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Initiative Plastic Attack Bremer protestieren gegen Verpackungsmüll

Mit einer Umfüllaktion vor einem Supermarkt im Walle-Center haben am Samstag rund 30 Mitglieder der Bremer Initiative Plastic Attack auf zu viel Verpackungsmüll aufmerksam gemacht.
02.06.2018, 17:40 Uhr
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Bremer protestieren gegen Verpackungsmüll
Von Antje Stürmann

Milch fließt in Glasflaschen. Müsli rieselt in Einweckgläser. Der dreijährige Henri wickelt Schokobons aus und legt sie in eine Dose. Neben dem Jungen liegt ein Haufen Plastik. Kaum hatten seine Eltern und die anderen rund 30 Mitglieder der Initiative Plastic Attack Bremen bezahlt und den Supermarkt verlassen, öffneten sie Tüten und Tetrapacks, um die darin enthaltenen Lebensmittel in mitgebrachte Flaschen, Dosen, Stofftaschen und Gläser umzufüllen. Mit ihrer Aktion am Sonnabend vor einem Supermarkt im Walle-Center wollen sich die Umweltschützer gegen zu viel Verpackungsmüll wehren und auf die Verschmutzung speziell der Meere aufmerksam machen.

Drei Einkaufswagen voller Plastikfolien und Tetrapacks kamen allein an diesem Tag im Walle-Center zusammen. Victoria Hamborg, die sich an der Aktion beteiligte, machte diese Menge sprachlos.

Vorbild ist die Initiative Keynsham Plastic Re-Action

Auch in anderen Städten der Welt haben Initiatorin Sandra Jaacks zufolge Menschen auf den ihrer Meinung nach "sinnlosen Müll" aufmerksam gemacht. Vorbild ist die britische Initiative Keynsham Plastic Re-Action: "Ich habe übers Internet von deren Aktion in London erfahren und gedacht: warum nicht auch in Bremen", so Sandra Jaacks. Student Luca Markus erklärte: "Wir wollen Druck machen auf die Supermärkte." Carlotta Klaßen: "Es ist teurer in Läden einzukaufen, die darauf achten, keine Verpackung zu benutzen, als in normalen Supermärkten. Es müsste umgekehrt sein."

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Die Bremer Initiative Plastic Attack gibt es erst seit vier Wochen. Der Start verlief schleppend. "Inzwischen folgen uns auf Facebook 350 Mitglieder", sagt Jaacks, während sie Äpfel aus einer Plastiktüte nimmt und in eine Baumwolltasche legt. Auf dem Boden stehen Schalen und Gläser, gefüllt mit Schleifennudeln, grünem Spinat und Reiskörnern. Henri sitzt dazwischen. Er hat nach dem Auswickeln den ein oder anderen Schokobon in seinen Mund geschoben und schaut mit schokoladenverziertem Gesicht zu seiner Mama, die sagt, es gehe ihr um den Erhalt der Natur, um den Klimaschutz und um die Gesundheit der Menschen. "Was an Plastikmüll in den Meeren landet, das gelangt in unsere Mägen. Das macht uns krank. Ich will Henri nicht sagen müssen, ich habe nichts dagegen unternommen."

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Sandra Jaacks will ab jetzt regelmäßig aktiv werden. "Wir wollen häufiger in Supermärkten einkaufen, die Menge des Plastikmülls zeigen und den Müll dann im Supermarkt lassen", sagt die Bremerin. "Stetiger Tropfen höhlt den Stein", glaubt sie. "Ich möchte, dass immer mehr sehen, wie viel Müll sie hinterlassen und ich möchte, dass sie anfangen umzupacken." Eine Beobachterin, die ihren Namen nicht nennen will, ist skeptisch: "Ja, so viel Plastikmüll ist schlecht", sagt sie. Ihre Einkäufe umzufüllen komme für sie aber nicht infrage.

Der ganze Müll landet irgendwann im Meer

Dass Jaacks zusätzlich Gläser und sperrige Dosen nach Hause schleppen muss, stört sie nicht: "Wenn ich auf dem Markt einkaufen gehe, nehme ich auch vieles lose mit." Das sieht auch Barbara Kleibor vom Bremer Landesverband der V-Partei (Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer) so. Sie kippt Champignons aus einer Plastikschale in ein Schraubglas und schimpft: "Es muss nicht sein, dass fast alle veganen Produkte in Tetrapacks und Plastiktüten verpackt sind. Wir wollen die Betreiber der Supermärkte dazu motivieren, ihre Lieferanten dazu zu bewegen, weniger, oder besser gar keine Plastikverpackungen einzusetzen", so Kleibor. "Ich sehe nicht ein, dass ich diesen ganzen Müll mit nach Hause nehme und er irgendwann im Meer landet."

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Jan Ludwig, ebenfalls V-Partei, fügt hinzu, wovor Forscher jüngst gewarnt haben: "2050 soll im Meer mehr Plastik als Fisch schwimmen." Kleibor rät, schon beim Einkauf darauf zu achten, dass Lebensmittel nicht verpackt sind: "Vieles kann man auf dem Markt kaufen oder in einem der zwei Unverpackt-Läden in der Neustadt und im Viertel." Der dritte, sagt sie, eröffne demnächst. Weitere Möglichkeiten seien Milchtankstellen oder Bistros, die Essen in mitgebrachte Gefäße füllten. Der Leiter des E-Centers in Bremen-Walle, Rainer Ehme, weiß, dass sich auch immer mehr Marktleiter Gedanken machen: "Wir müssen an die nachfolgenden Generationen denken", begründet Ehme. Außerdem spare der Einsatz von weniger Müll Entsorgungskosten. Das Waller E-Center verkaufe aus diesen Gründen auswaschbare Mehrwegnetze, in denen die Kunden ihr Obst und Gemüse verstauen können. "Wir überlegen, ob wir Kunden, die das wünschen, an den Bedienungstheken Wurst, Käse, Fleisch, Backwaren und Fisch in ein mitgebrachtes Gefäß legen können", sagt Ehme. Dazu fehle noch die Zustimmung der Hygienebehörde.

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Unabhängig von Plastic Attack beabsichtigen Luca Markus zufolge demnächst engagierte Politikstudenten, gegen zu viel Plastikmüll zu protestieren.

Sandra Jaacks indes legt Wert darauf, dass ihre Aktionen friedlich verlaufen. Wie zur Bestätigung, tritt eine lächelnde junge Frau mit einer Kette aus Klopapierrollen über der Schulter aus dem Walle-Center.

Info

Zur Sache

Plastic Attack Bremen

Plastic Attack Bremen ist eine lose Initiative aus Menschen, die sich gegen zu viel Verpackungsmüll wehren und zum Einkauf unverpackter Lebensmittel animieren wollen. Hintergrund ist die Verschmutzung besonders der Meere mit Plastik in bereits dramatischem Ausmaß. Unter dem Motto "Wir wollen Euren Plastikmüll nicht" kaufen die Umweltschützer in Gruppen in Supermärkten ein, und füllen die gekauften Lebensmittel vor Ort in Stofftaschen, Gläser, Flaschen und Dosen um. Die Verpackungen sammeln die Protestler zunächst, um andere Kunden auf die Menge aufmerksam zu machen. Danach lassen sie Plastiktüten, Folien und Tetrapacks im Supermarkt zurück. Vorbild ist die britische Initiative "Keynsham Plastic Re-Action".

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