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Senat plant mit zehn Millionen Euro mehr Bremer Unternehmer kritisieren höhere Gewerbesteuer

Die Bremer Unternehmensverbände haben sich mit der Handelskammer und der Handwerkskammer zusammengetan und eine gemeinsame Erklärung verfasst. Darin gehen sie gegen die geplante Steuer-Anhebung an.
20.08.2017, 15:30 Uhr
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Bremer Unternehmer kritisieren höhere Gewerbesteuer
Von Florian Schwiegershausen

Die Wirtschaft im Lande Bremen ist geschlossen gegen die vom Senat geplante Erhöhung der Gewerbesteuer. Der will im Zuge des Doppelhaushalts für 2018 und 2019 den sogenannten Hebesatz von 460 auf 470 anheben. In einer gemeinsamen Erklärung lehnen dies die Unternehmensverbände im Lande Bremen ab sowie die Handelskammer und die Handwerkskammer Bremen. Eine Erhöhung würde ihrer Meinung nach Unternehmen abschrecken, die bereits im Land Bremen aktiv sind oder in Bremen investieren wollen.

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Gleichzeitig rechnen Verbände und Kammer vor, was die bremische Wirtschaft in den zurückliegenden Jahren der Stadt Bremen an Gewerbesteuereinahmen beschert hatte. Diese seien kontinuierlich gewachsen. Allein zwischen 2010 und 2016 sind demnach die Mehreinnahmen im Stadtstaat Bremen um knapp 79 Prozent gestiegen: Während es im Jahr 2010 noch 303 Millionen Euro waren, beliefen sie sich im Jahre 2016 auf 542 Millionen Euro. „Es wäre höchst standortschädlich und politisch unverantwortlich, wenn Bremen angesichts dieser Zahlen zusätzlich die Unternehmen durch höhere Gewerbesteuerhebesätze belastet“, sagen der Präsident der Unternehmensverbände im Land Bremen, Lutz Oelsner, der Handelskammer-Präses Harald Emigholz sowie der Handwerkskammer-Präses Jan-Gerd-Kröger. Eine Gewerbesteuererhöhung, so betonen die Wirtschaftsvertreter, würde die mögliche Abwanderung von Unternehmen ins Bremer Umland beschleunigen: „Vor allem würde sich eine Erhöhung der Hebesätze auf ansiedlungswillige Unternehmen spürbar auswirken. Bremen hat gerade hier erheblichen Aufholbedarf.“

Senat hofft auf zehn Millionen Euro mehr Einnahmen

Kurz vor den Sommerferien hatten Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und Finanzsenatorin Karolin Linnert (Grüne) die Anhebung der Gewerbesteuer angekündigt. Diese solle vorübergehend sein, und zwar für die kommenden zwei Jahre sein. Pro Jahr erhofft sich der Senat dadurch Mehreinnahmen zwischen neun und zehn Millionen Euro. Das Geld solle für Bildung, mehr Sicherheit und Sauberkeit verwendet werden. Ebenso soll die Hotelbetten-Steuer, die sogenannte City-Tax künftig fünf Prozent vom Übernachtungspreis betragen. Bisher galten je nach Unterkunft feste Sätze von ein und drei Euro. Das wiederum kritisiert der Bremer Hotel- und Gaststättenverband auf das heftigste.

Wie der WESER-KURIER erfahren hat, gab es in den Sommerferien bereits ein Treffen zwischen Bürgermeister Sieling und Handelskammer-Präses Emigholz. Dabei ging es um die Gewerbesteuer. Bei dem Vier-Augen-Gespräch hatten sie allerdings wohl vereinbart, dass die Inhalte daraus nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien. Dass die gemeinsame Erklärung von Unternehmensverbänden und Kammern erst jetzt kommt hat einen Grund: In dieser Woche tagt die Bremische Bürgerschaft zum ersten Mal wieder nach ihrer Sommerpause. Und die Wirtschaftsvertreter appellieren mit ihrer Erklärung an die Bürgerschaftsabgeordneten, den Planungen des Senats nicht zuzustimmen.

Wirtschaftsvertreter: Mit Bremer Umland vergleichen statt mit Hamburg

Als Sieling und Linnert die Erhöhung des sogenannten Hebesatzes auf 470 ankündigte, zogen sie dabei den Vergleich zu Hamburg, wo der Hebesatz schon jetzt bei 470 steht. Der Hebesatz dient als Multiplikator, um auszurechnen, wie viel Gewerbesteuer ein Unternehmen zu zahlen hat. Entsprechend kritisieren die Wirtschaftsvertreter den Vergleich mit Hamburg, da Bremen in der Praxis vor allem in Konkurrenz zum Umland stehe: „Dort liegen die Hebesätze mit Werten zwischen 380 Punkten in Verden und Ganderkesee sowie 450 Punkten in Stuhr schon jetzt deutlich unter Bremer Niveau. Für die Wirtschaft ist es absolut inakzeptabel, den Abstand zu den Umland-Hebesätzen weiter zu erhöhen.“ Dies gefährde Arbeitsplätze und mittelfristig auch die Steuereinnahmen in Bremen.

Das Leistungsgefälle sehen Unternehmensverbände und Kammern zwischen Bremen und den Umlandgemeinden nicht nur bei der Gewerbesteuer sondern auch über Faktoren wie die Leistungsfähigkeit der Verwaltungen: „Bei der Bearbeitungsdauer von Bauanträgen und anderen behördlichen Leistungen, die für Unternehmen wichtig sind, hat Bremen aktuell zum Teil erhebliche Leistungsdefizite.“ In dieser ohnehin problematischen Situation dürfe laut der Wirtschaftsvertreter der Wettbewerb durch eine Gewerbesteuererhöhung nicht noch weiter verschärft werden. Statt diese zu erhöhen, solle Bremen lieber ausreichend Gewerbeflächen vorhalten, und zwar kontinuierlich mindestens 150 Hektar als Reserve, so die Forderung.

Bremerhaven lässt Gewerbesteuer unverändert

„In den vergangenen Jahren mussten 34 Betriebe abgewiesen werden, die in Bremen investieren wollten“, heißt es von den Wirtschaftsvertretern. Eine Erhöhung der Gewerbesteuer würde ihrer Meinung nach nicht nur die Abwanderung von Unternehmen ins Bremer Umland beschleunigen. Sie würde auch weitere Unternehmen davon abschrecken, sich in Bremen anzusiedeln.

Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) hatte bereits angekündigt, dass er in der Seestadt an der Gewerbesteuer nicht schrauben wolle. Als Begründung sagte sein Sprecher damals: „Auf der einen Seite stehen wir in Konkurrenz zu niedrigeren Steuersätzen im niedersächsischen Umland. Auf der anderen Seite sind wir mit den Umlandgemeinden im Gespräch, wie wir gemeinsam Gewerbeflächen entwickeln können.“ Und da könnten allzu hohe Unterschiede bei den Hebesätzen zum Problem werden.

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