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Kritik an begrenztem Nutzen Kaum Kontakte in Bremen mit Luca-App nachverfolgt

In Bremen wurden nur vier Fälle erfolgreich nachverfolgt, bei der Gast-Bremen-App sind es drei Fälle. War die Investition von 257.000 Euro also umsonst?
26.10.2021, 16:45 Uhr
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Kaum Kontakte in Bremen mit Luca-App nachverfolgt
Von Patricia Friedek

Die Anzahl der nachverfolgten Corona-Kontakte in Bremen mit der App Luca ist kaum nennenswert: Nach Angaben von Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts von Senatorin Claudia Bernhard (Linke), liegt die Zahl der Fälle bei unter zehn. Genauer: Bei sieben positiven Corona-Fällen wurde mit der Luca-App versucht, sie nachzuverfolgen, lediglich in vier Fällen war die Nachverfolgung erfolgreich. 95 Kontaktpersonen konnten dadurch ermittelt werden. Die Zahl bezieht sich auf den gesamten Zeitraum, seit Bremen die Luca-App im Frühjahr einführte – im richtigen Einsatz war die Anwendung aber laut Fuhrmann erst seit Juni diesen Jahres, weil es vorher aufgrund des Lockdowns wenige Möglichkeiten gab, sie zu nutzen.

257.000 Euro investierte das Land Bremen in die zwölf Monate lange Laufzeit der Luca-App, die vom Rapper Smudo von den "Fantastischen Vier" beworben wurde. Auch in anderen Städten gab es bereits Kritik an der App, weil der Nutzen für die Gesundheitsämter begrenzt ist. Im Saarland zum Beispiel wurde bis Mitte September mit der Luca-App kein einziger Fall nachverfolgt. In Berlin kritisierte die Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk die Nutzung der App, berichtete der "Tagesspiegel" – wenn Daten gesammelt würden, müssten diese auch verwendet werden. Also alles umsonst?

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"Es muss unterschieden werden zwischen dem theoretischen und dem praktischen Nutzen. Praktisch werden dem Gesundheitsamt, ganz unabhängig von Luca oder der Gast-Bremen-App, nur wenige Infektionen gemeldet, bei denen die Infizierten angeben, im relevanten Zeitraum die Luca App genutzt zu haben", erklärt Fuhrmann. Durch die 2G- oder 3G-Regeln gebe es außerdem wenige Fälle, in denen Kontakte überhaupt nachverfolgt werden müssten. Selten liefere Luca automatisiert fertige Kontaktlisten. Der Vorteil weiterhin: Es gebe nicht mehr das Problem von nicht lesbaren Papierlisten, Fantasienamen und falschen Telefonnummern. Und doch gibt Fuhrmann zu: Auch die Zettel, die in der Gastronomie oder anderen öffentlichen Räumen ausgefüllt werden, bringen dem Gesundheitsamt wenig. Laut Fuhrmann liegt das außerdem an den wenig auskunftsfreudigen Bürgerinnen und Bürgern, die dem Amt nicht mitteilen, die App genutzt zu haben – entweder mit Absicht oder, weil sie sich nicht mehr erinnern.

Auch bei der Gast-Bremen-App, der Alternative der Bremer Gastrogemeinschaft, fällt die Bilanz eher mau aus: Mit ihr wurden drei positive Corona-Fälle nachverfolgt und daraufhin 42 Kontaktpersonen ermittelt. Die Zahl der Downloads ist dagegen bei beiden Apps weiterhin beträchtlich: 35 Millionen Menschen haben sich bundesweit für die Luca-App registriert, teilt eine Sprecherin des Betreiberunternehmens Culture4life mit. Wie viele es in Bremen sind, könne sie nicht sagen, weil die Daten der Nutzerinnen und Nutzer verschlüsselt seien. 3483 Standorte nutzen in Bremen Luca, in den letzten 35 Tagen haben sich mehr als 500.000 Bremerinnen und Bremer in die App eingeloggt. 168.000 Mal wurde die Gast-Bremen-App nach Angaben von Thorsten Lieder, Geschäftsführer der Bremer Gastro-Gemeinschaft heruntergeladen. 2000 Betriebe in Bremen nutzen die Anwendung.

Eine neue Funktion hat die Luca-App seit Oktober: Damit kann das Gesundheitsamt, ähnlich wie die Corona-Warn-App, über Luca Personen informieren, die sich zeitgleich mit einer positiv getesteten Person an einem Ort aufgehalten haben und zur Vorsicht aufrufen. Die Funktion wurde laut Lukas Fuhrmann allerdings nicht genutzt, da keine relevanten Fälle identifiziert wurden. "Ob diese Funktion tatsächlich genutzt wird, muss durch das Gesundheitsamt in jedem Fall einzeln bewertet werden", sagt er. Denn eine frühzeitige, unbegründete Warnung könne zu Angst führen.

Das Unternehmen hat inzwischen auf die Kritik reagiert. "In den letzten Monaten hat sich gezeigt, dass es für viele Gesundheitsämter erst mal ungewohnt ist, ein neues digitales System einzuführen und anzuwenden. Wir sind uns dessen bewusst und haben unseren Support dementsprechend angepasst", heißt es. Neben einer E-Mailadresse und Telefonnummer eigens für die Gesundheitsämter gebe es kostenlose, wöchentliche Schulungen, in denen das Programm detailliert erklärt und auf Fragen eingegangen werde. Doch ändert das offenkundig nichts an dem Grundproblem von Luca und Gast-Bremen: Es gibt eben nur wenige Menschen, die dem Gesundheitsamt überhaupt mitteilen, wenn sie eine der Apps genutzt haben.

Aktualisiert am 29. Oktober 2021: In einer ursprünglichen Version des Artikels hieß es, dass Infizierte den Apps nicht melden, wenn sie erkrankt sind. Das ist bei Luca und Gast-Bremen jedoch im Gegensatz zur Corona-Warn-App gar nicht möglich. Das Problem liegt darin, dass Infizierte bei einem Anruf des Gesundheitsamts nicht melden, die Apps genutzt zu haben. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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