Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Gesundheitsminister zu Besuch in Bremen Bremer Klinikdirektor fordert: Ohne Impfschutz keine Kita

Der Bremer Klinikdirektor Hans-Iko Huppertz ist Chef des Dachverbands der Kinderärzte. Er fordert ein schärferes Impfgesetz von Gesundheitsminister Gröhe, der an einer Konferenz in Bremen teilnimmt.
21.06.2017, 00:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Bremer Klinikdirektor fordert: Ohne Impfschutz keine Kita
Von Sabine Doll

Wenn Eltern nicht zu einer Impfberatung gehen, sollen Kitas sie den Gesundheitsämtern melden – das sieht ein Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor, den der Bundestag am 1. Juni beschlossen hat und dem der Bundesrat noch zustimmen muss. Die Ämter können dann Geldstrafen von bis zu 2500 Euro verhängen.

Gröhe begründet das Gesetz mit tödlichen Masern-Ausbrüchen in Deutschland, zu denen es immer wieder kommt. „Dass noch immer Menschen an Masern sterben, kann niemanden kalt lassen. Deshalb verschärfen wir jetzt die Regelungen zum Impfschutz“, sagte der Minister. Er sprach sich ganz klar gegen eine Impfpflicht aus, wie sie Italien vor Kurzem gegen Infektionskrankheiten eingeführt hat. Gröhe nimmt an diesem Mittwoch an einer zweitägigen Gesundheitsministerkonferenz in Bremen teil, bei der das Thema auf der Tagesordnung steht.

Hans-Iko Huppertz geht der Vorstoß des Bundesgesundheitsministers nicht weit genug. Der Kinderarzt ist Direktor der Prof.-Hess-Kinderklinik in Bremen und seit Januar Generalsekretär der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), dem Dachverband der größten kinder- und jugendmedizinischen Gesellschaften in Deutschland. „Eine Verpflichtung zur Impfberatung reicht nicht aus. Wir fordern einen vollständigen Impfschutz gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission als verpflichtende Voraussetzung für den Besuch von Schulen, Kindergärten und Krippen. Können Eltern diesen Impfschutz nicht nachweisen, muss den Kindern der Zutritt zu diesen Gemeinschaftseinrichtungen verwehrt werden, bis er nachgeholt ist“, fordert Huppertz gegenüber dem WESER-KURIER.

Lesen Sie auch

Die DAKJ unterstütze die Pflicht zur Impfberatung, sie könne aber nur ein Schritt in diese Richtung sein. Zudem sei die Beratungspflicht schon seit Mitte 2015 im Präventionsgesetz verankert; lediglich die geplante Meldepflicht an die Gesundheitsämter sei deshalb eine gewisse Art Verschärfung. Huppertz: „Aber was soll das bringen, wenn keine weiteren Konsequenzen drohen und ungeimpfte oder Kinder ohne vollständigen Impfschutz in die Kitas kommen, selbst gefährdet sind und auch andere Kinder gefährden?“

Huppertz und seine Kollegen haben kein Verständnis für „Verschwörungstheorien“ von Impfgegnern, die schwere Schäden als Nebenwirkungen des Immunschutzes ins Feld führen: „Es drohen keine bleibenden Schäden nach den von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und andere Infektionskrankheiten. Wohl aber, wenn ein nicht-geimpftes Kind ein anderes Kind ansteckt, das beispielsweise wegen einer anderen Erkrankung nicht geimpft werden darf oder das noch zu jung etwa für eine Masern-Impfung ist.“

Dachverband fordert mehr Impfschutz von jungen Erwachsenen

Erst ab dem elften Lebensmonat ist die erste Masern-Impfung empfohlen, es gebe aber jüngere Kinder in Betreuungseinrichtungen. Huppertz: „Die Gesundheit dieser Kinder kann der Staat nicht Eltern überlassen, die aus welchen Gründen auch immer ihr eigenes Kind ungeimpft in die Kita schicken.“ Impfungen seien mehr als der Schutz des Einzelnen, sondern ein Schutz der Gemeinschaft. Diese Verantwortung müsse mit aller Konsequenz in einem Gesetz formuliert sein.

Der Dachverband fordert zudem, dass das Gesundheitsministerium ein Programm auflegt, das auf den Impfschutz bei jungen Erwachsenen abzielt und die Hausärzte stärker in die Pflicht nimmt: Der Masern-Ausbruch in Berlin 2015, bei dem mehr als 1300 Menschen erkrankt waren, sei vor allem von jungen Erwachsenen getragen gewesen. Viele von ihnen seien gar nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft gewesen, so Huppertz. „Hausärzte müssen Erwachsene ganz gezielt nach dem Impfschutz gegen vermeintliche Kinderkrankheiten fragen.“ Und: Die Ärztekammern müssten berufsrechtliche Schritte gegen Ärzte einleiten, die von Impfungen abraten oder Eltern bewusst auffordern, diese später als empfohlen den Kindern geben zu lassen. „Diese Ärzte haben den Boden der wissenschaftlichen Medizin verlassen“, urteilt der Bremer DAKJ-Generalsekretär.

Der Schutz von Kindern müsse in Deutschland grundsätzlich viel stärker gesetzlich verankert werden. „Deshalb lautet unsere politische Forderung, die Grundrechte von Kindern in das Grundgesetz aufzunehmen und einen Kinderschutzbeauftragten zu benennen“, so Huppertz. Dieser hätte etwa die Aufgabe, alle Gesetze daraufhin zu prüfen, ob sie für Kinder förderlich und nachhaltig seien.

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)