Eines hat Cornelia Holsten als Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt (Brema) auf alle Fälle geschafft: Jetzt weiß jeder medienaffine Mensch in Deutschland, dass auch das kleinste Bundesland eine Landesmedienanstalt hat und diese von einer Frau geleitet wird. Wie die Direktorin das geschafft hat, während die Brema ansonsten eher unter dem Schirm läuft? Die Juristin und frühere Richterin vor gut zwei Wochen mit ihrem Podcast „Unreguliert. Frau Holsten fragt nach“ begonnen. Hier führte sie Gespräche mit Personen, die etwas mit Medien zu tun haben. Ihr Motiv sei dabei ein Perspektivwechsel gewesen, mit dem sie Interesse für die eher dröge Materie der Medienregulierung schaffen wollte.
Durch ihr Amt ist Holsten Bremens oberste Medienaufseherin für private TV- und Radiosender. Denn während es bei öffentlich-rechtlichen Sendern als Aufsichtsgremium einen Rundfunkrat gibt, kam in den 1980er-Jahren mit dem Start der Privatsender die Frage auf, wer denn hier Radio und Fernsehen beaufsichtigt und reguliert sowie für die Vergabe von Frequenzen zuständig ist. Dafür wurden die Landesmedienanstalten gegründet, von denen es 14 gibt – die in Bremen ist die kleinste unter ihnen. Jede dieser Anstalten beaufsichtigt eine gewisse Anzahl an Sendern. Wenn es Kritik gibt an den Privatsendern Sixx oder an RTL Nord, dem lokalen TV-Format für Bremen und Niedersachsen, ist dafür die Brema zuständig. Daneben hat sich die Brema, die jeder Gebührenzahler monatlich mit 33 Cent finanziert, auch die Vermittlung von Medienkompetenz auf die Fahnen geschrieben.
Und da setzt die Kritik an, die nach dem ersten Podcast vor zwei Wochen in einem medienkritischen Internetportal namens uebermedien.de begonnen hatte. Der Autor stellte mit seiner Darstellung die Medienkompetenz von Cornelia Holsten infrage, die in diesem Feld auch als Dozentin tätig ist. Zudem sah er einen Interessenkonflikt: Der Podcast wurde in Berlin von der Firma „Audio Alliance“ kostenlos produziert. Die hat als Firmenadresse „RTL Deutschland“, und die primäre Aufgabe der Brema-Direktorin ist die Aufsicht über RTL Nord. Holsten stellte klar, dass sie vorher juristisch geprüft habe, ob es hier einen Interessenskonflikt gebe. Das sei ihrer Ansicht nach nicht der Fall gewesen, da „Audio Alliance“ eine Bertelsmann-Tochter sei. Bertelsmann hält wiederum 75 Prozent an der RTL-Gruppe.
Das richtige Parteibuch statt eines Jura-Studiums
Grundsätzlich hat Holsten den juristischen Hintergrund für ihr Amt. Erst 2019 wurde sie für weitere fünf Jahre wiedergewählt – damals hieß es, dass es Mitbewerber gegeben habe, die meinten, das richtige Parteibuch statt eines Jura-Studiums reiche, um ihr diesen Posten streitig zu machen. In anderen Bundesländern sorgte die Besetzung von Direktorenposten in der Vergangenheit für entsprechende Diskussionen.
Doch neben der juristischen gibt es auch eine inhaltliche Ebene. Mag Cornelia Holsten mit dem Podcast ihr genanntes Motiv verfolgt haben, macht sie sich mit einem solchen Format in ihrem Amt automatisch angreifbar – unabhängig davon, wie gut oder schlecht sie ihre Podcast-Gesprächspartner interviewt hat. Ihr wurde vorgeworfen, dass es ihr – vor allem in ihrer Funktion – an kritischer Distanz fehlte. Den Podcast hat die Brema-Direktorin nach der Kritik, die auf sie einhagelte, nach zwei Ausgaben eingestellt. Zum einen wolle sie die Energie, die die entstandene Debatte erfordert, lieber in andere Projekte stecken. Zum anderen habe sie feststellen müssen, dass ihr Humor und ihre Art von Selbstironie nicht so verstanden wurden.
Jedem Redaktionsvolontär und Journalistenschüler wird in seiner Ausbildung beigebracht, dass er in seinen Texten mit Selbstironie sparsam umgehen sollte. Denn es wird immer Leser geben, die das nicht verstehen. Unter diesem Aspekt erscheint es von der Brema-Direktorin schon etwas naiv und blauäugig, in einem Podcast-Format Selbstironie walten zu lassen. Statt mit Ruhm wird sie nun mit einem medialen Shitstorm bekleckert.
Der Medienrat als Aufsichtsgremium der Brema wird sich auf seiner Sitzung im März dem Thema widmen. Da ist dieser Fall auch gut aufgehoben. Grundsätzlich muss man für die Zukunft in der immer digitaleren Medienwelt die Diskussion führen, was der Chef einer Landesmedienanstalt darf und wovon er vor dem Hintergrund seines Amtes besser die Finger lassen sollte. Eine interne Debatte ist vorerst sinnvoller, als krawallartig in sozialen Medien die Abberufung der Brema-Chefin zu fordern. Die käme manchem gelegen, der lieber jemandem mit dem bevorzugten Parteibuch auf diesem Posten sehen möchte.