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Seit Sonntag überall zu sehen Plakatwerbung für Bundestagswahl: Was in Bremen erlaubt ist

Rund 2000 Plakate für die Bundestagswahl verteilt jede der großen Parteien in diesen Tagen im Stadtgebiet. Überall hängen darf die Wahlwerbung aber nicht. Was in Bremen erlaubt ist und was nicht.
02.08.2021, 19:24 Uhr
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Plakatwerbung für Bundestagswahl: Was in Bremen erlaubt ist
Von Nina Willborn

"Große Ohren können gut zuhören", "Wir retten Bienen – Bienen retten uns", "Digitalisierung rauf, Bürokratie runter": Seit Sonntag sind sie überall in Bremen wieder zu sehen, die Slogans und Konterfeis der Kandidaten, mit denen die Parteien um die Gunst der Wähler für die Bundestagswahl am 26. September buhlen. Was bei der Wahlwerbung per Plakat erlaubt ist und wie sie organisiert wird:

Sind die Regeln überall in Deutschland gleich?

Nein. Grundsätzlich ist Wahlwerbung nicht gesetzlich geregelt, sie wird aber geschützt durch den Artikel 5 des Grundgesetzes, Absätze 1 und 3 (Presse- und Kunstfreiheit) und Artikel 21 (Parteienprivileg). Die Parteien sind für die Inhalte ihrer Wahlwerbung selbst verantwortlich.

Für die Genehmigung sind die Gemeinden zuständig – so erlaubt sie Bremen acht Wochen vor einer Bundes-, Europa- und Landeswahl die Plakatierung. In Bremerhaven darf ab dem 14. August plakatiert werden. In anderen Städten, zum Beispiel in Hannover, hängen die Plakate schon seit Mitte Juli.

Auch für das Entfernen der Plakate nach einer Wahl gibt es zeitliche Fristen: In Bremen muss die Werbung nach Angaben von Friedrich Arndt aus dem Ordnungsamt eine Woche nach der Bundestagswahl wieder verschwunden sein. "Insgesamt funktioniert das ganz gut", sagt er, "es kommt aber immer wieder vor, dass Plakate nicht rechtzeitig entfernt werden." Ob dann Bußgelder verhängt werden, sei eine Ermessenssache – ist aber in der Vergangenheit schon vorgekommen.

Müssen die Parteien die Plätze reservieren?

Für die kleineren Plakate im Format DIN-A-1 oder DIN-A-0, die zum Beispiel an Laternenpfählen befestigt werden, gilt das Windhundprinzip. Besonders schnell beim Aufhängen ist dem Vernehmen nach traditionell die SPD, und zwar sogar schneller als eigentlich erlaubt.

Das hat am frühen Sonntagmorgen unter anderem der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Claas Rohmeyer festgestellt, der kurz nach dem offiziellen Plakatierungsstart um 0.01 Uhr in Osterholz unterwegs war und dort schon eine Reihe der roten Plakate vorfand. "Sozen und Grüne scheren sich nicht um Auflagen des Ordnungsamtes", twitterte er leicht verärgert. Auch Linken-Landesgeschäftsführer Andreas Hein-Foge hält das für ein Ärgernis. "Es ist immer dasselbe, einige legen schon vier bis fünf Stunden vor der erlaubten Zeit los", sagt er.

SPD-Geschäftsführer Roland Pahl kann nicht ausschließen, dass einige der ehrenamtlichen Plakat-Beauftragten etwas verfrüht zu Werke gegangen sind. "Bei uns übernehmen die Ortsvereine die Organisation", sagt er. Jonas Kassow, Geschäftsführer der Grünen, verweist darauf, dass es sich bei den schon vor Sonntag geklebten Plakaten um die Ankündigung eines Wahlkampfauftritts von Spitzenkandidatin Annalena Baerbock handelte. "Das fällt nicht unter Wahlwerbung, wir haben für diese Plakate eine Einzelgenehmigung", sagt er.

Das Ordnungsamt vergibt die Genehmigungen für die kleineren Formate im Paket. Für die Großflächen müssen die Parteien laut Arndt die gewünschten Standorte anmelden. Wenn Ordnungsamt, Polizei und Stadtgrün keine Einwände aus Sicherheits- oder Umweltschutzgründen erheben, können diese sogenannten "Wesselmänner" (benannt nach der Bochumer Aufstellerfirma Wesselmann) installiert werden.

Wo dürfen Plakate aufgehängt werden?

"Die Verkehrssicherheit und die Barrierefreiheit dürfen durch die Plakate nicht beeinträchtigt werden", sagt Arndt, "und auch die Grünpflege muss weiterhin möglich sein." Bedeutet für die Wahlplakate: Bäume sind tabu, damit keine Schäden entstehen, ebenso Straßenschilder. Außerdem dürfen die Schilder nicht in Radwege hineinragen, sie müssen mindestens 2,20 Meter hoch und 60 Zentimeter vom Fahrbahnrand entfernt hängen. Arndt: "Der Ordnungsdienst achtet bei seinen Touren mit darauf, dass die Vorgaben eingehalten werden und entfernt es im Notfall." Die Beschwerden, die das Ordnungsamt über falsch oder störend installierte Werbung erreicht, sind laut Arndt aber Einzelfälle.

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Nicht plakatiert wird im Kern der Innenstadt rund um Rathaus und Liebfrauenkirche, darauf haben sich vor einigen Jahren alle Seiten verständigt. Auch rund um den Vegesacker Marktplatz ist "Wahlplakate-Sperrgebiet".

Wie viel Geld geben die Parteien für Plakatwerbung aus?

Die CDU plant nach Angaben von Landesgeschäftsführer Tobias Hentze mit einem Werbebudget von rund 100.000 Euro, 20 Prozent mehr als für die Bundestagswahl 2017. "Der Großteil unserer 2000 Plakate soll in den nächsten vier bis fünf Tagen hängen", sagt Hentze. Wie bei allen anderen Parteien auch werden die Werbeschilder von Ehrenamtlichen, also vor allem Mitgliedern, aufgehängt. Die Grünen planen laut Kassow mit rund 75 Großflächen-Aufstellern und knapp 2000 kleineren Formaten. Ihr Budget liegt bei rund 20.000 Euro, dazu kommen Zuschüsse von der Bundespartei. Auch bei den Linken teilen sich Landes- und Bundespartei die Kosten für Plakate und das Aufstellen. Laut Hein-Foge liegt der Bremer Anteil bei rund 19.000 Euro für 40 Großformate und rund 2000 Laternen-Schilder und Aufsteller. Als einzige Partei gibt die SPD an, für den Innenstadtbereich ein bis zwei Aushilfskräfte angeheuert zu haben, die sich um den Austausch beschädigter Wahlwerbung kümmern. SPD und FDP machen keine Angaben zu den Budgets. Beide planen mit 2000 Plakaten plus Großtafeln. Die AfD hat noch nicht mit der Plakatierung begonnen.

Wie wichtig ist Wahlwerbung mit Plakaten?

"Die Wahlforschung zeigt, dass Plakate kein messbares Ergebnis bei der Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger bringen", sagt Kassow. "Das Signal ist dabei eher, dass eine Wahl stattfindet." Ähnlich sieht es Hein-Foge. Plakatwerbung ist für ihn nur eine Maßnahme unter vielen. "Man kann damit vor allem das eigene Wählerpotenzial bestärken", sagt er. Ob es aus ökologischen Gesichtspunkten noch sinnvoll sei, Laternen und Masten zu bepflastern, hält er für überlegenswert.

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