laut Grippeweb des RKI den höchsten Stand der vergangenen fünf Jahre.
Ist man an einer Grippe oder einer Erkältung erkrankt, lautet eine altbekannte Floskel: Mit Behandlung dauert die Genesung sieben Tage, ohne eine Woche. Laut dem Apotheker Sebastian Köhler hat der Spruch eine gewisse Essenz. „Wir können nicht heilen, sondern nur die Symptome lindern“, sagt er. Geeignet seien dafür in gewissem Maße auch Hausmittel. Lindenblüten- oder Salbeitee beispielsweise: Der beruhige die Schleimhäute und schwäche den Hustenreiz, sagt Köhler. Inhalieren wiederum helfe dabei, die Schleimhäute zu befeuchten; Halswickel wärmten und gegen Fieber leiste die Weide Abhilfe. „Deren Rinde enthält Substanzen, die dem chemischen Arzneistoff in Aspirin-Tabletten ähneln“, sagt Köhler. Bei dem Einsatz der Hausmittel steht für den Apotheker letztlich die Selbstpflege im Vordergrund. Wissenschaftlich belegt sei deren Wirksamkeit oft nicht.
Kerstin Lückemeyer, Dozentin an der Freien Heilpraktikerschule Bremen, sieht darin, dass die klinischen Studien zu den positiven und negativen Effekten traditioneller pflanzlicher und nicht pflanzlicher Hausmittel rar sind, nicht zwangsläufig ein Argument gegen sie. Natürlich seien – wie bei allen Mitteln mit Wirkung – Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen, sagt die Heilpraktikerin. „Ein Wadenwickel senkt das Fieber nur, wenn ich ihn korrekt und zum richtigen Zeitpunkt anwende, ansonsten treibe ich die zentrale Temperatur des Körpers weiter in die Höhe“, sagt Lückemeyer.
Generell begrüßt die Heilpraktikerin den Einsatz von Hausmitteln, um gegen Erkältungs- und Grippesymptome vorzugehen. „Wenn sie das Leiden verringern: Können sie dann schlecht sein?“, fragt sie. Lückemeyer nennt plakativ die Hühnersuppe: „Sie liefert dem Körper Wärme, Flüssigkeit und Energie“, sagt die Heilpraktikerin. Damit unterstütze man das Immunsystem dabei, die Erkältungs- und Grippeviren zu bekämpfen.
Für Hans-Michael Mühlenfeld, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Bremen, haben sich viele Hausmittel aus erfahrungsmedizinischer Sicht bewährt. Er warnt vielmehr davor, die Symptome einer Erkältung oder Grippe direkt mit chemischer Arznei zu betäuben und dem Alltag weiterhin nachzugehen. „Kopfschmerzen, Fieber, Husten: Damit will uns der Körper etwas sagen“, sagt Mühlenfeld. Die Menschen sollten viel häufiger auf diesen hören und auf dessen Fähigkeit vertrauen, dass dieser die Erreger auch bekämpfen kann.
Viele Patienten kommen nach Ansicht des Allgemeinmediziners zu früh in die Hausarztpraxen. Die Notwendigkeit bestehe erst, wenn sich ein gefährlicher Verlauf andeute. Der sei zwar schwer messbar, sagt Mühlenberg. „Wenn ich allerdings drei Tage lang über 39 Grad Fieber habe oder sich mein Allgemeinzustand sichtlich verschlechtert, sollte ich ärztlichen Rat in Anspruch nehmen.“
Halsschmerzen
Wenn der entzündete Hals schmerzt, liegt das häufig an trockenen Schleimhäuten. Gurgeln – unter anderem mit trinkwarmem Salzwasser oder Kräutertee – soll dabei helfen, diese wieder zu befeuchten. Laut Apotheker Sebastian Köhler gehe man davon aus, dass beispielsweise Salbei als Zusatz entzündungshemmend sei. Laut der Stiftung Gesundheitswissen gibt es allerdings „keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege, dass Gurgeln gegen Halsentzündungen wirkt.“
Ein Wickel soll im Falle einer Halsentzündung dazu beitragen, die Durchblutung zu fördern. Bei einer akuten Halsentzündung sei eher ein kälterer, bei einer langwierigen ein lauwarmer Wickel anzulegen, sagt Heilpraktikerin Kerstin Lückemeyer. „Dadurch wird die Durchblutung angeregt.“ Als Wickel dient in der Regel ein nasses, aber nicht tropfendes Leinen- oder Baumwolltuch, das um den Hals gelegt wird. Eine andere Option ist laut Lückemeyer: Zitrone oder Quark in ein Tuch einschlagen und um den Hals binden.
