Seine Freunde nennen ihn „Bovi“, ein niedlicher Name für jemanden, der zwei Meter misst. Andreas Bovenschulte war mal Landesvorsitzender der SPD, er gilt als Vordenker seiner Partei und wird nun gebraucht. Am Montagabend trat Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) vor die Presse und gab bekannt, dass Bovenschulte als Kandidat für die nächste Bürgerschaftswahl 2019 nominiert ist. Der Bürgermeister präsentierte den Bürgermeister, denn Bovenschule (52) lebt zwar noch in Bremen, er ist aber Chef der Gemeinde Weyhe. Sieling konnte ihn zum Wechsel zurück in die alten politischen Gefilde bewegen, und wer weiß, vielleicht hat er seinen eigenen Nachfolger geholt.
Er sei gut befreundet mit Bovenschulte, sagte Sieling, habe sogar eine Zeitlang mit ihm in einer Wohngemeinschaft gelebt. „Ich bin sehr froh, ihn gewonnen zu haben.“ Dazu waren offenbar intensive Gespräche nötig, wie Sieling anklingen ließ. Bovenschulte stehe für eine deutliche Verstärkung sozialdemokratischer Wirtschafts- und Strukturpolitik und für das Zusammenwirken in der Region. „Wir müssen mit unseren Nachbarn in eine Richtung gehen“, betonte der Bürgermeister. Und da sei Bovenschulte als Vorsitzender des Kommunalverbundes Bremen/Niedersachsen die richtige Person. Sieling lobte auch den Einsatz des ehemaligen SPD-Landeschefs für den Verbleib der Gewoba im öffentlichen Eigentum. Gemeinsam habe man zudem die Privatisierungsbremse auf den Weg gebracht.
Bovenschulte sagte, sein Ja zur Nominierung als Kandidat sei „keine leichte Entscheidung“ gewesen. Er arbeite gern als Weyher Bürgermeister, für das Amt sei er bis 2020/2021 gewählt. Falls er 2019 in die Bürgerschaft gewählt würde, höre er aber auf. Für Bovenschulte steht fest: Die SPD ist insgesamt in einer schwierigen Situation, im Land fehlt es an gesellschaftlichem Zusammenhalt. Sozialdemokraten müssten dieser „Desintegration“ etwas entgegensetzen. Sein Ziel sei es, dabei mitzuhelfen, dass die SPD führende politische Kraft in Bremen bleibe und wieder Regierungsverantwortung übernehme. Wie Sieling betonte auch Bovenschulte, wie wichtig regionale Perspektiven für Bremen seien. „Bremen und die Region sind gemeinsam stärker“, etwa bei der Lösung der Verkehrsproblematik.
Zwei weitere Seiteneinsteiger
Neben Bovenschulte hat der SPD-Unterbezirksvorstand Bremen-Stadt am Montagabend mit großer Mehrheit zwei weitere „Seiteneinsteiger“ nominiert. Birgitt Pfeiffer (49), seit 2007 Geschäftsführerin der Bremer Freiwilligen-Agentur, und Volker Stahmann (54), Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Bremen. Beide sind langjährige SPD-Mitglieder. Birgitt Pfeiffer koordiniere in der Agentur sehr erfolgreich Projekte für ehrenamtliches Engagement, lobte Sieling. Und die SPD sei darauf angewiesen, dass zivilgesellschaftlicher Einsatz und politisches Engagement zusammengeführt werden.
Über Volker Stahmann sagte der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Björn Tschöpe, er freue sich, „einen aktiven Gewerkschafter in unseren Reihen zu begrüßen“. Die Partei müsse wieder stärker auf deren Anliegen setzen. Auch mit der Bremer DGB-Vorsitzenden Annette Düring hatte es Gespräche gegeben, hieß es. Sie habe aber aus persönlichen Grünen auf eine mögliche Nominierung verzichtet. Der Vorstand des Unterbezirks nominiert satzungsgemäß die "Seiteneinsteiger". Aus allen Vorschlägen, von Ortsvereinen oder Arbeitsgemeinschaften, stellt dann die Mandatskommission eine Vorschlagsliste zusammen.
Bovenschulte war fast vier Jahre lang Landesvorsitzender seiner Partei. In dieser Zeit hat er sich vor allem mit zwei Themen profiliert: dem Entwurf eines Mindestlohngesetzes, es war der erste bundesweit. Und der Rückkehr von Vermögen in die öffentliche Hand, verbunden mit dem sperrigen Wort Rekommunalisierung. Dass die Müllentsorgung künftig nicht mehr privat organisiert ist, kann man getrost auch Bovenschulte zuschreiben. „Unserer Gesellschaft tut es gut, wenn nicht nur der Markt regiert, denn der ist auf dem sozialen Auge blind“, erklärte Bovenschulte im April in einem Gastkommentar für den WESER-KURIER. Öffentliche Unternehmen bildeten ein notwendiges Gegengewicht zum privaten Gewinnstreben, betonte der 52-Jährige.
Ungewöhnlich damals, dass der Gastkommentar von der Senatskanzlei vorgeschlagen wurde. Ein erstes Indiz, dass für „Bovi“ der Boden bereitet wird. Das zweite sind die Ambitionen seiner Ehefrau. Ulrike Hiller, zurzeit Bevollmächtigte der Freien Hansestadt Bremen beim Bund und für Europa, kann sich vorstellen, ins Europaparlament zu gehen, wenn es Chancen dafür gibt. Hiller gehört als Staatsrätin der Regierung an. Sollte das so bleiben, könnte Bovenschulte schlecht Senator werden oder gar Bürgermeister, beides wird ihm zugetraut. Klar ist, dass er zunächst Bürgermeister von Weyhe bleibt, auch in der Zeit des aktiven Wahlkampfs. „Ich werde zu 100 Prozent meinen Amtspflichten nachkommen“, versprach er. Jeder andere, der kandidiere, gehe ja auch erst einmal seiner bisherigen Tätigkeit nach.
(Dieser Artikel wurde um 21.34 Uhr aktualisiert.)