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Das Weser-Strand-Porträt Seit 25 Jahren Retter in der Not

Torsten Klusmann hilft seit 25 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr. In Seehausen hat er die Jugendwehr etabliert und packt an allen Ecken und Enden an.
23.05.2021, 07:00 Uhr
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Seit 25 Jahren Retter in der Not
Von Maurice Arndt

Für seine Mitmenschen und Kollegen war Torsten Klusmann schon immer die letzte Rettung – diesen Schluss lässt zumindest der Blick auf seine Hobbys zu. Der Familienvater ist ehemaliger Fußballtorwart und seit über 25 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr in Seehausen aktiv. Dort leitet er die Jugendfeuerwehr und auch sonst dreht sich in seinem Leben viel um die Wehr.

So richtig dabei sein durfte er erst mit 18 Jahren. Eine Jugendfeuerwehr gab es bei der Wache, die vom Stahlwerk nur einen Sprung über die Weser entfernt ist, zu der Zeit noch nicht. Stattdessen gab es eine mittlerweile abgeschaffte Obergrenze für Feuerwehrleute: 25 Männer und Frauen durften es maximal sein. "Aktives Mitglied konnte man nur werden, wenn ein anderes Mitglied ausschied", sagt Klusmann. Am 1. Mai 1996 war es bei Torsten Klusmann dann soweit. 

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Sein erster Einsatz ließ nicht lange auf sich warten. Noch im Monat seines Wehreintritts wurden die Feuerwehrleute aus Seehausen wegen eines Wohnungsbrandes alarmiert. Eine spannende Erfahrung für Klusmann, auch wenn er kaum helfen konnte. Ohne Erfahrung beschränkten sich seine Aufgaben auf Hilfsarbeiten: Straße absperren, Schläuche aus dem Löschfahrzeug holen. Er sagt: "Das ist auch wichtig." Zudem konnte er den Kollegen bei den Löscharbeiten über die Schulter schauen. 

Aus seinem Freundeskreis trat Klusmann als einziger in die Feuerwehr ein. Dass er dort das jüngste Mitglied war, machte dem heute 43-Jährigen nichts aus – sein Weg zu den Brandbekämpfern schien ohnehin vorgezeichnet: Schon Fred-Hermann, Vater von Torsten Klusmann, war für die Freiwillige Feuerwehr in Seehausen aktiv. Als Wehrführer hatte er den neugierigen Sohn Torsten immer wieder mitgenommen. "Ich war bei Versammlungen dabei oder habe für Übungen und Wettkämpfe 'Leiche' gespielt", erinnert er sich.

Nicht nur der familiäre Bezug führte ihn dazu, der Feuerwehr beizutreten – auch die Wehrpflicht. Zum Bund wollte Klusmann nicht. Also entschied er sich für den Wehrersatzdienst. Er sagt aber: "Es war von vornherein klar, dass ich länger bleiben werde als für die Dauer des Ersatzdienstes." Mittlerweile ist die Freiwillige Feuerwehr in Seehausen ohne Klusmann kaum noch vorstellbar. An allen Ecken und Enden packt er mit an: als Mitglied der Ersthelfergruppe der kleinen Feuerwache, als Träger des Atemschutzgeräts im Einsatz, als Gerätewart oder als Leiter der Jugendfeuerwehr.

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Die Förderung des Nachwuchses ist ihm besonders wichtig. Er selbst wäre ja gerne schon in jungen Jahren der Feuerwehr beigetreten, aber das war ja nicht möglich. Im Jahr 2013 brachte Klusmann dann eben selbst eine Jugend-Truppe an den Start. Oft hätten Mitglieder in den Jahren zuvor danach gefragt. Für die Leitung wurde, na klar, Klusmann auserkoren. Warum? Das weiß sein Sohn Phil. "Papa kann einfach gut mit jungen Menschen umgehen." Das habe der Papa bereits als Fußballtrainer beim TSV Hasenbüren unter Beweis gestellt. Seine Arbeit bei dem Fußballverein, bei dem er auch jahrelang das Tor hütete, gab er zugunsten seiner Arbeit bei der Feuerwehr auf.

Anders als beim Fußball betreut Klusmann bei der Feuerwehr Kinder und Jugendliche aus ganz verschiedenen Altersklassen. Gerade das mache ihm besonders viel Spaß, weil die jungen Feuerwehrleute sehr verschieden seien. Sie alle sollen einmal – anders als Klusmann selbst – optimal vorbereitet sein, wenn sie mit 18 Jahren in den aktiven Dienst der Feuerwehrarbeit wechseln. Das ist das Ziel von Klusmann, pardon, von der Feuerwehr Seehausen. Der Feuerwehrmann steht feuerwehrtypisch ungern alleine im Mittelpunkt. Die Kameradschaft ist ihm wichtig.

Aber eine besondere Affinität zu Feuer? Hat er nicht. Zu Wasser? Hat er auch nicht. Na klar, die Arbeit mache ihm Spaß. Wichtig sei aber: "Bei jedem Brand kommen Menschen zu Schaden. Ich will meinen Mitmenschen helfen, dass der möglichst gering ausfällt." Rund zehn Stunden in der Woche ist der deshalb für die Freiwillige Feuerwehr in Seehausen aktiv – mal mehr, mal weniger. Bei der Feuerwehr ist schließlich nicht alles planbar. Auch nicht im verschlafenen Seehausen.

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"Seehausen mag klein sein, aber langweilig ist die Feuerwehrarbeit hier trotzdem nicht", sagt Klusmann. Zu fünf bis zehn Einsätzen im Jahr wird die Mannschaft gerufen. Hinzu kommen bis zu 40 Ersthelfereinsätze, die neben den Seehausenern in Bremen nur die Feuerwehr in der Vahr fährt.

Dabei wäre es dem Feuerwehrmann gelegentlich lieber, weniger Einsätze zu fahren. Nicht weil, ihm die Arbeit zu stressig ist. Als Bäcker ist er Stress und ungewöhnliche Arbeitszeiten gewohnt. Doch die Einsätze könnten einem leicht nahegehen, sagt er. "In einem kleinen Ortsteil wie Seehausen kennt jeder irgendwie jeden. Viele, die bei einem Einsatz zu Schaden oder umkommen, kennt man."

Das seien Momente, die sich einbrennen würden. Eine Gasexplosion in der Neustadt im Jahr 2001 etwa. Verstorbene Menschen aus einem Gebäude zu tragen sei nie eine leichte Sache. Und erst recht schwierig, wenn diese Menschen auch noch Bekannte gewesen seien. Bisher, sagt Klusmann, habe er mit derartigen Situationen immer umgehen können. "Ich merke für mich: Solange ich drüber reden kann, geht es mir gut."

An einen Abschied von der Feuerwehr habe er noch nie gedacht. Zumal es neben schweren Augenblicken auch viele schöne Momente gebe, etwa, wenn sich Menschen für den Einsatz bedanken. Aber auch Wettkämpfe mit den Kameraden oder gemeinsame Zeltlager gehörten dazu. Da sind dann auch die Söhne Phil und Felix dabei. Die Feuerwehr ist bei den Klusmanns eben Familiensache. "Am Küchentisch ist die Feuerwehr aber nicht immer Thema", meint Sohn Felix. "Aber ganz ohne Feuerwehr geht es auch da nicht."

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