Nach sehr kontroverser Diskussion haben die Bremer Grünen am Montagabend mit knapper Mehrheit den Vorschlag des Landesvorstands für ein Spitzenteam bei der nächsten Wahl zur Bremischen Bürgerschaft abgelehnt. Die Parteiführung hatte beantragt, Karoline Linnert, Anja Stahmann und Maike Schaefer auf die ersten drei Plätze der Wahlliste zu setzen. Linnert ist Finanzsenatorin und zugleich Bürgermeisterin, Stahmann ist Sozialsenatorin, und Maike Schaefer führt die Fraktion der Grünen in der Bürgerschaft an.
Am selben Abend hat auch die Bremer SPD für eine Überraschung gesorgt. Sie holt Andreas Bovenschulte zurück, ihren einstigen Frontmann, und schickt ihn zunächst ins Rennen um einen der Abgeordnetensitze in der Bremischen Bürgerschaft. Bovenschulte, zurzeit noch Bürgermeister von Weyhe und früher in Bremen Landesvorsitzender der SPD, ist vom Vorstand des Unterbezirks Bremen-Stadt als Kandidat für die Wahl im Frühjahr 2019 nominiert worden.
Wie bedeutsam dieser Akt ist, unterstreicht die Teilnahme von Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) bei der Präsentation des Kandidaten. Bovenschulte, 52 Jahre alt, hat Gewicht in seiner Partei. Sollte er in die Bürgerschaft kommen und die SPD es noch einmal in die Regierung schaffen, gilt er als Anwärter für hohe Ämter.
In der mit großer Spannung erwarteten Versammlung der Grünen, zu der weit mehr Mitglieder gekommen waren als normalerweise, wogten die Meinungen hin und her. Auf der einen Seite Redner, die sich vom Vorschlag des Landesvorstands überrumpelt fühlen und von einem „Hauruckverfahren“ sprachen. Sie forderten, die Entscheidung um ein paar Monate zu verschieben, wiederholt kam auch der Vorschlag, eine Urwahl durchzuführen. Verbunden war das mit dem Wunsch nach personeller und inhaltlicher Erneuerung.
Werwath räumte Fehler ein
Der andere Teil der Mitglieder warb intensiv darum, die drei Spitzenfrauen bereits jetzt zu nominieren, weil sie, wie es die Landesvorsitzende Alexandra Werwath in ihrer Ansprache sagte, für Kontinuität, Erfahrung und Erneuerung stehen. Werwath räumte ein, dass der Vorstand Fehler gemacht habe, als er seinen Vorschlag bekanntgab: „Unsere Kommunikation mit Euch war schlecht.“ Es sei in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, das Fell des Bären wäre bereits verteilt. Entscheiden würden aber natürlich die Mitglieder der Partei. Werwaths Wunsch, der am Ende zunächst nicht in Erfüllung ging: „Drei starke und erfahrene Frauen, mit denen die Bremer Grünen über ein Alleinstellungsmerkmal verfügen.“
Die beiden Hauptkontrahenten in der Kandidatenfrage bei den Grünen sind Karoline Linnert und Matthias Güldner, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Bremer Grünen. Die Finanzsenatorin nannte es in ihrer kurzen Rede "Herausforderung und Ansporn", vom Vorstand nominiert worden zu sein. Das Team mit den drei Frauen beziehe zwei langjährige Leistungsträgerinnen ein und stärke mit der dritten Person, gemeint war Maike Schaefer, das ökologische Profil der Partei.
Linnert hob heraus, dass Bremen in Zukunft mehr Geld zur Verfügung stehe, "mehr Geld für Bildung, Klimaschutz und öffentliche Gebäude". Und bessere Zeiten für das Finanzressort. "Es wäre doch blöd, das viele Geld, das jetzt kommt, den Schwarzen zu überlassen", schickte ein Parteimitglied der Senatorin hinterher.
Güldner hatte einen Änderungsantrag formuliert. Er wollte die Entscheidung bis zur Versammlung, in der sämtliche Kandidaten der Grünen auf die Listenplätze gesetzt werden, vertagen lassen. Es sollte keine Vorfestlegung geben, "wer aus dem genannten Spitzenteam auf Platz Eins die Liste anführt". Wegen der besonderen Bedeutung dieser Frage solle der Landesvorstand prüfen, ob unter den Mitgliedern eine Urabstimmung durchgeführt werden sollte, heißt es in dem Papier.
Über diesen Antrag wurde am Abend in geheimer Wahl abgestimmt, was bei den Grünen selten vorkommt. 165 Mitglieder hatten ihr Votum abgegeben. Es gab fünf Enthaltungen. Für den Antrag von Matthias Güldner stimmten 88 Mitglieder, 72 waren dagegen.
Dem Landesvorstand ist damit eine herbe Niederlage beigebracht worden. Da er sich schon wegen des Verfahrens im Vorfeld der Abstimmung viel Kritik anhören musste, sind personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen. Offen ist auch, was die Entscheidung für das Spitzenteam mit Linnert, Stahmann und Schaefer bedeutet.