Husten
Husten hat den Zweck, dass unter anderem Fremd-, Schadstoffe und Schleim aus dem Körper geführt werden. Während einer Erkältung sind oft die Schleimhäute in den Atemwegen gereizt. „Mit Honig kann man sie etwas beruhigen“, sagt Sebastian Köhler. Wie bei vielen Hausmitteln sei allerdings nicht ganz klar, welche Menge man einnehmen müsse. Laut Stiftung Gesundheitswissen wirkt der Honig geringfügig bis moderat bei Kindern, die unter akutem Husten litten. „Ob Honig auch Erwachsenen bei Husten hilft, wurde bisher noch nicht systematisch untersucht.“ Es schadet aber auch nicht. Nur bei Kindern unter einem Jahr sei wegen bestimmter Bakterien im Honig Vorsicht geboten, heißt es seitens der Stiftung.
Eine weiteres tradiertes Hausmittel gegen Husten ist das Inhalieren: Damit können die Schleimhäute befeuchtet werden, sodass sich der festsitzende Schleim löst. „Sekretstau kann das Risiko von Folgeerkrankungen erhöhen – beispielsweise einer Bronchitis“, sagt Köhler. Zu den üblichen Zusätzen gehören Kamille oder auch Salz. Laut Stiftung Gesundheitswissen kocht man anderthalb Liter Wasser auf und füllt es in eine Schüssel. Anschließend soll das Wasser auf circa 45 Grad Celsius abkühlen, bevor drei Teelöffel Salz hinzugegeben werden. Zum Inhalieren empfiehlt die Stiftung, sich ein Handtuch über den Kopf zu legen, während man sich über die Schüssel beugt und inhaliert. Das hindere den Dampf daran, zu entweichen.
Fieber
Fieber ist eine gesunde Abwehrreaktion des Körpers“, sagt Kerstin Lückemeyer. Er arbeite bei erhöhter Temperatur effizienter gegen die Erreger an. Dennoch kann Fieber unangenehm sein: Schwächegefühl, Müdigkeit oder Schüttelfrost können damit einhergehen. „Wadenwickel sind super, wenn man das Fieber etwas senken möchte“, sagt Lückemeyer. Der Körper gebe dadurch etwas von der Wärme an die Wickel an den Unterschenkeln ab.
Laut der Stiftung Gesundheitswissen nutzt man für einen Wadenwickel ein Geschirrhandtuch, das man in lauwarmes Wasser taucht. Ausgewrungen binde man dieses straff um die Unterschenkel. Um das feuchte Tuch soll anschließend ein trockenes gelegt werden. Allerdings soll man einen Wadenwickel nicht anlegen, wenn man fröstelt oder die Füße und Hände kalt sind. Sonst treibe der Körper die zentrale Temperatur weiter in die Höhe, weil das Blut noch immer signalisiere, dass Hände und Füße kühl seien, sagt Lückemeyer
Erkältungen
Auch wenn man während einer Erkältung im Bett liegt, verbraucht der Körper mehr Kalorien als im gewöhnlichen Ruhezustand. Grund dafür: Das Immunsystem hat einige Abwehrmechanismen aktiviert, die Energie benötigen, um die Genesung voranzutreiben. Laut Kerstin Lückemeyer unterstützt in dem Fall eine kräftige Hühnersuppe den Körper dabei. „Sie gibt ihm schnell notwendige Energie, Wärme und Flüssigkeit“, sagt die Heilpraktikerin. Alles, was der Körper brauche. Laut Stiftung Gesundheitswissen gibt es wenige Anhaltspunkte, die wissenschaftlich belegen, welche Inhaltsstoffe der Suppe von Fett über Gemüse hin zum Fleisch welchen Abwehrmechanismus anregen.
Hinweis: Dass die Wirksamkeit vieler Hausmittel nicht wissenschaftlich belegt sind, bedeutet nicht, dass deren potenziell wohltuende Wirkung abzustreiten ist. Allerdings gilt: Die Hausmittel ersetzen keinen ärztlichen Rat.