Elektroroller-Verleiher beanspruchen in vielen Städten öffentlichen Verkehrsraum. Selbstbewusst platzieren sie ihre formal als Elektrokleinstfahrzeuge deklarierten E-Scooter in der Mobilitätskette zwischen Auto und Fahrrad, jedenfalls vor den Fußgängern. Die ursprünglich als Fahrzeuge für die imaginäre „letzte Meile“ vorgesehenen Leihroller kommen Radfahrern und Fußgängern in die Quere, Letzteren besonders dann, wenn sie parken. Bremen hat den E-Scooter-Verkehr von Beginn an reguliert, also seit knapp drei Jahren. Die Behörden haben inzwischen einiges nachgebessert und die Verleiher stärker in die Pflicht genommen. Auch in anderen Städten wie Hannover und Köln gibt es handfeste Probleme mit den Rollern. Aktuell werden in Düsseldorf Konsequenzen gezogen.
“Um der Beeinträchtigung des innerstädtischen Fußgängerverkehrs“ einen Riegel vorzuschieben, wollen die Kommunalpolitiker der Rheinmetropole an diesem Mittwoch eine neue „Scooter-Strategie für den Umgang mit E-Scooter-Sharing in Düsseldorf“ verabschieden. Die geplanten Einschnitte sind drastisch: Die Gesamtflotte der fünf Anbieter, 12.700 Roller, soll nahezu halbiert werden auf 6500 im gesamten Gebiet der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Zugleich sollen, „um das Sharing-Angebot im Sinne der Verkehrswende zu erhöhen“, außerhalb des City-Bereichs mehr Roller an Bus- und Bahnhaltestellen stehen. Bestandteil der Scooter-Strategie ist außerdem die deutliche Erhöhung der Sondernutzungsgebühr, die für die Fahrzeuge fällig wird: Sie soll von jährlich 20 Euro pro Roller auf 50 Euro steigen. In Bremen beträgt die Gebühr 26 Euro.
Die Anpassung der Sondernutzungserlaubnis für den öffentlichen Düsseldorfer Verkehrsraum sieht außerdem vor, dass Roller rasch umverteilt und falsch abgestellte Fahrzeuge schnell entfernt werden. Dieses Thema ist längst auch in Bremen mit den zwei vertretenen Anbietern verhandelt worden. Aktuell darf jeder von ihnen, wie berichtet, jeweils 500 Roller im Kernstadt- und im Außenbereich aufstellen. In Bremen-Nord sind außerdem jeweils 250 pro Anbieter zugelassen, insgesamt also 2500 – „perspektivisch“, wie die Innenbehörde mitteilt. Tatsächlich seien gegenwärtig 750 Fahrzeuge je Anbieter zugelassen, also 1500 derzeit insgesamt. Die Erweiterung auf das Maximum müsse behördlich genehmigt werden. „Die Möglichkeit der Erhöhung im Sondernutzungskonzept soll sicherstellen, dass das Ordnungsamt noch einen Spielraum hat“, teilt die Behörde mit. „Das Stadtgebiet wurde noch nicht vollständig erschlossen, und eine Erweiterung des Gebietes, in dem Scooter stehen oder fahren, soll weiterhin flexibel möglich sein.“
Grundlage ist auch hier das Instrument der Sondernutzungserlaubnis, das der Stadtgemeinde eine weitgehende Einflussnahme ermöglicht. Dieses Modell war im Hinblick auf Leihfahrradstaffeln, die im öffentlichen Raum aufgestellt werden, zuletzt vom Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt worden. „Immer mehr Städte haben sich dem Bremischen Modell angeschlossen“, weiß das Innenressort. Andere Städte schwenkten von freiwilligen Vereinbarungen auf die Sondernutzungserlaubnis um. „Die Begrenzung der Anzahl ist eine ganz wesentliche Säule der Regulierung. Aus diesem Grund sieht das Sondernutzungskonzept die Beschränkung auf zwei Anbieter vor sowie ein festes Gesamtkontingent und ein Auswahlverfahren. So ein Konzept ist in Deutschland bisher einzigartig.“
Die erste zweijährige Erlaubnisphase war mit mehrmonatiger Verspätung im Mai 2021 verlängert worden. Hintergrund diverser Anpassungen, etwa der mindestens freizuhaltenden Gehwegbreite, war ein Unfall, der bundesweit für Aufsehen sorgte. Im vergangenen Jahr war ein blinder Bremer in der Neustadt über zwei liegende Elektroroller gestürzt und hatte sich dabei schwer verletzt. Seine Klage gegen die Rollergenehmigung führte dazu, dass die Politik und der Landesbehindertenbeauftragte feste Abstellplätze für die Fahrzeuge forderten. Künftig muss der Landesbehindertenbeauftragte laut Senatsbeschluss beispielsweise an einer Genehmigung der Flottenausweitung beteiligt werden. Noch wurden keine Stellplätze ausgewiesen. Die Innenbehörde, das Mobilitätsressort und das Ordnungsamt sind am Zug. Laut Innenressort beobachten die Bremer Behörden „weiterhin die Entwicklung in anderen Städten und der hiesigen Anbieter“ und behalten sich weitere Schritte vor.
Seit einiger Zeit verlangen die Verleiher, dass Nutzer nach der Fahrt per Foto dokumentieren, dass sie den Roller, ohne andere zu behindern, abgestellt haben. Zugleich ahndet die Verkehrsüberwachung des Ordnungsamtes Verstöße mit Bußgeldbescheiden in Höhe von zehn bis 100 Euro. Diese Bescheide sollen dem Verleihunternehmen zugestellt werden, das die Forderung weiterreichen kann – vorausgesetzt, es kann nachweisen, dass ein E-Scooter falsch abgestellt und nicht etwa später von jemand anderem umgekippt oder weggestellt wurde. „Das Verfahren“ räumt die Behörde ein, „ist noch recht neu. Bislang wurde noch kein Bescheid an einen Anbieter verschickt.“