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Bremer Intensivmediziner Rolf Dembinski „Das Durchschnittsalter ist deutlich zurückgegangen“

Die dritte Corona-Welle macht sich auch in Bremer Kliniken bemerkbar: Es gibt mehr Patienten mit schwereren Verläufen - und sie sind im Schnitt deutlich jünger, sagt Rolf Dembinski, Chefarzt am Klinikum Mitte.
30.03.2021, 21:14 Uhr
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„Das Durchschnittsalter ist deutlich zurückgegangen“
Von Sabine Doll

Herr Dembinski, wie ist die aktuelle Lage auf den Intensivstationen?

Rolf Dembinski: Die Situation ist nach wie vor angespannt, aber einigermaßen stabil. In den Bremer Kliniken gibt es aktuell 27 Intensivpatienten und 76 Covid-Patienten auf anderen Stationen. Im intensivmedizinischen Bereich haben wir derzeit sechs freie Betten, das ist nicht besonders viel. Auf den Normalstationen können noch 30 Betten belegt werden. Insofern gibt es den Engpass vor allem im intensivmedizinischen Bereich.

Was ist der Grund für den Engpass?

In den vergangenen Monaten haben wir versucht, die Kapazitäten möglichst für Covid-Patienten vorzuhalten. Inzwischen haben wir wieder mehr Intensivplätze für andere Patienten bereitgestellt. Unter anderem für Tumorpatienten, die operiert und intensivmedizinisch versorgt werden müssen. Das kann man vielleicht ein oder zwei Wochen verschieben, aber länger nicht. Dies ist der Spagat, den wir seit einem Jahr immer wieder machen müssen: auf der einen Seite Kapazitäten für Covid-Patienten vorzuhalten und eben auch Patienten mit anderen Erkrankungen zu versorgen. Dabei immer den richtigen Wert zu finden, ist schwierig. Deshalb versuchen wir im Moment, mit den Covid-Kapazitäten so nah am Wind zu segeln, wie es möglich ist. Am Ende ist die Bettenzahl aber endlich.

Und wenn die Kapazitäten nicht mehr ausreichen sollten?

Es gibt Pläne, falls die Situation eskalieren sollte. Dann würden zusätzliche Plätze bereitgestellt mit Personal, das im Intensivbereich nicht ganz so geübt ist. Man müsste das Personal aus dem ganzen Krankenhaus für die Intensivversorgung zusammenziehen. Das wäre das Katastrophenszenario, das sich niemand wünscht und wir hoffentlich auch nie erreichen. Im Moment gehe ich davon aus, dass wir mit den Kapazitäten einigermaßen auskommen werden. Aber: Es wird immer knapp und schwierig sein.

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Wie stellt sich das im Alltag dar?

Bis vor Kurzem haben wir versucht, immer zwei bis vier Intensivbetten für Corona-Patienten freigehalten. Inzwischen versuchen wir dies mit einem oder zwei Betten. Das ist die Quadratur des Kreises, wobei man immer wieder auch an Grenzen gerät.

Ist die dritte Welle, also der Anstieg der Infektionszahlen, im Krankenhaus und auf den Intensivstationen angekommen?

Wir haben sehr viele, sehr schwer kranke Covid-Patienten. Ich denke schon, am Ende wird das dazu führen, dass dadurch die Betten auch länger belegt sind. Das bedeutet, dass die Ressourcen wieder enger werden und wir wieder mehr Betten vorhalten müssen. Insofern macht sich die Welle schon bemerkbar.

Wie alt sind die Covid-Patienten auf der Intensivstation?

Das Durchschnittsalter ist deutlich zurückgegangen: Der älteste Patient ist etwa 70 Jahre alt, das Durchschnittsalter liegt bei knapp über 50 Jahren. Wir haben immer wieder Patienten unter 30 Jahren.

Woran liegt das?

Das ist schwer zu sagen. Es könnte sein, dass schon sehr viele alte Menschen durchgeimpft sind. Eine Rolle könnte auch die Virusvariante B.1.1.7 spielen, die bei den Neuinfektionen fast nur noch nachgewiesen wird und möglicherweise für schwerere Verläufe sorgt. Anfangs war man der Meinung, dass die Variante nur ansteckender ist. Sie scheint aber auch aggressiver zu sein, wenn man die Verläufe sieht.

Das Gespräch führte Sabine Doll.

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Rolf Dembinski leitet die Klinik für Intensivmedizin und Notfallmedizin am Klinikum Bremen-Mitte.

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