Der Taubendreck in der Innenstadt ist eine Plage, nicht nur für die Betreiber von Geschäften und Restaurants mit Außengastronomie – das hat man in Bremen schon lange erkannt. Kurz vor Weihnachten wurde dann – nach drei Jahren Planungs- und Bauzeit – das erste innerstädtische Taubenhotel vom Umweltressort an den Verein Bremer Taubenhaus übergeben. Seitdem thront der anthrazitfarbene Bau von der Größe einer Gartenlaube zwar auf dem obersten Parkdeck der Brill-Garage, aber man lauscht vergebens auf das gedämpfte Gurren turtelnder Taubenpaare – im Inneren herrscht Totenstille. Und gähnende Leere.
Der Innenausbau fehlt nach wie vor. Auf den 24 Quadratmetern sollen hölzerne Brut- und Nistplatzzellen für rund 100 Taubenpaare an den Wänden aus feuerverzinktem Stahlblech stehen. Bis zu 1000 Taubeneier pro Jahr sollen dann bei den brütenden Pärchen von ehrenamtlichen Helfern gegen Gipsattrappen ausgetauscht werden. So will man die Tauben-Population tierschutzgerecht senken – und damit auch die Kotmengen, welche die Tiere über die Stadt verteilen.
Doch zwei Monate nach der Übergabe hat der Schreiner gerade einmal Maß genommen und Pläne gezeichnet, berichtet Perdita Goltz, die Vorsitzende des Taubenhaus-Vereins. Beim Preis sei man sich noch nicht ganz einig, sagt sie. Vor allem aber scheint überhaupt das nötige Geld noch zu fehlen. Beim Umweltressort liege nämlich noch ein bislang nicht bearbeiteter Zuwendungsantrag, den ihr Verein gestellt habe. Erst wenn der genehmigt sei, könne der Schreiner auch loslegen mit den Holzarbeiten.
Zudem soll laut Goltz mit dem Zuwendungsantrag auch geregelt werden, dass das Umweltressort die laufenden Kosten für das Taubenhaus übernimmt – vor allem für die Fütterung der Klientel und für die Beseitigung von deren Ausscheidungen. Wenn alles im Vollbetrieb läuft, solle sich sogar ein Mini-Jobber um den täglichen Eiertausch und die wöchentliche Reinigung kümmern, hieß es bei der Übergabe im Dezember.
Doch auch das wird wohl noch dauern. Der Zuwendungsantrag sei zwar beim Umweltressort eingegangen, bestätigt Sprecherin Ramona Schlee, doch etwas Entscheidendes fehle bislang: eine Kostenkalkulation des Vereins Bremer Taubenhaus. "Wir brauchen zur Bearbeitung eine plausible Darstellung der erwarteten Kosten", erläutert Schlee. Das müsse gar nicht bis auf die zweite Stelle nach dem Komma exakt sein, aber schon aufgeschlüsselt und nachvollziehbar. "Dann machen wir alles möglich", versichert Schlee – sogar in der aktuell herrschenden haushaltslosen Zeit, denn ein entsprechender Posten sei bereits abgesichert.
Immerhin, denn Goltz bezifferte im Dezember den Bedarf Bremens auf sechs derartige Taubenhotels. Im Gespräch ist bislang – ebenfalls seit Jahren – aber nur eines: in Vegesack. Im Bremer Norden soll nach Auskunft des Umweltressorts "im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes ein Standort festgelegt werden". Dieser werde derzeit noch gesucht. Zudem wolle man "im Zuge der Innenstadtentwicklung weitere Immobilienbesitzer motivieren, Standorte für Taubenschläge bereitzustellen". Konkrete Planungen für ein weiteres Taubenhaus an einem bestimmten Standort gibt es derzeit allerdings nicht.
Völlig ausgeschlossen wird in Bremen bislang, andere Wege zur Reduzierung der Taubenpopulation zu gehen, wie sie etwa im Limburg (Hessen), Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) oder Fellbach (Baden-Württemberg) beschritten werden: etwa durch den Einsatz von Falken oder andere Bejagungsmethoden. Die Bürgerschaftsfraktion der mitregierenden Grünen trieb zuletzt eher um, wie sicher und artgerecht das Auffliegenlassen von Brieftauben bei Hochzeiten in Bremen ist. Man will unter anderem von Senat wissen, wie sichergestellt wird, "dass das Auffliegenlassen von Hochzeitstauben in Bremen nur von Anbieter*innen und Taubenzüchter*innen durchgeführt wird, die die erforderliche Genehmigung nach § 11 Tierschutzgesetz besitzen".