Cholesterin ist lebensnotwendig – kann aber auch bei zu hohen Werten das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen. Dabei geht es vor allem um das sogenannte LDL-Cholesterin. "Für viele Menschen stellt ein leicht erhöhter Cholesterinspiegel nicht gleich ein Problem dar. Kommen aber Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck, eine koronare Herzerkrankung oder etwa ein früherer Herzinfarkt hinzu, kann das eine medikamentöse Behandlung erfordern", sagt der Leiter des Bremer Instituts für Herz- und Kreislaufforschung am Klinikum Links der Weser (LDW), Harm Wienbergen. Wann Werte normal und wann sie zu hoch sind, werde individuell anhand des Risikoprofils und des Gesundheitszustands beurteilt.
Auch junge und schlanke Menschen könnten hohe Cholesterinwerte haben, weil die genetische Veranlagung eine Rolle spiele. "Deshalb sollten auch junge Menschen ihren Cholesterinspiegel bestimmen lassen", so der Professor. Eine Möglichkeit seien die von den Krankenkassen angebotenen Gesundheitsuntersuchungen. Jeder gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren hat danach alle drei Jahre Anspruch auf eine Gesundheitsuntersuchung – Check-up 35 heißt das Programm.
"Gutes" und "schlechtes" Cholesterin
Welche Aufgabe hat Cholesterin? Warum wird von "gutem" und "schlechtem" Cholesterin gesprochen? Und: Welche Zielwerte werden für wen empfohlen – wann ist eine medikamentöse Behandlung erforderlich? Cholesterin ist laut der Deutschen Herzstiftung in Frankfurt wichtiger Baustein der Zellwände und an der Bildung von Hormonen beteiligt. Zwei Drittel stelle der Körper selbst in der Leber her, ein Drittel bekomme er über die Nahrung aus tierischen Lebensmitteln. Mithilfe eines speziellen Transportsystems gelange es über das Blut in die Zellen aller Organe und Gewebe – die Lipoproteine LDL und HDL spielen eine zentrale Rolle.
Laut der Deutschen Herzstiftung sind sie mit Schubkarren vergleichbar: LDL transportiert das Cholesterin zu den Organen, bei zu viel Ladung werde der Überschuss in das Blut abgegeben. Dadurch bestehe das Risiko, dass sich das Cholesterin an den Gefäßwänden ablagert; je mehr dieser Ablagerungen (Plaques) dort anhafteten, desto enger würden sie. Ein hoher LDL-Wert ist laut der Stiftung mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Deshalb wird LDL auch als "schlechtes" Cholesterin bezeichnet.
HDL sammelt laut der Deutschen Herzstiftung überschüssiges Cholesterin in den Zellen und im Blut ein – und transportiert es in die Leber zurück. Weil das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei einem hohen HDL-Wert geringer ist, wird HDL als „gutes“ Cholesterin bezeichnet. "Sind die LDL-Werte zu hoch und die HDL-Werte zu niedrig, lagert sich immer mehr Cholesterin in den Gefäßwänden ab", informiert die Herzstiftung auf ihrer Internetseite. Damit verdoppele sich das Risiko: Die Ablagerungen könnten die Gefäße verengen und zudem Entzündungen der Gefäßwände begünstigen.
Welche Zielwerte für wen gelten
"Die Cholesterinwerte werden immer gemeinsam mit den Risikofaktoren bewertet", sagt der Bremer Herzspezialist Wienbergen. "Deshalb gelten auch unterschiedliche Zielwerte für Risikogruppen." Sie richten sich vor allem auf das LDL-Cholesterin aus. Für gesunde Menschen ohne Risikofaktoren gelte demnach ein LDL-Wert unter 115 Milligramm pro Deziliter (mg/dl). Bei Patienten mit bekannten Gefäßverkalkungen, etwa einem Stent in den Herzkranzgefäßen, nach einem Infarkt oder Schlaganfall liege der Zielwert unter 55. Dazwischen gibt es weitere Stufen. "Eine Auswertung unseres Herzinfarktregisters hat gezeigt, dass nur ein Viertel der Patienten unter 45 Jahren, die einen Infarkt hatten, im Zielbereich waren", sagt Wienbergen.
Bei einem zu hohen LDL-Wert komme je nach Risikoprofil eine medikamentöse Therapie infrage, etwa mit Statinen. Auch über Sport und Ernährung könne eine Senkung erreicht werden, "bei zu hohen Werten reicht das in der Regel aber nicht allein aus. Die internationalen Leitlinien empfehlen bei Personen mit hohem Risiko eine sehr intensive und bei Personen mit geringem Risiko eine weniger intensive Cholesterin-Senkung", betont der Professor. Es gebe mittlerweile auch zahlreiche neue Medikamente. Ein ganz neuer und innovativer Ansatz seien Spritzen auf Basis einer mRNA-Therapie. Statt täglicher Tabletteneinnahme sei jedes halbe Jahr eine Spritze erforderlich.