Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Reaktionen auf Etatentwurf des Bremer Senats Haushalt vor der "Abbruchkante"

Wenn die Schuldenbremse der Rahmen für die Haushaltspolitik bleibt, stehen Bremen ab 2024 harte Zeiten bevor. Diese Einschätzung teilen die Finanzpolitiker der Bürgerschaft. Doch damit endet die Einigkeit.
01.09.2021, 20:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Sara Sundermann Jürgen Theiner

In den kommenden beiden Jahren ist Bremen finanziell noch einigermaßen manövrierfähig. Aber was kommt danach? Diese Frage treibt die Finanzpolitiker der Bürgerschaft um, nachdem der Senat am Dienstag seinen Entwurf für den Doppelhaushalt 2022/23 vorgelegt hat. Wie berichtet, sieht das Zahlenwerk in beiden Jahren Ausgaben von jeweils gut 5 Milliarden Euro für das Land und 3,5 Milliarden Euro für die Stadt vor. Weil die Bürgerschaft voraussichtlich auch für 2022/23 wegen der Folgen der Corona-Krise eine außergewöhnliche Notsituation ausrufen wird, kann Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) in dieser Zeit Steuerausfälle mit Krediten kompensieren und zum Beispiel bestimmte Zukunftsinvestitionen aus dem ebenfalls kreditfinanzierten Bremen-Fonds bestreiten. Doch 2024 wird damit Schluss sein. Dann droht – dieses geflügelte Wort ist häufig zu hören – die "Abbruchkante".

Lesen Sie auch

Unter den Haushaltspolitikern der rot-grün-roten Koalition wird deshalb immer lauter über eine Aufweichung der Schuldenbremse nachgedacht, wie sie in der Landesverfassung festgeschrieben ist. Bisher gilt das Prinzip ausgeglichener Haushalte ohne neue Schulden. Auch in der Bundespolitik gibt es längst eine Diskussion über die Frage, ob die Schuldenbremse nicht zu starr ist und Zukunftsinvestitionen verhindert. Björn Fecker, Fraktionschef der Grünen in der Bürgerschaft, greift diese Gedanken auf. "Ohne eine Flexibilisierung der Schuldenbremse sind die immensen Folgen der Klimakrise nicht zu bewältigen. Das ist eine existenzielle Frage", ist Fecker überzeugt. Auch SPD-Haushälter Arno Gottschalk kündigt an, "dass wir uns die haushaltspolitischen Rahmenbedingungen im Blick auf Schulden und Kredite in Land und Bund genau anschauen werden".

Was die finanzpolitische Gegenwart angeht, so stellen sowohl Gottschalk als auch Fecker dem Senat ein gutes Zeugnis für den vorgelegten Haushaltsentwurf aus, der bis Jahresende die parlamentarischen Beratungen durchlaufen soll. "Keine Kürzungen, weiterhin hohe Investitionen sowie mehr Personaleinstellungen bei Bildung, Polizei und Feuerwehr. Das ist der richtige Weg, gerade auch zur Bewältigung der Pandemiefolgen. Außerdem müssen wir beim Klimaschutz dringend nachlegen", findet Gottschalk. Bei den Linken gibt es zwar grundsätzliche Zustimmung, signalisiert von ihrem Haushälter Klaus-Rainer Rupp. Doch seine Fraktionskollegin und Bildungspolitikerin Miriam Strunge ist nicht zufrieden mit den Mitteln, die im Haushaltsentwurf für Bildung vorgesehen sind. Zwar stelle die Koalition das Geld für zusätzliche Lehrerstellen angesichts wachsender Schülerzahlen bereit. „Aber wir schaffen es leider nicht, mit diesem Haushalt substanzielle qualitative Verbesserungen in der Bildung umzusetzen“, sagt Strunge. Sie fordert zehn bis 15 Millionen Euro mehr für dieses Politikfeld.

Lesen Sie auch

In der Opposition ist man sich einig: Der vom Senat vorgelegte Haushaltsentwurf setzt keine wirklichen Schwerpunkte, er ist vielmehr ein Dokument des "Weiterwurschtelns", wie es CDU-Finanzexperte Jens Eckhoff ausdrückt. Er sieht ein Missverhältnis zwischen steigenden Personalausgaben und bescheidener Investitionsquote. "Sicher sind zusätzliche Einstellungen an der ein oder anderen Stelle sinnvoll, aber der Umfang ist doch bedenklich", glaubt Eckhoff. Die neuen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die jetzt eingestellt würden, müssten schließlich 40 Jahre lang bezahlt werden. FDP-Haushälter Thore Schäck sieht das ähnlich. Wenn sich an den finanzpolitischen Rahmenbedingungen nichts ändere und Bremen ab 2024 wieder ausgeglichene Haushalte vorlegen müsse, werde sich der schon mehrere Jahre andauernde Personalaufbau in den Bremer Behörden rächen. Die Kosten für die zusätzlichen Staatsdiener seien dann kaum noch zu stemmen. Nach Ansicht von Thomas Jürgewitz (AfD) geht die bremische Haushaltspolitik in eine völlig falsche Richtung. "Statt in Zukunftstechnologien zu investieren, die Häfen wettbewerbsfest zu machen und Menschen für das Land zu gewinnen, die das Bruttosozialprodukt steigern, wird in Gender und Gleichmacherei, Klimahysterie und eine völlig aufgeblähte Sozialindustrie ,investiert'", kritisiert der Bremerhavener Abgeordnete.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)