So viel Streit es um den Zustand und die Zuständigkeiten der Innenstadt gibt, so einig ist sich Bremens Politik bei einem anderen Thema, das im Moment viele Gemüter bewegt: dem Freimarkt. Zumindest im Prinzip. Geben soll es die 985. Auflage, das wünschen sich eigentlich alle. Nur wie sie dann aussehen soll, das kann im Moment noch niemand sagen.
„Der Freimarkt ist nur in den Weltkriegsjahren ausgefallen. Selbst 1945 gab es einen“, sagte CDU-Landeschef Carsten Meyer-Heder. „Wir können doch genauso mutig sein wie die Bremer 1945 und mit aller Kraft darum kämpfen, den Freimarkt stattfinden zu lassen.“ Die Fraktion fordert, der Senat müsse die vom Bund gelassenen Spielräume bei den Bestimmungen zu Großveranstaltungen nutzen und bis Mitte August nach Beratung mit allen Beteiligten ein Konzept vorlegen.
Dieses soll Abstände und Hygieneschutz und alle möglichen anderen Fragen von der Wegeführung auf der Bürgerweide bis zur An- und Abreise der Besucher berücksichtigen. Der Antrag, mit dem die CDU das durchsetzen wollte, kam in der Bürgerschaft nicht durch. Allerdings nicht, weil Uneinigkeit in der Frage besteht, dass ein Corona-Freimarkt ein Konzept braucht, sondern weil es nun mal ein Antrag der Opposition war – und weil dieses Konzept schon auf dem Weg ist.
Schausteller müssen Prüfung der Wirtschaftlichkeit machen
Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) erklärte, ihr Haus sei längst am Werk. Schon seit Mai liefen Gespräche mit den beiden Schaustellerverbänden, ebenso unter Vorbehalt die Zulassungsverfahren für Frei- und Weihnachtsmarkt. Die Schausteller anzuhören, um ihre Einschätzung der Lage zu bitten, hält die Senatorin für eminent wichtig. „Wir als Senat können ihnen kein Konzept überstülpen. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit müssen die Schausteller machen“, sagte Vogt. Ähnlich äußerten sich Vertreter von Rot-Grün-Rot wie Volker Stahmann (SPD): „Senat und Parlament können nur den Rahmen setzen.“
Bis Mitte August schon zu entscheiden, ob es den Freimarkt geben kann oder nicht, hält die Wirtschaftssenatorin, die sich selbst als großer Fan der Traditionsveranstaltung bezeichnet, außerdem für zu früh. „Ich kämpfe dafür, dass der Freimarkt unter den aktuellen Bedingungen stattfinden kann. Und ich nehme ernst, was mir die Schausteller sagen“, erklärte Vogt. „Sie sagen, dass sie bis Mitte oder auch noch bis Ende September abwarten können.“ Auch Ingo Tebje (Linke) hatte es zuvor begrüßt, dass das Wirtschaftsressort dem Freimarkt nicht schon im April, als andere Dickschiffe der Branche wie das Oktoberfest abgesagt wurden, eine Absage erteilt hatte. „Es ist ein Vorteil, dass der Schwerpunkt des Freimarkts nicht auf den Festzelten liegt“, sagte er.
Abzuwarten hat laut Vogt weitere Vorteile. Man könne die aktuellen Entwicklungen des Pandemiegeschehens berücksichtigen und auch besser abschätzen, wie sich Jahrmarkts-Versuche in anderen Städten entwickeln. In Dortmund und Duisburg haben die Schausteller temporäre, abgezäunte Freizeitparks eröffnet. Vogt: „Sie laufen aber nicht gut, weil die Menschen Angst haben, sie zu besuchen.“ Auch in Bremen besteht natürlich dieses Risiko. Und selbst wenn Freimarkt und Weihnachtsmarkt in welcher Größe auch immer öffnen, gleicht das laut Vogt die Ausfälle der Schausteller nur in Teilen aus.
„Zusammen mit der Veranstaltungsbranche haben sie es am schwersten“, sagte die Linken-Politikerin. Über die Wirtschaftsminister-Konferenz wolle sie versuchen, Erleichterungen zu schaffen. Ähnlich weit wie Bremen mit dem Freimarkt ist laut der Senatorin auch Hamburg mit seinem Winter-Dom, der Anfang November die Saison beschließt. Auch dort arbeiteten Politik und Marktleute an Lösungen. Wenn es sie für Bremen gibt, „erwarte ich die politische Unterstützung von allen Parteien“, sagte Vogt.