Knapp zwei Jahre nach der Eröffnung des neuen Klinikums Bremen-Mitte (KBM) zeigt sich, dass die erhofften Effizienzgewinne bisher nur zu einem kleinen Teil eingetreten sind. Das geht aus einem vertraulichen Zwischenbericht hervor, der dem WESER-KURIER vorliegt.
Dass sich die medizinischen und betrieblichen Arbeitsläufe im kompakten Neubau an der Bismarckstraße besser und damit kostengünstiger organisieren lassen als in der alten Pavillonstruktur, die sich über das riesige Areal an der St.-Jürgen-Straße erstreckte, war einer der Gründe für das mehr als 400 Millionen Euro teure Neubauprojekt. Der Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) kalkulierte damals mit Rationalisierungseffekten von rund 450.000 Euro pro Monat, also 5,4 Millionen Euro jährlich. Diese Einsparung sollte zudem helfen, den Kapitaldienst für den kreditfinanzierten Neubau zu leisten.
Der Umzug der Stationen und Operationssäle begann im Mai 2019. Den Anfang machten fünf Stationen mit 160 Betten, eine Tagesklinik sowie die onkologische Spezialambulanz. Bis zum Herbst des Jahres war der Großteil geschafft. Die Umzüge von Gynäkologie, Augenklinik und Urologie verzögerten sich 2020 durch Corona. Was noch aussteht, ist die Übersiedlung der Pathologie in den Neubau. Auch das angrenzende, neu gebaute Eltern-Kind-Zentrum "Professor Hess" ist inzwischen größtenteils bezogen. Sobald im Frühjahr die Gynäkologie und Geburtshilfe des Klinikums Links der Weser an das KBM verlagert sind, ist dieser Komplex ebenfalls abgeschlossen.
Manche der erhofften Verbesserungen hätten sich inzwischen eingestellt, heißt es in dem Zwischenbericht für die Gesundheitspolitiker der Bürgerschaft. Das gelte vor allem für die "nunmehr kurzen Wege, die von allen Nutzerinnen und Nutzern durchweg begrüßt werden". Auch der neue Zentral-Operationsbereich mit seinen 16 Sälen, der einen kleineren Zentral-OP und mehrere dezentrale OP-Einheiten ablöste, wird als Pluspunkt angeführt. Doch dann folgt ein Satz, der den Gesundheitspolitikern zu denken gibt: "Die Effekte aus den Zusammenlegungen und kurzen Wegen werden allerdings in unterschiedlichem Maße durch gegenläufige Effekte, sowohl temporäre als auch dauerhafte, aufgezehrt."
Zu den zeitweiligen zählt die Geno die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Sie überlagern nach wie vor den normalen Krankenhausbetrieb – sei es durch die Verschiebung planbarer Eingriffe, sei es durch die aufwendigen Schutzmaßnahmen, die ein Einschleppen des Virus verhindern sollen. Doch es gibt offenbar auch ein gewisses Einsparvolumen, das sich dauerhaft nicht wird realisieren lassen. Beispiel: der Pflegesektor. 2019 hatte der Gesetzgeber Personaluntergrenzen für diesen Bereich festgeschrieben. Dadurch sind in der Tagschicht im Intensivbereich nur noch zwei Patienten pro Pflegekraft erlaubt. Die Geno hatte die neuen Intensivstationen allerdings so geplant und letztlich auch gebaut, dass eine Intensivpflegekraft für drei Patienten zuständig ist – ein
Kranker in einem Einzelzimmer und zwei Intensivpatienten in einem Doppelzimmer, wobei beide Räume durch Fenster in einem zwischengelagerten Zimmer einsehbar sind. Diese architektonisch bedingte Arbeitsorganisation funktioniert nun nicht mehr.
Insgesamt konnte der städtische Klinikverbund am KBM bisher durch Umzugseffekte rund 800.000 Euro pro Jahr einsparen, also nur einen Bruchteil jener 5,4 Millionen Euro, die anvisiert waren. Wie viel mehr es noch wird, wagt die Geno derzeit nicht vorherzusagen. Eine "seriöse Bewertung" sei erst möglich, wenn die Corona-Pandemie beendet ist und sich die normalen Abläufe eingespielt haben. Das bedeute auch, dass zuvor einige noch genutzte Altbaubestände "vom Netz" gegangen sein müssen. Belastbare Aussagen könnten deshalb nicht vor dem Jahr 2024 getroffen werden.