Mit E-Rollern sollen die letzten 100 Meter in der Stadt gefahren werden. So jedenfalls wird die Rolle dieses Fortbewegungsmittels bei der Verkehrswende definiert. Es ist knapp zwei Jahre her, da erreichte der E-Roller auch die Hansestadt. Diskutiert wird seitdem viel: fehlende Stellplätze, Unfälle durch mangelnde Kenntnis der Verkehrsregeln, Gefahr für Fußgänger und Radfahrer, wild abgestellte Roller. Das Thema polarisiert. Jetzt geht es ums Tempo.
Die französische Hauptstadt Paris ist bei den Regulierungen einen neuen Schritt gegangen. Seit Mitte des Monats gilt in rund 700 Pariser Stadtzonen für E-Roller ein Tempolimit von zehn Kilometern in der Stunde (km/h). Die Roller können normalerweise Tempo 20 fahren. Über die GPS-Funktion erkennt die App des Roller-Kunden, wenn sich dieser in einer Langsam-Zone befindet und drosselt automatisch die Geschwindigkeit. „In Deutschland lässt die rechtliche Lage eine solche Regelung nicht zu“, sagt Neele Reimann-Philipp, die als Managerin für öffentliche Angelegenheiten beim Anbieter Voi arbeitet.
Im Straßenverkehrsgesetz sei festgelegt, dass von außen nicht in die Steuerung eines Fahrzeugs eingegriffen werden dürfe. In Frankreich und auch im Vereinigten Königreich, wo es die sogenannten Slow Zones bereits gebe, sei die Rechtslage anders.
Tempolimit für E-Roller
Ein Tempolimit berge unter Umständen auch eine Unfallgefahr, sagt Reimann-Philipp. „Viele Nutzer sind beim Fahren nicht darauf vorbereitet, dass plötzlich die Geschwindigkeit gedrosselt wird.“ Aber Voi sei per se nicht dagegen: „Wenn es eine veränderte Rechtslage geben würde, würde das Unternehmen diese Vereinbarung sicherlich auch diskutieren.“ Vonseiten des Senators für Inneres in Bremen heißt es: „Wir haben diesen Vorstoß wahrgenommen, werden den Punkt im Blick behalten und im Rahmen des nächsten Austausches beraten.“
Auch Italien hat sich mit dem Roller-Tempo befasst und neue Regelungen erlassen. Dort sind, meldet der Sender Rai, in Fußgängerzonen nur noch sechs km/h zulässig, in allen anderen Bereichen Tempo 20.
In Bremen haben das schwedische Unternehmen Voi und der Berliner Anbieter Tier für zwei Jahre eine Erlaubnis für den Roller-Verleih erhalten. Die beiden Anbieter haben dafür eine Registrierungsgebühr gezahlt. „Es haben sich keine anderen Anbieter gemeldet“, sagt Karen Stroink, Sprecherin der Innenbehörde. Für den nächsten Bewilligungszeitraum, der Mitte 2023 beginnt, können sich andere Unternehmen wieder bewerben.
In Bremen gelten unverändert folgende Anforderungen: Ein Anbieter darf maximal 500 Roller im Kernstadtgebiet, weitere 500 Roller im Außenbereich und 250 in Bremen-Nord aufstellen. Lediglich zwei Anbieter können ein Sondernutzungsrecht erhalten. Demnach können in der gesamten Stadtgemeinde Bremen maximal 2500 Roller aufgestellt werden. Das Stadtgebiet sei jedoch noch nicht gänzlich erschlossen – zugelassen seien im Moment nur 750 Fahrzeuge je Anbieter, also 1500 insgesamt, sagt Stroink. Fahrzeuge in weiteren Quartieren müssen erst vom Ordnungsamt genehmigt werden.
Kommune definiert Regeln
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern hat Bremen früh versucht, den Einzug der E-Roller zu regulieren. Dies geschah durch eine verbindliche Vereinbarung zwischen Stadt und Anbietern, eine sogenannte Sondernutzungserlaubnis (SNU). Das Modell wurde zuletzt durch ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Münster hinsichtlich des Aufstellens von Leihfahrrädern bestätigt und später auf E-Scooter übertragen. „Diese Regulierung setzt klare und durchsetzbare Regelungen“, sagt Stroink.
Wenn sich eine Stadt für eine Sondernutzungserlaubnis entscheidet, muss dies auf Grundlage eines Konzeptes passieren, sagt Reimann-Philipp. „Die Kommunen müssen Regeln definieren, festlegen und einen Beschluss abgeben.“
In Bremen sind die Anbieter dazu verpflichtet, dass die Nutzer und Nutzerinnen von den abgestellten E-Scootern Fotos machen, wodurch überprüft werden kann, ob die Roller ordnungsgemäß abgestellt wurden. Außerdem sind laut Stroink Parkverbotszonen wie die Bürgerweide, Sportanlagen, Hauptbahnhof und Bahnhofsvorplatz eingerichtet worden.
„Diese Abstellverbotszonen sind in der App rot gekennzeichnet“, erklärt der Voi-Mitarbeiter Caspar Spinnen. „Die Technologie funktioniert hier ähnlich, wie bei den Slow Zones.“ Wenn eine Person eine solche Zone erreiche, verschwinde der Park-Knopf, mit dem das Fahrzeug abgestellt werden kann. Wenn ein Roller trotzdem dort stehen gelassen werde, laufe der Zähler weiter und die Person müsse am Ende eine Gebühr von maximal 25 Euro zahlen. Die Fahrzeuge würden dann von Mitarbeitern wieder in eine andere Zone gebracht.
Die Innenbehörde betont ihrerseits, dass das Ordnungsamt Bußgeldbescheide direkt an die Anbieter schickt. Nicht korrekt abgestellte Fahrzeuge werden aktuell von Mitarbeitern des Ordnungsamts umgestellt. Seit Mai 2021 wurden dem Ordnungsamt laut Behörde allerdings keine Fälle gemeldet. Bislang hätte es auch keine weiteren Beschwerden hinsichtlich falsch abgestellter Roller gegeben.