Er hatte Ende August 2018 mit einer Schleuder vom Balkon seiner Wohnung in der Berliner Freiheit sieben Stahlkugeln geschossen, die einen Nachbarn im Garagenhof nur knapp verfehlten. Bestraft worden ist ein 44-jährige Bremer am Mittwoch vom Bremer Landgericht allerdings nicht wegen dieser Tat, sondern wegen schwerer Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie zwei Autofahrten ohne Führerschein. Die Kammer verurteilte ihn zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft.
Die Hauptanklage hatte auf versuchte gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen gelautet. Die aber konnte dem Angeklagten während des Prozesses nicht nachgewiesen werden. Das Gericht sah es zwar als erwiesen an, dass der Mann an dem Tag Ende August und bei einem zweiten Vorfall im Mai 2018 tatsächlich der Schütze gewesen war, unter anderem, weil bei einer Durchsuchung seiner Wohnung eine Zwille und identische Stahlkugeln wie die geschossenen gefunden worden waren.
Bei Wohnungsdurchsuchung gefährliche Waffen gefunden
Der Mann habe aber seinen Nachbarn, mit dem er befreundet ist, nicht absichtlich treffen wollen, schloss das Gericht nach Zeugenaussagen und Gutachten eines Sachverständigen, in denen der Angeklagte als alkoholabhängig und extrem unsichere Person beschrieben wurde. Der Mann selbst hatte sich während des Prozesses nicht zu seinen Motiven geäußert und es dem Gericht, wie der Vorsitzende Richter betonte, "durchaus schwierig" gemacht. "Wir bleiben ratlos zurück, weil wir nur schwer ein Bild von Ihnen bekommen haben", sagte er in Richtung des Verurteilten.
Bei der Wohnungsdurchsuchung hatte die Polizei neben den Stahlkugeln gefährliche Waffen wie eine halbautomatische Pistole samt Munition, eine Armbrust mit Laserpointer, Luftgewehre und -pistolen sowie Butterfly-Messer gefunden.
Dazu hatte der Mann mehr als 200 Knallkörper, darunter auch sogenannte Polen-Böller, 2,5 Kilogramm Nitrocellulosepulver ("Schießbaumwolle") und vier Kilogramm Schwarzpulver gehortet. "Alleine durch die Reibung hätte eine schwere Explosion ausgelöst werden können", sagte der Richter. "In einem Hochhaus hätte das fatal sein können. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie das hätte enden können."
Diskutiert, aber letztlich verworfen wurde von der Kammer die Möglichkeit, den Mann, der im Dezember aus der Justizvollzugsanstalt in die forensische Abteilung des Klinikums Bremen-Ost verlegt worden war, für die Zeit seiner Strafe dort zu lassen. Das Gericht sah allerdings keine Anhaltspunkte dafür, dass der Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit sein könnte, weil er beispielsweise einen Amoklauf plane. "Wir halten es für möglich, dass er die Waffen und den Sprengstoff aus Leidenschaft gesammelt hat", sagte der Richter. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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