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Streit der Finanzpolitiker Gerät Bremens Haushalt aus den Fugen?

Als einziges Bundesland ist Bremen vom Stabilitätsrat vor einer drohenden Haushaltsnotlage gewarnt worden. Die Finanzpolitiker der Bürgerschaft haben am Donnerstag darüber gestritten, was daraus folgen muss.
05.01.2023, 18:29 Uhr
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Gerät Bremens Haushalt aus den Fugen?
Von Jürgen Theiner

Wie ernst steht es um die Finanzen des kleinsten Bundeslandes? Aus Sicht der CDU besteht Anlass für diese Frage, nachdem der Stabilitätsrat Bremen kurz vor Weihnachten als einzigem der 16 Bundesländer eine drohende Haushaltsnotlage attestiert hatte. Am Donnerstag prallten im Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft (Hafa) die unterschiedlichen Ansichten von rot-grün-roter Koalition und Opposition aufeinander.

Der Stabilitätsrat ist ein Bund-Länder-Gremium, das über die Solidität der öffentlichen Haushalte wacht. Selbst einschreiten kann er nicht. Das Stabilitätsratsgesetz nennt allerdings vier Kriterien für eine Haushaltsnotlage. Sind drei davon erfüllt, spricht das Gremium eine Warnung aus. Das ist bei Bremen aktuell der Fall. Für die Opposition sind die schlechten Kennzahlen ein Alarmzeichen. Die Koalition sah das im Hafa anders. Der besonders transparente Umgang mit den krisenbedingten Corona-Schulden habe paradoxerweise dazu geführt, dass Bremen ins Visier des Stabilitätsrates gerückt ist.

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Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne):

In den Corona-Jahren hatten alle Bundesländer Sondertöpfe eingerichtet, um krisenbedingte Ausgaben finanzieren zu können. Diese Töpfe nahmen allerdings unterschiedliche Formen an. Nach Strehls Darstellung richteten mehrere Länder sogenannte Sondervermögen neben dem eigentlichen Haushalt ein, aus denen sich die jeweiligen Regierungen dann bedienen konnten. Dagegen arbeitete Bremen seinen 1,2 Milliarden Euro umfassenden Corona-Fonds direkt in den Haushalt ein, sodass die Bürgerschaft jederzeit Kontrolle über die Ausgaben hatte. Das sei dem kleinsten Bundesland gewissermaßen zum Verhängnis geworden, so Strehl, denn diese transparente Schuldendarstellung im Haushalt schlage unmittelbar bei den Kennziffern zu Buche, auf die der Stabilitätsrat achtet. Dem Senat daraus einen Strick zu drehen, ist aus Strehls Sicht nicht fair. Der Finanzsenator kündigte an, dem Bund-Länder-Gremium im Herbst ein Konsolidierungskonzept vorzulegen. Zu diesem Zweck werde er die einzelnen Senatsressorts in Kürze auffordern, ihm Einsparungsvorschläge zu melden. Sie sollen in das Konzept einfließen.

Jens Eckhoff (CDU):

Anders als Strehl sah der Haushälter der Christdemokraten eindeutige "Alarmsignale". Nach langen Jahren der Haushaltskonsolidierung rutsche Bremen gerade wieder in seine alte Rolle als finanzielles Sorgenkind unter den Bundesländern zurück. Die anderen Stadtstaaten und das Saarland seien inzwischen vom Radar des Stabilitätsrates verschwunden, während Bremen dort verbleibe. Eckhoffs Fraktionskollege Thomas vom Bruch bezweifelte zudem den Sinn von Strehls angekündigtem Brief an die Senatsressorts. Deren Einsparmöglichkeiten seien erschöpft. Manche Risiken wie der hohe Zuschussbedarf der städtischen Krankenhäuser und der starke Zustrom an Flüchtlingen habe Strehl noch gar nicht eingepreist. Er wisse schon jetzt, dass bei seinen Sparappellen nichts herauskommen werde. Vom Bruch: "Sie wollen nur über den Wahltermin kommen."

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Klaus-Rainer Rupp (Linke):

Der Finanzpolitiker der Linken hielt der CDU vor, selbst keine geeigneten Vorschläge beizusteuern. Die Schulden, die Bremen gerade mache, seien kein Selbstzweck, sondern konkrete Folge mehrerer sich überlappender Krisen. Diese machten ihm mehr Sorgen als die Schulden, die Bremen deswegen aufnehmen müsse, sagte Rupp.

Arno Gottschalk (SPD):

Auch der finanzpolitische Sprecher der Sozialdemokraten sah keinen Grund, in Panik zu verfallen. Er machte darauf aufmerksam, dass die CDU die 1,2 Milliarden Euro neuer Schulden zur Bewältigung der Corona-Krise im Parlament mitgetragen habe. Auch in naher Zukunft werde die öffentliche Hand nicht umhinkommen, neue Schulden aufzunehmen, um die großen Herausforderungen der Gegenwart zu meistern – Stichwort Klimawandel.

Björn Fecker (Grüne):

"Wir nehmen die Aussagen des Stabilitätsrates sehr ernst, werden unsere Aufgaben aber seriös und sachlich abarbeiten", kündigte der Fraktionschef der Grünen an. Er lobte ausdrücklich die Art und Weise, wie Bremen haushaltstechnisch mit seinen Corona-Schulden umgegangen ist. Andere Bundesländer seien für ihre wenig transparenten Sondervermögen teilweise von den jeweiligen Landesverfassungsgerichten gerügt worden.

Thore Schäck (FDP):

Für die Liberalen sagte ihr Landesvorsitzender Thore Schäck weitere Konflikte Bremens mit dem Stabilitätsrat voraus. Zu den bereits aufgehäuften Schulden kämen bald die Kredite, die das rot-grün-rote Bündnis für Investitionen in den Klimaschutz aufnehmen will. Die zusätzlichen Zinsen, so Schäck, würden den finanziellen Gestaltungsspielraum Bremens in den kommenden Jahren weiter einschränken.

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