Bremen wächst weiter. Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung wird steigen. Das sind Grundgrößen der vor knapp einem Jahr vom Senat in Auftrag gegebenen Aktualisierung der Bevölkerungsvorausberechnung. Die Berechnungen, die das Statistische Landesamt Bremen nun vorgelegt hat, sollen fundierte Annahmen über die Bevölkerungsentwicklung und -struktur der Zukunft ermöglichen. Am Dienstag hat der Senat die Prognosedaten zur Kenntnis genommen. Für die Städte reichen sie bis ins Jahr 2037. Grund für das Bremer Wachstum sind Zuzüge aus dem In- und Ausland.
Die Fortschreibung derzeitiger Entwicklungen, so das Landesamt, bedeute den moderaten Anstieg der Bevölkerung im Land Bremen von 681 000 auf 697 000 Einwohner im Jahr 2037. Zum Stichtag 31. Dezember 2017 lebten 568 006 Menschen in Bremen, die Vorausberechnung für das Jahr (aus 2015) ging von 566 044 aus. Bremerhaven hingegen hatte weniger Einwohner als berechnet: 113 026 statt 115 206.
Beim Blick in die Zukunft setzen Statistiker voraus, dass sich sogenannte Bevölkerungstrends fortsetzen. Zugrunde gelegt sind eine mittlere Geburtenrate, eine leicht ansteigende Lebenserwartung, mittlere Zuzugsraten, eine der Prognose entsprechende – tendenziell rückläufige – Zuwanderung von Flüchtlingen und Abwanderung. Auch wenn Abweichungen vom Mittel in Varianten in Betracht gezogen werden, wird laut Landesamt vor allem eines deutlich: „Insbesondere die Höhe der Zuzüge bestimmt die Bevölkerungsentwicklung. Höhere oder niedrigere Geburtenraten wirken sich zwar direkt und deutlich auf die Geburtenzahlen und die Altersstruktur aus, jedoch langfristig eher moderat auf die Bevölkerungsentwicklung.“
Gute Rahmenbedingungen
Die Annahmen zum sogenannten generativen Verhalten, der Entwicklung der Geburtenzahlen, geht von einem leichten Rückgang aus. Im vergangenen Jahr waren in Bremen 5779 Kinder geboren worden, in Bremerhaven 1222. Derzeit seien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Geburten gut, zudem hätten sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Kinder und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert. Es sei allerdings davon auszugehen, „dass die 2016 insbesondere bei nichtdeutschen Frauen“ sehr hohen Geburtenzahlen als „Nachholeffekt von Flüchtlingen“ zu betrachten sei, „der in den kommenden Jahren wahrscheinlich abebben wird“. Mittelfristig gehe man von sechs Prozent weniger Geburten aus als in der Vorausberechnung von Ende 2015.
Dies sei ein gutes Beispiel dafür, dass die Bevölkerungsentwicklung „in der Realität nie linear“ verlaufe. „Kurz- und langfristige gesellschaftliche, ökonomische, aber auch internationale Entwicklungen beeinflussen die Bevölkerungsgröße und -struktur maßgeblich“, leiten die Statistiker ihre Vorausberechnung ein. Die Zuzüge (ohne Flüchtlinge) in die Stadt Bremen gelten als stabil, wobei der Zuzug aus dem Bundesgebiet um acht Prozent niedriger angesetzt wird als in der Prognose von 2015, Zuzüge aus dem Ausland hingegen um 22 Prozent höher.
Rückläufige Flüchtlingszahlen
Der „Zuzug Schutzsuchender“ habe seinen Höhepunkt in den Jahren 2015 und 2016 gehabt. Danach habe es einen deutlichen Rückgang gegeben. Für die kommenden Jahre weist die in die Vorausberechnung des Landesamtes übernommene Flüchtlingsprognose von Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) „tendenziell rückläufige Zahlen aus“. Im Jahr 2018 sind demnach 2544 Flüchtlinge aufgenommen worden, für das Jahr 2026 geht man beispielsweise von 1140 aus. Die Verteilung der Flüchtlinge geschieht nach dem Schlüssel 80:20. Im laufenden Jahr werden über den Familiennachzug 785 Menschen in Bremen und 144 in Bremerhaven erwartet.
Auch wenn nach wie vor Neubremer jünger sind als diejenigen, die die Stadt verlassen, wird das Durchschnittsalter der Bevölkerung weiter steigen. Das hat auch den erfreulichen Grund, dass die Lebenserwartung (bei Geburt im Land, Daten von 2017) seit den 1970er-Jahren gestiegen ist: bei Männer um rund zehn auf 77,3 Jahre, bei Frauen um etwa fünf auf 82,5 Jahre. Noch vor zehn Jahren hatte es laut Statistik deutlich mehr Sterbefälle als Geburten gegeben. Im Abschnitt „Bevölkerungs-dynamik in den Ortsteilen der Stadt Bremen“ werden zwar örtliche Bezüge zu Geburtenrate und Lebenserwartung genommen. Daraus Schlüsse zu ziehen, wäre jedoch problematisch: Schließlich gibt es pro Jahr mehr als 40 000 Umzüge innerhalb der Stadt, „die meisten davon über Ortsteilgrenzen“.
Die sogenannte kleinräumige Betrachtung der Bremer Ortsteile, die einen Ausblick bis ins Jahr 2027 erlaubt, hat ergeben, dass die Prognose aus 2015 in vier Ortsteilen zu niedrig angesetzt war: Utbremen, Steffensweg, Westend, die Altstadt und die Überseestadt haben demnach jeweils über zehn Prozent mehr Bewohnerinnen und Bewohner als vermutet worden war. Die Zahl der „potenziellen Neubauerstbezieher“ für den Zeitraum 2018 bis 2037 geht von 1000 und mehr Einzügen
in Einfamilienhäuser in Oberneuland aus: Osterholz, Oslebshausen, Huckelriede und Arsten rangieren mit 500 bis 999 Erstbeziehern auf Rang zwei. Schwerpunkt beim Erstbezug von Mehrfamilienhäusern sind demnach in der obersten Kategorie 2000 plus die Überseestadt und der Hulsberg, gefolgt von Oberneuland, Osterholz, Huckelriede, Arsten, Woltmershausen und Grohn.