Der Bremer Informatiker Michael Beetz gehört zu den weltweit führenden Forschern im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und Robotik. Seine jahrelangen Bemühungen, selbstlernende Systeme zu entwickeln, werden nun mit einem hochdotierten Preis des Europäischen Forschungsrates belohnt, dem "Advanced Grant". 2,5 Millionen Euro Preisgeld können Beetz und sein Team nun über einen Zeitraum von fünf Jahren ausgeben, um am hiesigen Institut für KI weiter Grundlagenforschung zu leisten.
Den Institutsleiter treibt um, dass Roboter zwar gewisse Tätigkeiten lernen können, sie aber bislang nicht verstehen, was sie da eigentlich tun. Hat eine Maschine zum Beispiel gelernt, Wasser aus einer Flasche in ein Glas zu schütten, weiß sie nicht, dass sie genau so auch flüssigen Teig in eine Pfanne gießen kann – sie muss diesen Vorgang komplett neu oder zusätzlich lernen. Menschen sind den Maschinen hier noch meilenweit voraus: Sie können erlernte Fähigkeiten oft schon im ersten Versuch erfolgreich auf neue Situationen übertragen. Das ist möglich, weil sie eine Handlung schon im Kopf planen und erproben, meistens blitzschnell und unbewusst.
Wir können uns auch vor dem geistigen Auge vorstellen, was passiert, wenn wir einen Gegenstand an bestimmten Stellen anfassen oder loslassen. Um auch KI-basierten Robotern diese Form der Planung zu ermöglichen, will Professor Beetz ein Modell entwickeln, das ihnen erlaubt, ihr Handeln und dessen Kontext zu analysieren. Dieses Modell soll ihnen darüber hinaus helfen, fehlende Informationen zur Bewältigung einer Aufgabe selbst zu beschaffen – beispielsweise die beste Art, einen Wassereimer zu greifen.
„Die Beantwortung der Frage, was unser Gehirn dazu befähigt, sehr viele verschiedene Aufgaben auf der Basis von vagen Informationen und meistens bereits beim ersten Versuch erfolgreich zu erledigen, ist eine der größten offenen wissenschaftlichen Herausforderungen“, erläutert Beetz. „In diesem Projekt wollen wir erforschen, ob die innere Vorstellung von Aktionen und deren Beobachtung mit dem ,geistigen Auge' ein wichtiger Schlüssel zu einem besseren Verständnis dieser Fähigkeit ist." Dabei kombinieren die Robotik-Forscher an der Universität neuartige Technologien, die in modernen Computerspielen eingesetzt werden, mit Methoden der KI und der Kognitionsforschung.
Beetz' Sonderforschungsbereich EASE befasst sich seit 2017 vor allem damit, wie Roboter in einer alternden Gesellschaft Menschen dabei unterstützen können, möglichst lange selbstbestimmt zu leben – etwa, indem ihnen alltägliche, aber zunehmend mühsame Aufgaben abgenommen werden. EASE wiederum ist Teil des KI-Wissenschaftsschwerpunkts "Minds, Media, Machines" (MMM). Der könnte neben dem Marum (Zentrum für Marine Umweltwissenschaften) jener zweite Exzellenz-Cluster werden, den die Universität braucht, um erneut in die Riege der deutschen Spitzen-Unis vorzustoßen.
Entsprechend begeistert äußert sich Rektorin Jutta Günther über den "Advanced Grant": „Ich freue mich sehr für Michael Beetz, für sein Team und für die Universität Bremen über diese hohe Auszeichnung.“ Damit werde der Forschung zu Künstlicher Intelligenz an Bremens Universität erneut ihre wissenschaftlich herausragende Bedeutung bescheinigt.