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Wahlkampf-Podium im Haus der Bürgerschaft Fast einig bei Afghanistan

Bewerberinnen und Bewerber um Bundestagsmandate haben sich am Sonntag im WESER-KURIER-Talk den Fragen der Wählerinnen und Wählern gestellt.
23.08.2021, 06:30 Uhr
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Fast einig bei Afghanistan
Von Justus Randt

Was sagen Sie zur Lage in Afghanistan? Wie geht es mit der Pandemie weiter? Was wollen Sie in Berlin für Bremen bewegen? Diesen und anderen Fragen haben sich fünf Bundestagskandidatinnen und -kandidaten aus dem Wahlkreis 54 Bremen I und Doris Achelwilm (Linke), die Cindi Tuncel vertrat, im WESER-KURIER-Talk gestellt. Knapp zwei Stunden lang standen sie Michael Brandt, Mitglied der Chefredaktion, Kulturressortleiterin Iris Hetscher und dem Publikum im Haus der Bürgerschaft am Sonntag Rede und Antwort.

Die Frage, was aus dem "politischen Gesamtversagen" in Afghanistan zu lernen sei, nahm den größten Raum in der Diskussion ein. Die Bundestagsabgeordnete Sarah Ryglewski (SPD) fordert, "bürokratische Hürden außer Acht zu lassen", wenn es darum geht, Deutsche und ihre Helfer zu evakuieren. "Und man hätte den Menschen vor Ort viel früher Verantwortung übertragen müssen."

Thomas Röwekamp (CDU) ist der Ansicht, in der kommenden Legislaturperiode müsse die Frage beantwortet werden, was eine Friedensmission sei, und es müsse  "noch mal sehr genau über Deutschlands Rolle in der Welt geredet" werden. In der aktuellen Frage räumt Röwekamp ein: "Man hätte sich erst um die Ortskräfte kümmern müssen."

Bundestagsabgeordnete Doris Achelwilm (Linke) wiederum betont, die Opposition habe gewarnt. "Aus unserer Sicht war das keine Friedensmission." Dass die Taliban "im Handstreich" vorgerückt seien, belege, dass keine nachhaltigen Strukturen geschaffen worden seien. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), ebenfalls Bundestagsabgeordnete: "Wir müssen jetzt helfen, den Aufenthaltsstatus sichern, auch für hier Lebende. Die Bundesregierung hat bei der Evakuierung der Ortskräfte und der Botschaft komplett versagt. Mir bricht das Herz!"

Auch Volker Redder (FDP) sieht die "politische, moralische und menschliche" Verpflichtung zum Handeln. Als Einziger sieht Olaf Kappelt (AfD) das anders. Er warnt vor der "Einwanderung in unsere Sozialsysteme", weist darauf hin, dass es "genug Anrainerstaaten in der Region" gebe, die Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen könnten und erfährt eine prompte Reaktion. Das sei "widerlich", sagt Sarah Ryglewski und antwortet auf die Frage aus dem Publikum, warum so wenige Menschen nach Deutschland mitgenommen worden seien, man habe zunächst "Kräfte stabilisieren" müssen. Wie Kappert-Gonther und Röwekamp fordert auch sie eine Aufarbeitung der Geschehnisse in einer Enquetekommission oder einem Untersuchungsausschuss.

Beim Thema Corona ist für Volker Redder klar: "Das Virus wird mutieren und nicht einfach weggehen. Das Masketragen zum Schutz anderer, wie in Hongkong, wird sich auch hier durchsetzen." Sarah Ryglewski glaubt nicht an einen weiteren Lockdown: "Wir haben gelernt, mit dem Virus umzugehen. Impfen ist der Schlüssel. Wer das Angebot nicht annimmt, muss Tests selbst zahlen." Dem schließt sich Thomas Röwekamp an. Olaf Kappelt hat "als Vater von acht Kindern" große Bedenken dagegen, Kinder zu impfen. Nebenwirkungen müssten ausgeschlossen sein. Es sei "mehr als fahrlässig", das Impfen zu diskreditieren, entgegnet die Ärztin Kirsten Kappert-Gonther und deutet auf ein anderes Problem: "Es war ein Fehler, die Gesundheitsämter kaputtzusparen." Doris Achelwilm setzt sich unter anderem dafür ein, dass Corona-Tests kostenlos bleiben.

Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff will als Zuhörer wissen: "Sie möchten nach Berlin, was wollen Sie dort für Bremen bewegen?" Nicht einfach, das kurz zu beantworten. "Klimaschutz ist Gesundheitsschutz", Bremen sei als urbaner Raum und Bremerhaven der Küstennähe wegen besonders gefährdet, sagt Kirsten Kappert-Gonther.

Thomas Röwekamp ist für einen "nationalen Bildungspakt", genau wie Volker Redder, der die Mehrwertsteuer zugunsten der Bildung senken will. Sarah Ryglewski hält Steuersenkungen nicht für realistisch. "Die Bremerinnen und Bremer sollen selbst entscheiden, was vor Ort passiert, auch in Sachen Bildung. Olaf Kappelt will "mehr für Einheimische" tun und denkt dabei an "bezahlbaren Wohnraum".

Die abschließende Frage, wer mit wem am liebsten oder keinesfalls koalieren würde, verursacht einiges Drucksen, bringt aber nichts Überraschendes zutage.  Für Kappelt wären Linke und Grüne Horrorpartner. Ryglewski kann sich die  Zusammenarbeit "grundsätzlich mit allen demokratischen Parteien" vorstellen, Redder und Röwekamp wünschen sich Schwarz-Gelb, Kappert-Gonther sieht "die größten Überschneidungen mit der SPD und den Linken", und Achelwilm hält Rot-Grün-Rot oder Rot-Rot-Grün für die richtige Wahl auf dem Weg zur sozial-ökologischen Wende.

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