Bei den Bremer Grünen steuert in der Frage, wer die Partei in die Wahl zur nächsten Bremischen Bürgerschaft führen soll, alles auf eine Urabstimmung zu. „Wir haben den Auftrag der Mitgliederversammlung bekommen, die Möglichkeit einer Urwahl zu prüfen und werden das selbstverständlich tun“, erklärte am Dienstag die Grünen-Vorsitzende Alexandra Werwath. Sinnvoll eingesetzt werden könne dieses Mittel aber natürlich nur dann, wenn Alternativen zur Wahl gestellt würden, so Werwath.
Die Vorsitzende und der gesamte Vorstand der Grünen hatten sich das Prozedere anders vorgestellt. Sie wollten ein Team aus drei Frauen mit Karoline Linnert an der Spitze, das die Partei in den Wahlkampf führt. Ein entsprechender Antrag ist am Montagabend bei einer Mitgliederversammlung jedoch gescheitert. Die knappe Mehrheit sprach sich zwar für das Spitzenteam aus, wollte aber offen lassen, in welcher Reihenfolge die drei Frauen auf der Wahlliste platziert werden und ob es nicht besser wäre, sämtliche Mitglieder dazu zu befragen.
Für das Team nominiert sind bislang Karoline Linnert, Maike Schaefer und Anja Stahmann. Linnert und Stahmann sitzen in der rot-grünen Regierung, die eine als Finanzsenatorin und Bürgermeisterin, die andere als Sozialsenatorin. Schaefer ist Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bürgerschaft.
Der Fahrplan des Vorstands sah vor, schon jetzt die ersten drei Plätze auf der Wahlliste zu besetzen, um im Dezember bei einem Wahlparteitag über die restlichen Kandidaten und ihre Reihenfolge abstimmen zu lassen. Das klappt nun nicht mehr. Über die Spitzenkandidatur sollte nach Auffassung von Werwath aber auf jeden Fall vor Dezember Klarheit herrschen. „Der Druck in der Partei ist da, das haben wir am Montag gemerkt“, sagte die Vorsitzende, „alle wollen wissen, wie es weitergeht, inhaltlich und personell.“ Auch solle der Eindruck vermieden werden, die Grünen seien ein zerstrittener Haufen.
Persönliche Konsequenzen aus der Niederlage von Montag will der Vorstand nach Angaben der beiden Vorsitzenden Alexandra Werwath und Ralph Saxe nicht ziehen. Das Gremium kam mit seinem Vorschlag nicht durch, wurde aber auch wegen des gesamten Verfahrens bei der Kandidatenfindung kritisiert. Einzelne Mitglieder sprachen in der Versammlung von „Hinterzimmer-Politik“, sie seien mit dem „Hauruckverfahren“ überrumpelt worden.
Wortführer bei den Gegnern der Vorstandslinie war Matthias Güldner. Der frühere Fraktionsvorsitzende hatte den entscheidenden Änderungsantrag gestellt und bekam dafür eine Mehrheit von 88 gegen 72 Stimmen, bei fünf Enthaltungen. Wesentlicher Inhalt war, dass noch nicht festgelegt werden solle, „wer aus dem genannten Spitzenteam auf Platz Eins die Liste anführt“.
Güldner sprach sich am Dienstag klar für eine Urwahl aus, dies zu prüfen war Teil seines Änderungsantrags. „Das ist das beste Mittel gegen den Frust in der Partei und motiviert für den Wahlkampf“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete.
Zustimmung kommt auch von Maike Schaefer. „Es wird auf eine Urwahl hinauslaufen“, erklärte die Fraktionschefin. Niemand in der Mitgliederversammlung habe das Spitzenteam infrage gestellt, jetzt gehe es allein um die Reihenfolge der drei Frauen auf der Wahlliste. Schaefer: „Ich stehe für urgrüne Inhalte und kann jeden Mehrheitsbeschluss akzeptieren.“ Anfang des Jahres habe sie gegenüber dem Parteivorstand klargemacht, dass sie als Spitzenkandidatin antreten wolle, selbstverständlich aber nur dann, wenn die Mehrheit der Partei das wolle.
Sollte es zur Urwahl kommen, worauf alles hindeutet, wären es nicht drei Aspiranten für die Spitzenkandidatur, sondern zwei. Anja Stahmann hat auf Anfrage des WESER-KURIER ausgeschlossen, dass sie gegen Karoline Linnert antritt. Für die Sozialsenatorin ist Linnert die Spitzenkandidatin. Die Finanzsenatorin habe die meiste Erfahrung, von ihr verspreche sie sich die besten Wahlchancen für die Grünen. Stahmann hat damit vor einem möglichen Zweikampf zwischen Schaefer und Linnert schon Position bezogen.
Karoline Linnert findet den Vorschlag nach wie vor gut, mit drei starken Frauen in den Wahlkampf zu ziehen. „Dafür hat es ein einstimmiges Votum des Landesvorstands gegeben“, so die Finanzsenatorin. Es sei aber auch immer klar gewesen, dass sie sich noch der Abstimmung der Mitglieder stellen werde. „Ich habe große Lust darauf, die größeren Handlungsspielräume ab dem Jahr 2020 aktiv mitzugestalten und dies im Sinne einer grünen, nachhaltigen Politik zu tun“, erklärte Linnert.
(Dieser Artikel wurde um 19.31 Uhr aktualisiert.)