Wird ein neues Wohnhaus gebaut, muss eine Spielfläche für Kinder mitgeplant werden. So sieht es eine Bauvorschrift mit dem sperrigen Titel Kinderspielflächenortsgesetz vor, dessen erste Auflage aus dem Jahr 1973 stammt. Sie soll neu aufgelegt werden, eine entsprechende Anhörungsfassung liegt bereits vor. Trotz zahlreicher Modernisierungen sorgt ein Detail für Aufregung: Die vorgeschriebene Größe für die Spielflächen wird damit verringert.
Für die neue Vorschrift sind das Bauressort von Maike Schaefer und die Sozialbehörde von Anja Stahmann (beide Grüne) zuständig. Mit der Novelle soll die Gesetzgebung an moderne Anforderungen an Spielflächen angepasst werden, was vorrangig die Gestaltung und die Ausstattung betrifft. So sollen die entsprechenden Spielflächen beispielsweise künftig grundsätzlich nur den Familien zur Verfügung stehen, die auf den nahe gelegenen Grundstücken leben. Auch das sogenannte Reihenhausprivileg ist mit der Neuauflage ebenfalls abgeschafft. Das bedeutet: Bauherren von Reihenhäusern müssen künftig eine mindestens 60 Quadratmeter große Gartenfläche nachweisen, um von der Spielflächenregelung ausgenommen zu werden.
BUND kritisiert den Gesetzentwurf
Quadratmetergrößen sind auch genau das, was die Kritiker des Gesetzesentwurfs umtreibt. Konkret geht es ihnen um die Größe der Spielflächen, die pro neu gebauter Wohnung entstehen muss: Ist eine Wohnung kleiner als 40 Quadratmeter, entfällt die Spielfläche, ist sie zwischen 40 und 70 Quadratmeter groß, sollen fünf Quadratmeter pro Wohneinheit vorgeschrieben sein. Das ist weniger als noch im ursprünglichen Gesetz. Das schrieb bei Wohnungen bis maximal 40 Quadratmetern eine Spielfläche von fünf Quadratmetern vor und bei den nächstgrößeren zehn Quadratmeter. Das Bündnis lebenswerte Stadt, das neben dem BUND und der Grünen-Fraktion des Beirates Findorff Widerspruch gegen diesen Entwurf eingelegt hat, hält vor allem die Verringerung bei Wohnungen zwischen 40 und 70 Quadratmetern für ein Problem. „Diese Änderung benachteiligt Menschen mit geringem Einkommen“, sagt Bündnis-Sprecher Ulf Jacob. Das treffe vor allem Alleinerziehende, die meist in deutlich kleineren Wohnungen lebten. Das Bündnis geht von einer Halbierung der Spielflächen bei neuen Wohngebäuden aus.
Aus Sicht des Bauressorts ist die Flächenanpassung zeitgemäß. Jens Tittmann, Sprecher der Bausenatorin, verweist auf eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes, laut der sich die Wohnfläche pro Person in den vergangenen dreißig Jahren um ein Drittel erhöht hat. Demnach lebte im Jahr 1987 eine Person im Schnitt auf 34 Quadratmetern, 2015 waren es 47 Quadratmeter. Deswegen sei davon auszugehen, dass in Wohnungen, die kleiner als 40 Quadratmeter sind, meist Singles lebten und schlichtweg kein Bedarf für eine Spielfläche bestehe. „Die Quadratmeterzahl wurde an die Realität angeglichen“, sagt Tittmann. Zudem sei das Gesetz insgesamt ein echter Fortschritt, der auch von Vertretern des Kinderhilfswerkes begrüßt worden sei. Das sieht auch das Sozialressort so. „Im Gesamtpaket überwiegen die Vorteile des Gesetzes“, sagt Sprecher Bernd Schneider.