Sie sind sich einig: die Mutter, ihr Ex-Mann und die minderjährigen Töchter. Die Kinder sollen mit Nachnamen so heißen wie die Mutter. Sie tragen nach der Scheidung weiterhin den früheren Familiennamen, den des Vaters. Die Mutter nahm problemlos ihren Mädchennamen wieder an, doch der Namenswechsel gestaltet sich bei den Kindern kompliziert. Nach dem Gesetz gibt es in derartigen Fällen hohe Hürden.
Die beiden Mädchen, zwölf und und sieben Jahre alt, heißen mit Nachnamen nicht so wie ihre Mutter, ihre Großeltern und der Rest der Familie, zu der sie eine enge Bindung haben. „Sie wollen so heißen wie ich. Sie wünschen sich nichts sehnlicher“, sagt Elena Henschel. Darum hat sie alle erforderlichen Unterlagen besorgt, vor allem die Einverständniserklärung des Vaters, hat sich freigenommen und ist zum Standesamt in Vegesack gegangen.
Sie musste feststellen, dass es „eine unkomplizierte und vielleicht ja sogar erstaunlich unbürokratische Abwicklung“ nicht gibt. Elena Henschel: „Binnen weniger Minuten wurden mir die Absurditäten der deutschen Gesetzgebung an den Kopf geknallt und ich musste feststellen, dass wir eben in Deutschland leben, wo alles ein wenig komplizierter und – ich muss es leider so sagen – nicht nachvollziehbar ist für den einfachen Bürger.“
Auf diese Weise drückt sich die 37-Jährige auch in einem Brief an Bürgermeister Carsten Sieling aus. Von ihm erhofft sie sich, dass er darauf einwirkt, dass das Gesetz zur Namensänderung überdacht beziehungsweise geändert wird. „Es ist absurd. Wenn die Eltern einverstanden sind, muss das doch kein Amt entscheiden.“
Heiraten wäre die eleganteste Lösung
Außerdem hat sie nicht vor, wieder zu heiraten. Das wäre die eleganteste Lösung des Problems. „Dann könnten meine Töchter problemlos, fix und für lediglich 28,40 Euro den Namen von mir oder sogar den meines neuen Mannes annehmen.“ Diese Möglichkeit empfindet die Nordbremerin als noch absurder – und diskriminierend.
Der Hintergrund: Ohne eine neue Heirat muss eine öffentlich-rechtliche Namensänderung vorgenommen werden. Das geht nicht im Standesamt, sondern bei der zuständigen Abteilung des Bürgeramtes in Hastedt – und es geht nur mit guten und handfesten Gründen, die überprüft werden müssen. Das kann dauern und teuer werden. Bei Änderung des Familiennamens liegt die Spanne zwischen 2,50 bis 1022 Euro. Im konkreten Fall gilt das also für zwei Kinder.
„Die konkrete Gebühr hängt insbesondere vom Verwaltungsaufwand und der Bedeutung der Namensänderung für den Antragsteller ab“, heißt es im Informationsblatt zum Namensänderungsgesetz. Auch wenn ein Antrag zurückgezogen oder abgelehnt wird, sind anteilig Gebühren, ein Zehntel bis fünf Zehntel, zu bezahlen.
Referatsleiterin Petra Konzok, die für die Bremer Standesämter zuständig ist, kann nicht auf den konkreten Fall eingehen. Sie kann aber ganz allgemein die rechtliche Ausgangslage beschreiben: Wurde einmal ein Familienname gewählt, dann könne der für Kinder nicht einfach so geändert werden. Was für eine Mutter möglich ist – ihren Mädchennamen problemlos wieder anzunehmen – gilt nicht automatisch für ihre Kinder. „Der Familienname ist wie Beton“, sagt Konzok. Sie spricht von Namensidentität. Bei Kindern sei nicht vorgesehen, dass sie nach einer Scheidung den Namen des Elternteils annehmen, bei dem sie sich aufhielten.
Eine Möglichkeit, also quasi eine Hintertür, hat der Gesetzgeber aber gelassen: eine erneute Heirat. Dann gibt es wieder eine Veränderung des Personenstandes: Heirat, neue Familie eventuell mit Geschwisterkindern und alle tragen denselben Familiennamen. Voraussetzung ist aber, dass der biologische Vater oder in anderen Fällen die Mutter damit einverstanden ist. „Das ist alles im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Das sind die rechtlichen Vorgaben“, sagt die Referatsleiterin.
„Mit der Beurkundung ist der Name gesetzt“
Auch bei Vornamen eines Kindes kann eine Änderung nach der Eintragung beim Standesamt nicht einfach so vorgenommen werden, weil er den Eltern nachträglich aus irgendwelchen Gründen nicht mehr gefällt. „Mit der Beurkundung ist der Name gesetzt“, zeigt Petra Konzok die engen Grenzen auf. Wie bei der Änderung des Familiennamens muss es laut der Referatsleiterin „gravierende Gründe geben“, weshalb eine öffentlich-rechtliche Namensänderung vorgenommen werden soll.
Der Gesetzgeber habe die Möglichkeit der Namensänderung in den Familiennamen nach einer Scheidung bewusst nicht aufgenommen, ergänzt Dagmar Gattow, Leiterin des Bürgeramtes. „Daher kommt nur eine öffentlich-rechtliche Namensänderung in Betracht. Diese ist aber in der Regel nur dann vorzunehmen, wenn das Jugendamt bestätigt, dass von dem aktuellen Namen eine Kindeswohlgefährdung ausgeht. Allein der Wunsch des Kindes ist hier nicht ausreichend.“
Die Leiterin des Bürgeramtes betont, dass Namensänderungen eine Ausnahme darstellten. Das Verfahren diene dazu, Unzuträglichkeiten in der Namensführung im Einzelfall zu beseitigen und damit besondere Härtefälle zu vermeiden.
Elena Henschel hat sich dennoch einen Termin im Bürgeramt in Hastedt geholt. „Ich weiß, worauf ich mich einlasse.“ Bei einer Bekannten sei es ähnlich gewesen. „Sie hat dann neu geheiratet“, erzählt die 37-Jährige. Ihr geht es aber um die Töchter: „Es ist nun mal der große Wunsch der Kinder.“