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Protestzug in Bremen 350 Teilnehmer bei Demonstration gegen Affenversuche

Am Sonnabend haben etwa 350 Demonstranten in der Bremer Innenstadt gegen Affenversuche protestiert. Redner verschiedener Organisationen bezeichneten die Experimente als grausam und unnötig.
25.09.2021, 16:18 Uhr
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350 Teilnehmer bei Demonstration gegen Affenversuche
Von Felix Wendler

So mancher Passant schaute am Sonnabend verwundert drein, als einen Tag nach der großen Klima-Demonstration schon wieder ein Protestzug durch die Bremer Innenstadt marschierte. Etwa 350 Demonstranten und Demonstrantinnen waren am Vormittag zunächst auf dem Marktplatz zusammengekommen, um gegen Affenversuche an der Universität Bremen zu protestieren. Immer wenn der Name Andreas Kreiter fiel – was sehr oft passierte – ging ein Zischen und Buhen durch die Reihen. Der Neurobiologe Kreiter forscht an der Bremer Uni seit 1998 an Makaken-Affen. Seitdem sieht er sich der Kritik zahlreicher Tierschutzorganisationen ausgesetzt, die immer wieder Proteste gegen ihn organisieren. Im November läuft die Genehmigung für Kreiters Experimente aus – ein Antrag auf Verlängerung liegt der Gesundheitsbehörde von Senatorin Claudia Bernhard (Linke) vor. 

Der Bremer Tierschutzverein und andere Organisationen verlangen ein Verbot der Versuche. Um Druck auf Bernhard auszuüben, haben Kreiters Gegner am Sonnabend mobil gemacht. Unterstützung bekamen sie dabei auch von außerhalb. Einen Tag vor der Bundestagswahl hatte Frank Meuser sich aus Berlin auf den Weg gemacht, um auf der Bremer Bühne zu sprechen. Meuser, heute Geschäftsführer des Deutschen Tierschutzbundes, war Ende der 1990er-Jahre selbst Student an der Bremer Uni. Eigentlich, sagte Meuser, blicke er gerne auf diese Zeit zurück. "Aber wenn man in Tierschutz-Kreisen davon erzählt, kriegt man immer direkt zu hören: 'Das sind doch die mit dem Kreiter'." Meuser bezeichnete die Affenversuche als "Schandfleck für die Universität Bremen". 

In ihren Reden brachten die Tierschützer drei zentrale Vorwürfe vor: Die Versuche seien grausam, unnötig und illegal. Brigitte Wohner-Mäurer, Vorstandsvorsitzende des Bremer Tierschutzvereins, sagte, die Affen würden durch Wasserentzug gefügig gemacht und nach wochenlangen Versuchsreihen getötet. Ihre detaillierten Schilderungen trug sie in unmittelbarer Nähe zu einem "Primatenstuhl" vor, den die Tierschützer auf dem Marktplatz platziert hatten. Gurte am Kopf und an den Armlehnen – einmal in das Versuchsobjekt hineinversetzen, bitte, so die Botschaft.

Die Tierrechtsgruppe Animals' Voices Bremen zeigte Videomaterial von Affenversuchen. Es ging emotional zur Sache, und auch die eine oder andere Träne floss bei den Zuhörern. Wohner-Mäurer sagte: "Bei Menschen würden wir von Folter sprechen." Die Stimmung übertrug sich dann auch auf den Protestzug, der nach Wohner-Mäurers Rede eine Runde durch die Innenstadt drehte – zunächst etwas zurückhaltend, dann immer lauter.

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Deutlich nüchterner trat Robert Porzel auf. Porzel ist Informatiker an der Universität Bremen, in Tierschutz-Kreisen allerdings bekannter als Sprecher des Vereins Ärzte gegen Tierversuche. In den vergangenen Jahren hat der Aktivist immer wieder am Bremer Flughafen gegen Transporte von Versuchstieren protestiert. Am Sonnabend konzentrierte er sich in seiner Rede auf die Frage, ob Affenversuche notwendig seien. Für Porzel ist die Antwort klar: "Die Experimente haben keine Relevanz für den Menschen." Eine Übertragbarkeit der Ergebnisse sei nicht möglich. "Es gibt keine Affen mit Alzheimer", sagte Porzel. Was es jedoch gebe, seien in vielerlei Hinsicht bessere Alternativen. Porzel berichtete von erfolgversprechenden Versuchen an nachgezüchteten menschlichen Hirnen, die Forscher im Labor durchgeführt hätten. 

Immer wieder war zu hören, dass Deutschland beim Thema Tierversuche rückständig agiere. Tatsächlich hatte die EU-Kommission im Jahr 2018 die deutschen Regelungen als zu lax kritisiert. Im Mai dieses Jahres hat der Bundestag mit einer Änderung des Tierschutzgesetzes reagiert. Künftig soll strenger kontrolliert werden, ob ein Tierversuch gerechtfertigt ist. Über die genaue Auslegung der Formulierung wird gestritten. Wohner-Mäurer machte deutlich, dass sie die Grundlage für ein Verbot gegeben sehe. Sie forderte von Bernhard, die sich bislang differenziert zu dem Thema geäußert hat, mehr Haltung zu zeigen.

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