„Es gibt dringenden Handlungsbedarf“, sagt Jens Tittmann, Sprecher von Bausenator Lohse (Grüne), über das sogenannte Telekom-Gelände im Stephaniviertel. Aus den großen Plänen ist nur wenig geworden.
Eben noch am prächtigen Hauptsitz der Sparkasse vorbei. Auf der anderen Seite ein neues Hotelgebäude, das sich schmuck in die Umgebung einfügt. Alles in Ordnung am Eingang zum Stephaniviertel. Doch dann bricht es abrupt ab. Mehr Hütten als Häuser, öde Plakatwände, dahinter ein schäbiger Schotterplatz, und insgesamt der Eindruck, dass die Stadt in ihrem Kern einen Hinterhof hat. Das sogenannte Telekom-Gelände ist seit Jahren im Fokus der Planer, kommt aber nicht recht voran. Stillstand herrscht vor allem an der Ecke Faulenstraße/Ölmühlenstraße. Sie wird als Schandfleck wahrgenommen. „So darf es nicht weitergehen. Es gibt dringenden Handlungsbedarf“, sagt Jens Tittmann, Sprecher von Bausenator Joachim Lohse (Grüne).
Vor vier Jahren schien noch alles auf gutem Wege, und passiert ist ja auch was in dem Quartier, allerdings ausschließlich in Richtung Wall. Es gab einen städtebaulichen Wettbewerb mit dem Sieger-Entwurf des Architekturbüros Bolles+Wilson aus Münster. Hübsche Ideen, die bunt ausgemalt waren.
Die alten Gebäude der Telekom wurden mitsamt des markanten Turms in die Planung integriert. Das sah gut aus und blieb nicht nur Entwurf, sondern wurde in Teilen auch gebaut: Drei große und ansehnliche Häuser in der Abbentorswallstraße mit zusammen 120 Wohnungen. Dort indes, wo das denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen Drogerie Zinke steht und eigentlich ein neuer Platz, der Zinke-Platz, entstehen sollte, herrscht bis weit in die Ölmühlenstraße hinein Tristesse. „Das ist alles sehr schlecht bis gar nicht entwickelt“, beklagt Tittmann.
Vor einigen Wochen habe seine Behörde noch einmal Gespräche geführt. Die Gemengelage sei an der Stelle besonders kompliziert: Viele kleine Grundstücke und entsprechend viele Eigentümer. „Wir sind jetzt trotzdem guter Dinge, endlich voran zu kommen“, so der Sprecher.
"Lockere Gespräche mit Investoren"
Einer der Gesprächspartner ist Philipp Grothe. Er besitzt mit seiner Familie die Eckgrundstücke auf beiden Seiten der Ölmühlenstraße. Das eine ist mit kleinen Häusern bebaut, die als Zwei-Sterne-Hotel für Rucksacktouristen genutzt werden. Das andere ist eine Brache und grenzt an das Zinke-Haus.
„Wir sind in lockeren Gesprächen mit Investoren, die sich die verschiedensten Dinge vorstellen können“, sagt Grothe. Ein Hindernis sei die Umgebung, sie wirke abschreckend. „Die Aufwertung der Faulenstraße hat bis zu uns leider nicht gereicht.“ Der Plan, die beiden Grundstücke miteinander zu verbinden und die Ölmühlenstraße zu überbauen, sei an dem Veto der Stadt gescheitert.
Wundern darf das nicht, wenn die Planung von Bolles+Wilson heute noch Gültigkeit haben soll. Die Architekten wollen an der Stelle nämlich genau das Gegenteil: Kein enges Tor ins Quartier hinein, stattdessen eine neue Weite. Deshalb der Zinke-Platz, benannt nach der Drogerie, die hier mehr als 100 Jahre geöffnet hatte. Das Haus, in dem der Verkauf stattfand, ist noch viel älter, es stammt nach Angaben der Denkmalbehörde aus dem Jahr 1790 und vereint mit seinem Stil den Barock und das Rokoko.
Ein Schmuckstück, das nun schon seit Jahren leersteht. Nicht weit entfernt steht der Telekom-Turm, noch so ein Pfund, das genutzt werden könnte. Die technischen Anlagen ganz oben werden zwar noch benötigt, darunter könnte in dem gut 50 Jahre alten Turm zum Beispiel aber auch Wohnen entstehen. Genauso in den vielen Nebengebäuden. „Sie werden für den Betrieb nicht mehr benötigt“, weiß Tittmann. Tatsächlich aber rührt sich nichts. „Aktuell bestehen keine Pläne, das Objekt zu verkaufen oder einer anderen Nutzung wie beispielsweise Wohnen zuzuführen“, teilt die Telekom auf Anfrage mit.
Der sichtbare Beweis, dass es anderer Stelle vorangeht, sind die drei frisch bezogenen Häuser in der Neuenstraße. Errichtet wurden sie von der Immobiliengesellschaft Justus Grosse, die auch die Vermietung übernimmt. „Wir würden im Abbentorswallquartier gerne weitermachen“, sagt Justus-Grosse-Gesellschafter Joachim Linnemann, „leider gibt es aber nichts Konkretes.“ Linnemann glaubt bei der Entwicklung des Quartiers nach eigenen Worten eher an die Randbereiche und nicht an den Kern mit den Telekom-Grundstücken.